Dark one 03 - Kuesst du noch oder beisst du schon- neu-ok
Saschas
Geburtsunterlagen stand, dass er anglo-indischer Herkunft gewesen sei.
Sascha ließ
sich etwas zurückfallen, als sie sich dem Besprechungszimmer näherten. Zwar
teilte sie die allgemeine Ablehnung für die offene Emotionalität der
Gestaltwandler nicht, aber sie traf trotzdem nur ungern mit ihnen zusammen. Es
kam ihr so vor, als ob sie Bescheid wussten.
Irgendwie
konnten sie wahrnehmen, dass Sascha nicht so war wie die anderen, dass sie
einen Fehler hatte.
„Mister
Hunter.“
Sascha
blickte auf. Sie befand sich in Reichweite des gefährlichsten männlichen
Wesens, dass sie je zu Gesicht bekommen hatte. Ihr fiel kein anderes Wort dafür
ein. Er war mindestens ein Meter neunzig groß und sein Körper schien nur aus
roher Muskelkraft und höchster Anspannung zu bestehen, eine zum Kampfbereite
Maschine.
Das
schulterlange schwarze Haar machte ihn nicht weicher, sondern verriet eher die
Leidenschaft und den Hunger des Leoparden, der unter seiner Haut steckte.
Sascha zweifelte keinen Augenblick daran, dass sie einem Raubtier
gegenüberstand.
Er drehte
den Kopf und nun sah sie die rechte Seite seines Gesichts. Die Klauen einer
großen Bestie hatten vier gezackte Linien auf der blassgoldenen Haut
hinterlassen. Trotz seiner hypnotisierend grünen Augen waren es diese Male, die
Saschas Aufmerksamkeit fesselten. Sie war noch nie einem Jäger der Gestaltwandler
so nahe gewesen.
„Miss
Duncan.“ Er hatte eine tiefe, etwas raue Stimme, die entfernt an ein Knurren
erinnerte.
„Das ist
meine Tochter Sascha. Sie wird bei diesem Projekt die Verbindung zu Ihnen
halten.“
„Sehr
erfreut, Sascha.“ Er nickte mit dem Kopf in ihre Richtung und seine Augen
ruhten einen Augenblick länger auf ihr als unbedingt notwendig.
„Ebenfalls.“
Konnte er ihren aus dem Takt geratenen Herzschlag hören? Stimmte es, dass die
Sinne eines Gestaltwandlers denen aller anderen Rassen überlegen waren?
„Ritte!“ Er
wies auf den Tisch mit der großen Glasplatte und wartete, bis die beiden Frauen
dahinter Platz genommen hatten, ehe er sich auf einen Stuhl direkt gegenüber
von Sascha setzte.
Sie ließ
sich von der ritterlichen Geste nicht täuschen und blieb weiter auf der Hut,
wobei sie sich zwang, seinen Blick zu erwidern. Jäger waren geübt darin,
verletzliche Beute aufzuspüren. „Wir haben uns Ihr Angebot angesehen“,
eröffnete sie die Verhandlungen.
„Was halten
Sie davon?“ Seine Augen waren erstaunlich klar und ruhig wie ein tiefer See.
Aber sein Blick war weder kalt noch sachlich, was Saschas ersten Eindruck einer
gerade noch im Zaum gehaltenen ungestümen Kraft nur bestätigte.
„Bekanntermaßen funktionieren
Geschäftsbeziehungen zwischen Medialen und Gestaltwandlern nur selten.
Entgegengesetzte Prioritäten.“ Im Vergleich zu Lucas' Stimme hörte sich Nikitas
fast monoton an.
Sein Lächeln
war so unverschämt, dass Sascha nicht wegschauen konnte. „Ich glaube aber, dass
wir in diesem Fall dieselben Prioritäten haben. Sie brauchen Hilfe bei der
Planung und Durchführung von Wohnungsbauprojekten, die für Gestaltwandler
attraktiv sind. Ich möchte einen Insider-Zugang zu neuen Projekten.“
Sascha
wusste, dass noch mehr dahinterstecken musste. Sie brauchten ihn, aber er
brauchte sie nicht, jedenfalls nicht, wenn die Dark River-Leoparden bei ihren
Geschäften inzwischen in Konkurrenz zu medialen Unternehmen standen. Die Welt
änderte sich genau vor ihrer Nase, die Rassen der Menschen und Gestaltwandler
gaben sich nicht länger damit zufrieden, in zweiter Reihe zu stehen. Es war nur
ein Zeichen von Arroganz, dass die meisten Medialen diese langsame Verschiebung
der Machtverhältnisse nicht wahrnahmen.
So nahe
neben der geballten Kraft eines Lucas Hunter fragte sie sich, wie ihre Brüder
und Schwestern bloß so blind sein konnten. „Wenn wir mit Ihnen Geschäfte
machen, erwarten wir die gleiche Zuverlässigkeit wie von medialen
Konstruktions- und Planungsbüros.“
Lucas Hunter
sah die eisig perfekte Sascha Duncan an und hätte gerne gewusst, was zum Teufel
an ihr so aufregend war. Der Panther in seinem Kopf lief im Käfig fauchend auf
und ab, bereit, jeden Augenblick herauszuspringen und an ihrem strengen
dunkelgrauen Hosenanzug zu schnuppern.
„Selbstverständlich“,
sagte er und schaute fasziniert auf die funkelnden weißen Sterne in ihren
dunklen Augen.
Er hatte
noch nicht sehr oft die Gelegenheit gehabt, einer Kardinalmedialen nahe zu
sein. Sie waren selten, gaben sich nicht mit der breiten Masse
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