Dark one 02 - Kein Vampir für eine Nacht-neu-ok-06.12.11
regnete
Glassplitter auf die Pflastersteine, während ein wütendes Grollen die Nacht
erfüllte.
„Komm!“, trieb ich Sebastian an, obwohl ich selbst vor Schmerzen kaum
laufen konnte. „Wir müssen hier weg!“
Wir stolperten über Steine und stürzten zweimal in Matsch und
durchweichten Rasen, aber es gelang mir, Sebastian durch den kleinen Garten in
die Gasse zu bringen, die auf die Straße führte, wo Raphael seinen Wagen
abgestellt hatte. Auf halbem Weg kam uns Roxy entgegen.
„Allmächtiger, ihr seid ja voller Blut!“
„Hilf mir!“, keuchte ich von Seitenstechen geplagt. „Ich kann ihn
nicht mehr halten.“
Sie griff beherzt zu und nahm mir einen Teil der Last ab, und mit
vereinten Kräften schafften wir es, Sebastian zu Raphaels Auto zu schleppen. Er
ließ sich auf den Rücksitz fallen und begrub Roxy dabei unter sich, die versucht
hatte, ihn in den Wagen zu ziehen. Raphael kam, gefolgt von mehreren
GAGA-Mitarbeitern, die Straße herunter gelaufen.
„Steig ein!“, brüllte er, als ich mich zu der Gasse umdrehte.
„Ich kann nicht. Christian ist noch nicht da!“
„Steig in das verdammte Auto!“
Ich schüttelte den Kopf und trat von der geöffneten Tür zurück.
„Christian ist noch im Haus!“
Dafür, dass er so ein großer, stämmiger Kerl war, konnte Raphael
unglaublich schnell laufen, das musste man ihm lassen. Aber seine Verfolger hatten
Wut im Bauch, und das bedeutete, dass Raphael keine Zeit hatte, sich anzuhören,
dass ich unter keinen Umständen ohne Christian wegfahren würde. Er packte mich
einfach, warf mich zu Roxy und Sebastian auf die Rückbank, sprang auf den
Fahrersitz, ließ den Motor an und gab Gas. Als er losraste und einem der
Gemeinschaftsmitarbeiter auswich, der auf uns zurannte, wurden wir auf der
Rückbank tüchtig durcheinander gewürfelt.
Raphael fluchte und machte abermals einen Schlenker, doch der dumpfe
Aufschlag, den wir hörten, ließ darauf schließen, dass der zweite
GAGA-Mitarbeiter nicht so behände war wie der erste.
„Nichts passiert“, sagte Raphael nach einem Blick in den Rückspiegel.
Ich lag halb auf Sebastian und richtete mich mühsam auf. „Hab ihn nur mit dein
Kotflügel erwischt. Er ist schon wieder aufgestanden. Wir haben es geschafft!“
Ich drehte mich um und sah vier Männer auf der regennassen Straße
hinter uns herlaufen. Das im Hintergrund hoch aufragende Haus schien alles mit
wachsamem Blick zu beobachten. Ich ließ mich in den Sitz sinken, und ein
stechender Schmerz durchzuckte mein Herz. „Nein, wir haben es nicht geschafft.
Wir haben Christian zurückgelassen.“
16
Roxy hatte alle Hände voll zu tun, um zu verhindern, dass ich mich aus
dem Wagen stürzte, wenn Raphael unterwegs an einer Ampel anhalten musste. Ich
fluchte still vor mich hin und dachte ernsthaft daran, sie mit einem Fluch zu
belegen - nur mit einem ganz kleinen -, aber letztlich nützte alles Schluchzen
und Betteln und Drohen nichts. Raphael fuhr beharrlich weiter, bis wir vor
Christians Haus ankamen.
Was in Sebastian vorging, wusste ich nicht. Er wirkte irgendwie
weggetreten, und wie ich zu meiner Schande gestehen muss, war es mir in diesem
Moment auch ziemlich egal, was er dachte. Ich hätte ihn liebend gern gegen
Christian eingetauscht.
„Guten Abend, Mrs. Turner“, sagte ich zu Christians Haushälterin, als
sie uns öffnete. „An Raphael und Roxy erinnern Sie sich ja sicherlich noch, und
das hier ist ein Freund von Christian.“ Ich zeigte auf Sebastian, der wie tot
in Raphaels Armen hing.
„Er... äh... ihm geht es gerade nicht so gut, und Christian hat uns
gebeten, ihn herzubringen.“
Da Mrs. Turner Christian ohnehin für einen Exzentriker hielt, konnte
sie die Tatsache, dass die Freundin ihres Arbeitgebers mit zwei Leuten, die sie
nur flüchtig kannte, und einem fast toten Mann Einlass begehrte, anscheinend
nur wenig beeindrucken, denn sie trat ohne mit der Wimper zu zucken zurück und
ließ uns ins Haus. Sie blinzelte zwar irritiert, als sie mir in die Augen sah,
aber sie war offenbar hart im Nehmen, denn sie fiel weder in Ohnmacht, noch
lief sie schreiend davon.
„Wird Mr. Dante auch in Kürze eintreffen? Eine junge Dame wartet
nämlich auf ihn“, sagte sie, als wir die Treppe hochgingen.
Ich blieb stehen. „Ach ja? Was denn für eine junge Dame?“
„Schön, dass du dich nicht mehr gegen dein Schicksal sträubst“, rief
Roxy von oben. „Das war das eifersüchtigste ,Was denn für eine junge Dame?',
das ich jemals gehört
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