Dark one 02 - Kein Vampir für eine Nacht-neu-ok-06.12.11
können wir aufgrund dieses Gespürs für physikalische
Veränderungen erkennen, wann jemand lügt, aber andere Beschwörer haben ihre
eigenen Theorien dazu.
Ich war auf jeden Fall sicher, dass Guarda mich belogen hatte.
„Faszinierend. Also, das war wirklich ein hochinteressantes Gespräch.
Vielen Dank, dass Sie mir gegenüber so offen waren. Ich werde das Angebot, in
Ihr Stadthaus zu ziehen, überdenken und Ihnen meine Entscheidung in den
nächsten Tagen mitteilen. Jetzt muss ich aber los, weil ich einem Freund
versprochen habe, eine kalte Stelle in seinem Keller zu untersuchen, doch
gleich morgen werde ich in aller Frühe hier erscheinen, und wir können
versuchen, die beiden verschwundenen Geister im Theater zu beschwören.“
Ich hatte mich erhoben, während ich sprach, aber Guarda und Eduardo
blieben sitzen. „Ich fürchte, das können wir nicht zulassen, Allegra“, sagte
Guarda langsam und öffnete eine Schreibtischschublade. Mir stockte vor Schreck
der Atem, und ich blickte wie gebannt auf eine Stelle über ihrer Schulter. Als
sie und Eduardo sich umdrehten, um zu sehen, was ich da anstarrte, versah ich
mich rasch mit einem Schutzbann. Für mehr blieb keine Zeit (eigentlich soll man
vier ausbringen, wenn Gefahr im Verzug ist, einen in jede Himmelsrichtung),
aber ich hoffte, dass der Bann stark genug war, um mich vor einer Kugel zu
bewahren, falls Guarda eine Pistole hervorholte.
„Entschuldigen Sie“, sagte ich, als sich die beiden wieder zu mir
umdrehten. Guarda hielt lediglich ein Bündel Papiere in der Hand, und ich
atmete erleichtert auf. „Ich dachte, ich hätte da etwas gesehen. Mensch, ich
bin ganz schön durch den Wind, nicht wahr? Es ist vermutlich doch ganz gut,
dass ich heute Abend noch aussetze.“
Ein Packen Papiere konnte mir wohl nichts anhaben. Vor allem, wenn ich
mich gut schützte. Ich nahm eine Hand hinter den Rücken und brachte den zweiten
Bann aus, dann hielt ich die Hand neben mein schlimmes Bein und brachte den
dritten aus. Nun fehlte nur noch der vierte, aber solange Eduardo mich mit
seinen kalten grauen Augen ins Visier nahm, musste ich warten.
„Sie sind, wie ich bereits sagte, ein großer Gewinn für unsere
Gemeinschaft, und da kann ich Ihnen unmöglich erlauben, im Alleingang
Streifzüge durch irgendwelche feuchten Keller zu unternehmen. Wenn unsere Leute
das Haus allerdings vorher sichern und sämtliche Voruntersuchungen durchführen
können, lassen wir Sie natürlich gern Ihre Arbeit tun“, erklärte Guarda. „Sehen
Sie es uns nach, wenn wir ein wenig überfürsorglich sind, was unsere
Schützlinge angeht“, fügte sie mit einem furchtbar unechten Lächeln hinzu.
„Aber natürlich“, entgegnete ich, während sich mir vor Besorgnis der
Magen zusammenschnürte. Ich spürte ihre Feindseligkeit deutlich, als sie
abermals versuchte, meine Bewusstseinsbarrieren zu durchdringen, aber sie
hielten, ohne auch nur eine Spur nachzugeben.
„Wenn Sie einfach diese Papiere hier unterschreiben, dann ist die
Sache amtlich, und wir können Ihnen Ihr erstes Honorar auszahlen.“
„Oh? Wie viel ist das?“
Guarda sah Eduardo an. „Fünftausend Pfund für den ersten Monat“,
antwortete er schmeichlerisch.
Ich hätte beinahe meine Tasche fallen lassen. Das waren fast
siebentausendfünfhundert Dollar! Für einen einzigen Monat?
„Wirklich!“, sagte ich und ließ meine Tasche tatsächlich fallen.
Direkt auf eine kleine Blütenschale mit einer makellosen gelben Rose.
Die Schale zerbrach, und das Wasser nahm Kurs auf Eduardos Gesäß, der fluchend
vom Schreibtisch sprang.
„Ach, das tut mir aber leid!“, rief ich, drehte mich rasch zur Seite
und brachte den letzten Bann aus. „Wie ungeschickt von mir! Und es war so eine
schöne Rose!“
„Macht nichts, lassen Sie nur, ist schon in Ordnung.“ Guardas Lippen
waren weiß vor Anspannung, aber das war nichts im Vergleich zu dem, was ich
fühlte. Da ich nun durch die Banne vor Guardas Macht geschützt war, spürte ich
die Bedrohung, die in der Luft lag. Der Raum war praktisch voll von Bosheit und
Niedertracht. Guarda hielt mir einen Stift hin, aber ich schüttelte den Kopf,
drückte meine Tasche an die Brust und wich ein paar Schritte zurück.
„Es tut mir leid, aber das kann ich nicht tun. In meinem
Arbeitsvertrag steht, dass ich ohne die Einwilligung meines Chefs für keine
andere Organisation arbeiten darf. Ich muss erst seine Erlaubnis einholen,
bevor ich irgendetwas unterschreibe.“
„Dann rufen wir ihn sofort
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