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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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hatte je angenommen, dass er überhaupt funktionierte . Wenn ich es gewusst hätte, dann hätte ich vielleicht noch jemanden retten können, aber …« Ich schloss die Augen. »Der Fahrstuhl blieb zweimal stecken. Ich dachte, er würde letztendlich zu meinem Sarg werden, aber beide Male ging es dann doch weiter. In der Mine herrschte nur noch Chaos. Auch oben waren die Monster schon eingefallen. Später habe ich gehört, dass die Armee eingegriffen und einfach die ganze Mine zum Einsturz gebracht hat. Aber als ich rauskam, waren sie noch nicht da.
    Also bin ich geflohen. Es war feige, aber ich war verletzt und Jack war tot und ich wusste nicht, was ich tun sollte, also … bin ich geflohen. Und dann bin ich gelaufen. Den ganzen Weg nach West Gould. Zehn Meilen. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe … einfach Entschlossenheit, schätze ich. Ich wusste noch nicht, wie ich aussah. Ich wusste nicht, dass der Biss etwas mit mir machen würde. Ich dachte, ich wäre lebend da rausgekommen, ich dachte, ich wäre entkommen.«
    »Mein Gott.«
    Ich lehnte mich zurück und fuhr fort: »Ich weiß noch, dass ich einmal gestürzt und dann wieder zu mir gekommen bin. Und dann bin ich weitergelaufen. Ich hatte vorher schon Schmerzen gehabt, ich hatte Angst und war verwirrt, und … ich habe nicht bemerkt, dass ich auf dem Weg gestorben bin. Sam sagt immer, er wettet darauf, dass ich wiedererwacht bin, bevor ich auch nur am Boden gelegen habe. Ich habe es einfach nicht bemerkt.
    Als ich schließlich zu Hause ankam, war es schon dunkel. Ich klopfte an die Tür und war so schrecklich erleichtert, wieder zu Hause zu sein. Meine Mutter kam und … schrie … diesen Schrei werde ich nie vergessen, es klang, als wäre alles, was sie liebte, gestorben. Ich versuchte, sie zu umarmen, ins Haus zu kommen … ich war blutüberströmt, Jacks Blut … wie auch immer, sie holte das Jagdgewehr und schoss mir ins Bein.«
    Ich klopfte mir auf die Hüfte. Nora gab ein schwaches »Oh« von sich, als sie begriff.
    »Es tat nicht weh, es zwickte nur ein bisschen. Und da begriff ich, was passiert sein musste. Ich rannte weg vom Haus, humpelte davon und versteckte mich zwischen den ersten Bäumen des Waldes. Dann traf es mich und ich verstand, was ich meiner Familie hätte antun können. Mir war so schlecht. So schlecht. Ich blieb etwa einen Tag lang dort. Ich wollte sterben. Ich hätte mich selbst umgebracht, aber ich war zu krank und zu verängstigt, um mich auch nur zu bewegen, geschweige denn um etwas zu suchen, mit dem ich es hätte tun können.
    Niemand kam aus dem Haus. Sie müssen gewusst haben, dass ich noch da war. Aber dann ist einmal meine kleine Emily mit dem Teddybären, ihrem Bären, ins Freie gerannt und hat ihn auf die Veranda gesetzt. Dann ist Mum gekommen und hat sie wieder nach drinnen gescheucht und sie angeschrien, sie solle ja nicht wieder in die Nähe der Tür kommen und endlich aufhören. Im Dunkeln bin ich dann zur Veranda gekrochen und habe ihn geholt. Ich wusste, dass es ihr Abschiedsgeschenk war. Also … bin ich gegangen.«
    Ich hob den Blick von dem Foto. Nora sah mich an, sah durch mich hindurch, und ihre Augen schimmerten ungewöhnlich hell. Ich hatte sie nicht noch trauriger machen wollen. »Es tut mir leid.«
    »Nein, nein … es ist nicht deine Schuld«, flüsterte sie. »Mir tut es leid.«
    Ich klappte mein Tagebuch zu und stand auf. »Genug von mir für heute.« Ich lachte, aber es klang nicht sehr froh. »Du wirst noch Albträume bekommen. Ich komme morgen früh um acht wieder zu dir, Nora.«
    Sie nickte wortlos. Als ich schon an der Tür stand und mich umdrehte, saß sie noch immer da.
    »Vergiss nicht, die Uhr aufzuziehen«, erinnerte ich sie und schloss die Tür.

Wie besprochen kam Henry wieder, als es dunkel war.
    Averne begleitete ihn.
    Averne schubste Henry grob in die Hütte. Schnell erhob ich mich vom Bett und schaffte es zum Glück, rechtzeitig seinen Arm zu packen, damit er nicht das Gleichgewicht verlor.
    »Ich will, dass Sie wissen«, knurrte der Mann, der mich gefangen hielt, »dass ich Sie beobachte. Also keine faulen Tricks.«
    »Keine«, log ich und sah ihm dabei direkt in die Augen. »Aber Sie erkennen sicher den Wert darin, mir einen frischen Soldaten als Wärter und Assistenten zur Verfügung zu stellen.«
    »Das tue ich. Aber ich weiß auch, dass frischen Männern nicht zu trauen ist.« Er sah Henry, der vor ihm zurückwich, finster an. »Ich erwarte einen Bericht. Einen ehrlichen Bericht.

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