Dark one 02 - Kein Vampir für eine Nacht-neu-ok-06.12.11
zu begutachten.
„Ich habe noch nie erlebt, dass jemand zwei Geister auf einmal beschworen hat.
Ich habe noch nicht einmal davon gehört, dass eine solche Meisterleistung
überhaupt möglich ist! Ein großer Tag, der in die Geschichte der Erforschung
des Übersinnlichen eingehen wird!“
Ich rieb mir rasch die Nase, denn ich spürte schon wieder dieses
Kribbeln. Es war nicht nötig, anzugeben und auch noch einen dritten Geist zu
beschwören.
„Sie müssen sie rasch verankern, damit wir sie untersuchen und
befragen können.“ Eduardo drängte sich an ein paar Leuten vorbei und nahm die
Geister kritisch unter die Lupe. Das ärgerte mich ein bisschen. Es waren meine Geister, und ich wollte sie nicht zur Schau stellen. Ich hatte nichts
dagegen, wenn die Leute ein paar Messungen vornahmen, aber ich würde es nicht
zulassen, dass sie vorgeführt wurden wie in einem Monstrosiätenkabinett. Ich
würde sie befreien, sobald die Leute ihre Messergebnisse hatten.
Mit einem gewissen Widerwillen verankerte ich sie. Kaum hatte ich die
Formel gesprochen, wetterte die alte Frau los, drohte mir mit erhobenem
Zeigefinger und beschwerte sich lautstark mit einer furchtbar kratzigen Stimme.
„Was sagt sie?“, fragte ich Peter, der direkt neben mir stand.
Er kratzte sich an der kahlen Stelle auf seinem Kopf. „Ich weiß nicht.
Das könnte Walisisch sein.“
„Walisisch? Was macht eine Waliserin hier in diesem Gebäude? Wie alt
ist es überhaupt?“
„Schätzungsweise zweihundertfünfzig Jahre“, entgegnete Eduardo und
fuhr mit der Hand durch die wütende alte Frau. Sie ging augenblicklich auf ihn
los und blies ihm den Marsch. Obwohl sie ein körperloses Wesen war, wirkte sie
durch ihr Erscheinungsbild und ihr Gebaren derart bedrohlich, dass er ein paar
Schritte zurückwich.
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
„Wie heißt du?“, fragte Guarda den jungen Mann. Ich schaute ihn mir
genauer an. Er hatte Pickel im Gesicht, und seine abgetragene Kleidung sah aus,
als habe er sie von seinen Brüdern geerbt. Seine Perücke, die irgendwann einmal
weiß gewesen sein mochte, nun aber schmutzig gelb und reichlich in die Jahre
gekommen war, passte ihm nicht richtig und saß schief auf seinem Kopf, sodass
sein schwarzes Haar auf einer Seite darunter hervorschaute.
Der Geist sah Guarda unwirsch an und steckte die Hände in die
Hosentaschen. „Darauf muss ich nich' antworten.“
„Pass bloß auf...“
„Das ist richtig“, fiel ich Eduardo ins Wort und lächelte den Geist
an. Ich schätzte ihn auf ungefähr fünfzehn. „Du musst uns nichts sagen, wenn du
nicht willst. Ich bin hier, um dir zu helfen und dich von deinen Fesseln zu
befreien, damit du weiterziehen kannst. Daran ist dir doch bestimmt gelegen,
nicht wahr?“
Er schob trotzig die Unterlippe vor. „Weiß nich'. Mal sehn. Wer sin'
Sie überhaupt?“
Ich stellte ihm die Leute vor, deren Namen ich kannte, und erklärte
ihm, dass wir einige Messungen durchführen wollten, um ihn und die alte Frau
danach auf die nächste Existenzebene zu schicken.
„Kann ich Sie bitte kurz sprechen, Allegra“, sagte Guarda und nahm
mich beiseite. „Das ist ein sehr aufregender und wichtiger Augenblick in der
Geschichte der Erforschung des Übersinnlichen. Ich begrüße Ihre Absicht, die
Geister ihrer verdienten Belohnung zuzuführen, aber ich denke auch, dass es
äußerst nützlich sein kann, sie gründlich und längerfristig zu studieren.
Denken Sie nur an die Forschungsgelder, die man uns zur Verfügung stellt, wenn
wir den Sponsoren einen konkreten Beweis für die Existenz von Geistern
liefern.“
„Aber was tun wir damit den Geistern an?“, erwiderte ich. „Als
Beschwörerin ist es mein Aufgabe, sie zu befreien, sobald die Untersuchungen
abgeschlossen sind. Ich möchte ihnen die Weiterreise nicht verwehren und sie
auf unbestimmte Zeit hier festhalten, nur damit sie von irgendwelchen Sponsoren
beglotzt werden können. Das ist kein Argument für mich.“
„Denken Sie an die Forschungsarbeit, die Sie und andere leisten
können“, redete Guarda auf mich ein. „Mit Ihrem Können ist Ihnen ein Platz in
unserem Expertenteam sicher. Das Honorar ist selbstverständlich großzügig
bemessen, und Sie würden mit den klügsten Köpfen der Branche zusammenarbeiten. Und
bedenken Sie auch, wie viel Ruhm Sie erlangen können, denn Sie werden definitiv
einen Bericht nach dem anderen zu allen erdenklichen Aspekten des Lebens nach
dem Tod verfassen. Sie werden innerhalb wie auch
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