Dark Kiss
meinem Kopf, und ich atmete tief durch. Niemand muss verletzt werden. Ich wünschte mir wirklich, dass er sich nicht irren würde.
Eines wusste ich jedoch mit Sicherheit: Obwohl wir mitten auf dem Gang in der Schule standen, hätte ich ihn eben fast geküsst, dabei kannte ich die fatalen Folgen nur zu gut. Vielleicht würde ich jeden küssen, der eine Seele hatte und nur einen Schritt von mir entfernt stand. Ehe ich das Ganze nicht kontrollieren könnte, musste ich solche Situationen vermeiden.
Als ich die Klasse betreten wollte, bemerkte ich, dass michjemand beobachtete. Es war meine rothaarige Erzfeindin Jordan.
„Was für eine Überraschung.“ Eine Falte zierte ihre Stirn. „Du machst dich in dieser Woche an alle Freunde von anderen Mädchen ran, oder? Wer hätte gedacht, dass du so ein Miststück bist?“
Ich hob meinen Mittelfinger und warf ihr einen eisigen Blick zu. Dann schob ich mich durch die Tür.
Während der ganzen Stunde spürte ich, wie Colin mich anstarrte, während ich versuchte, meinen unkontrollierbaren Hunger in den Griff zu bekommen. So viel zum Thema Normalität.
Ich hasste Dienstage.
Den ganzen Tag lang war es beinahe unmöglich, mich auf irgendetwas zu konzentrieren, allerdings kann ich auch nicht gerade behaupten, dass ich mich besonders bei dem Versuch angestrengt hätte. Dennoch musste ich meine Noten halten, damit ich einen Platz im College meiner Wahl bekommen würde. Wenn ich daran dachte, half es ein bisschen. Über die Jahre hatte ich begonnen, diese Stadt zu hassen, und sie zu verlassen war mein größtes Ziel. Auch schon bevor ich von einem übernatürlichen Schutzwall hier gefangen gehalten wurde. Ich würde es den Profis überlassen, die Balance im Universum zu sichern.
Beim Mittagessen entschied ich mich, zum Einzelgänger zu werden, und hielt mich von meinen verlockend riechenden Mitschülern fern. Ich stopfte mir das Schinkensandwich fast in einem Stück in den Mund. Leider konnte das meinen Hunger kaum stillen, aber es gelang mir, mich zu beherrschen und halbwegs normal zu wirken. So gesehen war das ein erfolgreicher Tag.
Ich sah weder Colin noch Carly bis zum Ende des Schultages. Wahrscheinlich mied sie mich. Stumpf blickte ich auf meindunkles Handy-Display, während ich draußen auf der Treppe auf sie wartete. Meine Ledertasche presste ich an mich. Endlich verließ Carly das Schulgebäude. Als sie mich sah, kam sie auf direktem Weg auf mich zu und wirkte nicht annähernd so fröhlich wie heute Morgen. „Wir müssen reden.“
Okay. Ich hatte das ungute Gefühl, das Thema schon zu kennen. Die Labertasche Jordan hatte mitbekommen, wie ich heute Morgen nahezu über Colin hergefallen war. Hatte sie es allen erzählt? Ich würde sie umbringen. Aber zuerst musste ich mit Carly ein sehr unangenehmes Gespräch darüber führen, dass ich meine Finger von ihrem Exfreund lassen solle.
„Es ist nicht das, was du glaubst“, begann ich, während wir die Stufen hinuntergingen und genau den Weg nahmen, auf dem ich gestern Morgen Kraven gefolgt war. Trockene Blätter raschelten unter unseren Füßen. Carly blickte mich an. „Wovon redest du?“ Sie sah tatsächlich verwirrt aus, also atmete ich tief durch, bevor ich völlig unnötig irgendetwas zugab. „Okay, worüber wolltest du sprechen? Oh, warte – ich weiß. Ich habe gesagt, wir reden über Bishop und Stephen. Darum geht es, oder?“
„Du benimmst dich heute seltsam.“
Ich warf meinen Rucksack über die Schulter und bemerkte, dass ich wie eine wirr redende Wahnsinnige klang. „Ja, ich bin seltsam. Das war dir aber schon klar.“
„Ja, aber das ist sogar für dich extrem. Es ist dieser Typ, oder? Bishop. Er macht dich total verrückt.“
Das war eine interessante Wortwahl. Der Parkplatz lag vor uns, und ich konnte Carlys roten Wagen dort sehen. „Das könnte man so sagen.“
Sie zog eine dunkle Sonnenbrille aus ihrer Tasche und setzte sie auf. „Wer ist er, und wo geht er zur Schule?“
„Er … geht gerade nicht zur Schule.“
Sie hüpfte den Bordstein hinauf und setzte sich auf dieKante. Um uns herum stiegen Leute in ihre Autos und verließen den Parkplatz. Ich versuchte, mich voll und ganz auf Carly zu konzentrieren und ihre Fragen zu meinem Engel zu beantworten.
„Wie hast du ihn kennengelernt?“, löcherte sie mich weiter. „Erst letzte Nacht im Crave oder woanders?“
Gefährliches Thema. Ich spielte nervös mit meinen Haaren. „Ich habe ihn Sonntagabend nach dem Kino auf dem Heimweg getroffen.
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