Dark Love
Ohne Begleitung?«, entrüstete sich Pam.
Ich konnte mich nur mit Mühe davon abhalten, die Augen zu verdrehen, doch dann pflichtete auch Alencar ihr bei.
»Nein, Miss Dearly, ich kann Sie unmöglich alleine gehen lassen!«
»Mr. Alencar, meine liebe Pam, ich gehe einfach nur nach Hause . In einem unterirdischen Wohnkomplex voller städtischer Arbeiter. Wie gefährlich kann das schon sein? Außerdem erwartet Tante Gene mich und ich bin sowieso schon spät dran.« Auf jeden Fall zu spät für ein klassisches Duell im Abendrot.
Pam öffnete langsam den Mund. Ich sah es im Rückspiegel und zog rasch meinen Kopf zurück. Während ich mit der einen Hand auf den Knopf drückte, der die Trennscheibe wieder hochfuhr, gestikulierte ich mit dem Zeigefinger der anderen Hand in Richtung Alencar. »Einen kleinen Moment, ja?«
»Nora, ich will mir keine Sorgen um dich machen müssen. Wir können das doch einfach andersherum machen. Wir fahren jetzt zu meiner Familie und in ein paar Stunden kannst du dich wieder auf den Rückweg machen …«
Als die Trennscheibe sich vollständig gehoben hatte, atmete ich tief durch. »Pamela, du musst damit aufhören, dir ständig Sorgen um mich zu machen. Du bist nicht meine Mutter. Ich habe keine Mutter mehr und ich will auch keine.«
Sie legte ihre Hand über meine. »Nora, gerade du musst doch wissen, dass ich mir nur noch mehr Sorgen mache, wenn mir jemand sagt, dass ich mir keine machen soll.«
Ich drehte mich zu ihr und legte ihr die Arme um den Hals. Sofort umarmte sie mich auch. »Ich kann auf mich selbst aufpassen, Pam. Ich will es so. Ich will dich nicht noch länger belasten, verstehst du das nicht? Mir geht es gut, wirklich. Es ist jetzt ein Jahr und einen Tag her.«
»Nora«, wandte sie ein.
»Fahr nach Hause zu deiner Familie. Grüß deinen Vater von mir. Und wir sehen uns morgen, okay?« Sanft löste ich mich von ihr und zwang mich dazu, ihr in die Augen zu sehen.
»Okay?«
Sie zögerte noch einen Moment, doch ich wusste, dass alles in Ordnung war, als sie mich gerade lange genug losließ, um eine meiner Locken einzufangen und sanft daran zu ziehen, eine alte Angewohnheit von ihr. »Okay.«
Ich klopfte gegen die Trennscheibe und teilte Alencar mit, dass ich hier aussteigen wolle. Seine Tür öffnete sich unmittelbar nach der meinen. Die Luft war erfüllt von Rufen, schrillen Hupentönen und Piepsgeräuschen. »Und Sie sind sich sicher, dass das ein gute Idee ist, Miss?«
Ich zog meine Handschuhe an. Meine Augen brauchten einen Moment, um sich an die grellen Lichter zu gewöhnen. »Natürlich. Ich wollte mir ohnehin ein bisschen die Beine vertreten.« Ich drehte mich um und winkte mit beiden Händen, während Pamela mir nachdenklich durch die offene Tür hinterhersah. »Bis morgen, Pamma!«
»Bis morgen«, antwortete sie leise.
Bevor Alencar mich aufhalten konnte, drehte ich mich wieder um und ging los. Schnell überquerte ich die schmale Brücke, die zum Tunneleingang führte. Am Tor fuhr mir ein Polizist mit seinem Scanner über das Handgelenk. Er nickte, als der Computer meinen Bewohnerstatus bestätigte, und ich zog mir den Handschuh wieder über.
»Willkommen zu Hause, Miss Dearly.«
Das Tor öffnete sich und ich begab mich in die Elysischen Gefilde. Einige hundert Meter folgte ich einem Betontunnel, in dem sich zahllose Fahrzeuge drängten, bis ich von dort aus direkt die Hauptstraße der ersten Ebene betrat. Als der riesige LCD -Schirm in Sicht kam, der mir die künstliche Version ebenjenes dunklen Abendhimmels lieferte, den ich gerade hinter mir gelassen hatte, brauchte ich einen Moment, um mich wieder zurechtzufinden. Jede der EG -Ebenen sollte mit dem gleichen Luxus ausgestattet werden. Die Planung sah vor, dass wir uns so tief wie möglich unter die Oberfläche gruben und immer neue Ebenen eröffneten, um in der Stadt nicht nur mehr Lebensraum, sondern auch Schutzbunker für den Notfall zu errichten.
Ich lebte im Viertel Violet Hill, im westlichen Teil der Gefilde. Ich entschied mich dafür, lieber den Seitenstraßen als der Hauptstraße zu folgen, um die vielen Bauarbeiter und ihre Maschinen zu umgehen. Sie scharten sich um das neue Tor, das noch tiefer hinab in die Erde führte, und waren damit beschäftigt, eine Grabmaschine mit Bohrspitze mithilfe schwerer Ketten die Rampe emporzuziehen.
Tante Genes Traum war es, wieder in einem Haus an der Oberfläche zu wohnen, aber mir gefiel es hier unten. Die beiden Hauptstraßen kreuzten sich im Zentrum
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