Dark Kiss
dunklere Haare hat. Aber halt nicht so dunkel wie ich.“
Bishop und Kraven hatten verschiedene Haarfarben, dennoch waren sie verwandt. Das musste das Gleiche sein. Ich hätte es sofort wieder vergessen, wenn da nicht der schockierte Gesichtsausdruck meiner Mutter gewesen wäre. Sie war vollkommen sprachlos. „Also, bin ich?“ Plötzlich fühlte ich michirgendwie krank. „So etwas würdest du mir doch sagen, oder?“
Schließlich hatte sie sich wieder im Griff und glättete ihr Haar mit den Händen. „Natürlich würde ich das, Samantha. Du hättest das Recht, so etwas Wichtiges zu erfahren.“
„Na dann, okay …“
Da sie Kravens Verdacht nicht wirklich entkräftet hatte, war ich noch immer nicht beruhigt. Sie hatte gezögert, als ich sie gefragt hatte, ob ich adoptiert sei, etwas, das mir in den letzten siebzehn Jahren nicht ein einziges Mal in den Sinn gekommen war. Wahrscheinlich bildete ich mir das nur ein. Immerhin hatte ich einen ziemlich harten Tag hinter mir.
In dieser Nacht schlief ich kaum. Stattdessen blieb ich wach und starrte die gruseligen Formen an, die von den Schatten an meine Decke geworfen wurden, und malte mir das „Worst-Case-Szenario“ aus. Nicht wirklich ein Spaß um drei Uhr morgens. Mein Wecker konnte gar nicht früh genug klingeln. Als er es schließlich tat, fragte ich mich, ob ich tatsächlich in die Schule gehen sollte. Für einen Augenblick wäre ich lieber zu Hause geblieben und hätte mich versteckt, so wie Kraven es vorgeschlagen hatte. Aber genau dieser Gedanke trieb mich schließlich aus dem Bett und zur Schule. Sich zu verstecken war etwas für Leute, die darauf warteten, von anderen gerettet zu werden. So war ich nicht. Ich würde meinen Problemen entgegentreten.
Also, was ich meine, ist … Ich würde das eigentlich lieber nicht tun, trotzdem war ich bereit dazu, wenn ich es müsste. Sobald er sein Team im Griff und die Quelle der Gray gefunden hatte, würde er mir wie versprochen helfen. Ich fragte mich, ob ich ihn danach je wiedersehen würde. Nachdem er in den Himmel zurückgekehrt war und wir beide wieder unser normales Leben führten. Vielleicht würde er mich vergessen. Ich glaubte nicht, dass ich ihn je vergessen würde. Der Gedanke daran zog mir das Herz zusammen.
So lange würde ich mich darauf konzentrieren, normal zu sein. Falls ich das nicht täte, wäre nach der ganzen Sache hier zu viel Schaden wiedergutzumachen. Nachdem ich in der letzten Zeit so viel gegessen hatte, wunderte ich mich, dass die Waage sogar ein Pfund weniger anzeigte. Carly würde das gar nicht gefallen. Ich denke, sie hätte es fair gefunden, dass ich einiges an Gewicht zulegte nach den Mengen, die ich in mich hineingestopft hatte.
Oh verdammt, Carly. Ich hatte letzte Nacht vergessen, sie anzurufen, um mich zu vergewissern, dass sie heil nach Hause gekommen war, und ihr damit die zensierte Variante dessen, was mit Stephen passiert war, zu erzählen. Sie würde mich umbringen.
Ich checkte mein Handy, während ich in der Schule auf dem Linoleumboden bei unseren Schränken saß, aber es funktionierte immer noch nicht. Der Akku schien immer nur für ein paar Minuten zu halten. Also hatte ich keine Ahnung, ob sie angerufen oder getextet hatte, weil sie wütend war, dass ich sie gestern hatte stehen lassen. Obwohl ich sie ja eigentlich gar nicht wirklich hatte stehen lassen. Die Dinge waren im Moment nur irgendwie kompliziert. Sie würde das verstehen. Wahrscheinlich.
Aus dem Augenwinkel beobachtete ich schließlich, dass sie sich unseren Schränken näherte. Sie hatte ein breites Grinsen im Gesicht, was mich total überraschte, da sie nicht gerade ein Morgenmensch war.
Langsam stand ich auf. „Du siehst heute sehr glücklich aus“, bemerkte ich vorsichtig.
„Ich bin heute sehr glücklich.“
Wenn sie glücklich war, dann war ich es auch. Nicht ganz, doch ich tat mein Bestes. „Tut mir leid, dass ich dich gestern Abend nicht angerufen habe.“
Das trübte ihr Lächeln etwas. Sie warf mir einen Seitenblickzu. „Ich nehme an, du warst beschäftigt. Hattest du Spaß mit … wie war noch gleich sein Name? Bishop?“
„Klar. Spaß. Den hatte ich.“ Ich schnappte mir meine Bücher und schloss den Schrank. „Du willst wahrscheinlich alles darüber wissen … und über Stephen.“
„Wir reden später“, meinte sie. „Versprochen. Tschüss!“ Und das war’s. Sie ging zum Kunstunterricht. Dass sie nach allem, was gestern Abend geschehen war, nicht sauer auf mich war, hätte
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