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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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näherte mich dem Motor und strich mit der Hand über das Metall. Das hier war, als würde man einen Jetmotor in einen hölzernen Kinderwagen einbauen.
    »Wenn wir es erst einmal repariert haben, geht das Ding ab wie eine Rakete. Wir könnten damit praktisch zum Mond fliegen. Und wir könnten auf jeden Fall ein Riesendurcheinander auf den Stützpunkten anrichten. Stell dir mal das Gedröhne vor! Denen kommt vor Schreck die eigene Leber hoch.«
    Ich sah Ren irritiert an. Er räusperte sich. »Was? Darf ich nicht auch mal kindisch sein?«
    Ich hob die Arme, packte einen Deckenbalken und zog mich daran hoch. »Also dann, Mr.   Kindisch. Zeig mir, worauf ich einschlagen kann.«

    Als die Sonne hinter der schlaffen Hülle ihres Ballons unterging, hatten wir mit der Schwarzen Alice bereits große Fortschritte gemacht. Soweit wir es schon sagen konnten, war sie tatsächlich flugtauglich. Man musste sie nur ein bisschen aufpolieren und ausbessern.
    Danach ging ich in mein Zimmer und duschte. Ich schenkte meinem Spiegelbild etwas mehr Aufmerksamkeit als gewöhnlich. Ich rubbelte meine Haut kräftig, um zu sehen, ob ich ihr nicht etwas mehr Leben verpassen konnte, und kämmte mein Haar. Nach einer Viertelstunde musste ich jedoch einsehen, dass nichts zu ändern war. Ich hatte mein Verfallsdatum im biologischen Sinne nun einmal überschritten.
    Ich gab es auf und begab mich stattdessen zum Medizintrakt.
    Es war Zeit für den Schichtwechsel und einige der Ärzte und Pfleger befreiten sich gerade aus ihren Kitteln und schlossen ihre Schränke ab. Es war inzwischen sehr ruhig, doch aus Samedis Labor konnte ich Stimmen hören.
    Nora saß auf einem Drehstuhl, hatte Arme und Beine verschränkt und blickte finster drein. Als ich den Raum betrat, sprang sie vom Stuhl auf und steuerte direkt auf mich zu. Bei diesem Anblick wollte ich auf dem Absatz kehrtmachen, durch die Tür hinausstürmen und mich von der nächstbesten Klippe stürzen.
    In ihrer Heimatstadt war eine gottverdammte Seuche ausgebrochen und ich durfte es ihr nicht sagen.
    Ich hatte es geschafft, mich durch körperliche Arbeit von dieser Tatsache abzulenken, aber jetzt musste ich ihr ins Gesicht sehen. Das schlechte Gewissen brannte mir auf der Seele. Sie wollte, dass ich ehrlich zu ihr war. Aber wenn ich ihr die Wahrheit sagte, musste sie alleine an einem Ort zurückbleiben, dessen Existenz sie gerade erst zu akzeptieren begonnen hatte. Himmel, vielleicht würde sie sogar mir die Schuld geben und ihr gerade gewonnenes Vertrauen verwandelte sich wieder in Angst und Hass.
    Und dann sah ich sie vielleicht nie mehr wieder.
    »Bram, ich muss dringend zu Hause anrufen!«
    »Gott sei Dank, dass du da bist, Bram«, sagte Samedi. Sein Kopf stand auf einer nahen Arbeitsfläche, aber sein Körper wirkte hektisch. Er gestikulierte wild, während er sprach. »Erklär du es ihr.«
    »Dann war Elpinoy also schon hier, hm?«
    »Ja!« Nora schüttelte den Kopf wie ein zorniges Pferd. »Ich darf keine Nachrichten sehen und weder meine Freundin Pamela noch meine Tante anrufen. Du kennst Pam nicht, sie steht vermutlich schon kurz vor der spontanen Selbstentzündung! Ich habe meinen Teil getan, ich bin aus deinem Zimmer herausgekommen. Und jetzt will mir niemand irgendetwas erzählen!«
    »Die Telefone und Computer sind jetzt passwortgeschützt«, warf Sam ein.
    Na klasse, wie soll ich ihr das bloß erklären? »Nora, das ist Wolfes Entscheidung. Soweit wir wissen, hören die Grauen jede Kommunikation ab. Wir sollten lieber vorsichtig sein. Deshalb darfst du niemanden anrufen.« Na also, das klang doch gar nicht so schlecht.
    »Und warum will mir dann niemand sagen, ob meine Tante darüber Bescheid weiß, wo ich bin? Warum darf ich die Nachrichten nicht sehen?«, wollte sie wissen.
    Samedi zuckte die Schultern. Auch mir fiel dazu nichts mehr ein. »Das ist ebenfalls Wolfes Entscheidung.« Ich konnte die Schuld schließlich genauso gut jemandem zuschieben, der es auch verdiente. »Er will vielleicht einfach … dass du dich beruhigst. Und uns die Sache überlässt.«
    Nora sah mir direkt in die Augen. »Das ist das Blödeste, was ich jemals gehört habe.«
    »Miss Dearly, jetzt hören Sie mal zu.« Sam wandte den Körper seinem Kopf zu, damit er die Tasche seines Laborkittels sehen und seinen Stift einstecken konnte. »Sollten wir jemals eine Anweisung von Wolfe erhalten, die nicht himmelschreiend blöde ist, dann werden Sie es auf jeden Fall bemerken, weil wir dann nämlich alle vor Schreck

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