Dark one 04 - Vampir im Schottenrock-neu-ok-07.12.11
weder
vonnöten noch erwünscht. Ich war mein Leben lang sterblich und habe nichts
dagegen, es wieder zu werden.“
Sie sah aus,
als wollte sie mich noch etwas fragen, aber dann zog sie einen Kettenanhänger
aus ihrer Bluse und hielt ihn mir vor die Nase. Der große, rötlich goldene
Bernstein in Tropfenform schimmerte herrlich im Schein des Lichts. „Um den
Handel abzuschließen, müssen Sie schwören, dass sie mit den Bedingungen
einverstanden sind.“
Ich legte
meine Hand auf den Bernsteinanhänger und schwor, dass ich bereit war, der
Seherin als Gegenleistung für ihre Hilfe meine Unsterblichkeit zu geben. Dabei
verspürte ich lediglich ein leichtes Kribbeln im Arm, aber das war auch schon
alles. Es gab weder einen lauten Donnerschlag, noch erklangen himmlische
Trompeten.
„Das war’s?“,
fragte ich und rieb den schwachen Abdruck weg, den der Bernstein in meiner
Handfläche hinterlassen hatte.
„Ja. Sie
klingen enttäuscht. Bedauern Sie den Handel bereits?“
Ich sah in
ihre kalten blauen Augen. „Nein. Das war nur ein bisschen enttäuschend, wenn
Sie verstehen, was ich meine? Ich weiß zwar nicht, was ich genau erwartet habe,
aber ich dachte, es würde irgendetwas Besonderes passieren, zur Feier des
Ereignisses sozusagen.“ Sie schenkte mir weder einen freundlichen Blick noch
ein Lächeln, und kam direkt zur Sache. „Was möchten Sie gern wissen?“
„Oh ... äh
... Ich möchte gern wissen, wer die schwarze Affenstatue hat, die Jilin-Statue
genannt wird.“
Sie fuhr mit
den Fingern über den Bernsteinanhänger und ihr Blick wurde glasig. Warum Seher
so hoch geachtet - und auch gefürchtet - waren, lag zum Teil daran, dass viele
von ihnen mit finsteren Mächten in Kontakt traten, um zu ihren Visionen zu
kommen.
Manche
arbeiteten mit niederen Dämonen zusammen, andere zapften mit Hilfe eines
Amuletts oder Reliquiars als Zuleitung finstere Energiequellen an.
Aus der Art
und Weise, wie Kelsey ihren Anhänger anfasste, schloss ich, dass es sich bei
dem Bernstein um eine solche Zuleitung handelte. „Die gesuchte Statue war
zuletzt im Besitz eines Wesens, das sich Pilar nennt.“ „Pilar? Sind Sie sicher?“
Sie bedachte
mich mit einem vielsagenden Blick.
„Wie
eigenartig. Ich habe mir schon gedacht, dass er kein Sterblicher ist - aber er
hat auch Paens Statue? Hmmm. Wo ist Pilar denn jetzt?“
„Er ist zum
gegenwärtigen Zeitpunkt vierzehn Kilometer von uns entfernt, in
süd-südöstlicher Richtung.“
Hmm. Das
bedeutete, dass er immer noch in der Edinburgher Gegend war.
Aber wie
hatte er nicht nur meine Vogelstatue, sondern auch Paens Statue in seinen
Besitz bringen können? Und wozu brauchte er beide? Die eine war eine wertvolle
Antiquität, aber die andere nur ein taiwanesisches Billigfabrikat. Ich
schüttelte verwirrt den Kopf. „Sie sagten, die Statue war zuletzt im Besitz von
Pilar. Heißt das, dass er sie jetzt nicht mehr hat?“
„Das ist
richtig. Sie ist nicht mehr in seinem Besitz, aber er war der Letzte, der sie
hatte.“
„Was
bedeutet, dass sie jetzt niemand mehr hat“, sagte ich leise und überlegte
fieberhaft. „Ich wette, er hat sie irgendwo an einem sicheren Ort versteckt.
Als ich die Jilin-Statue sah, war sie in etwas eingeschlossen, im Stockdunklen,
ohne jedes Licht. Ist sie dort immer noch?“
„Ja, das ist
sie.“
„Wie kann
Pilar sie irgendwo versteckt haben, wenn sie sich in einem Grab befindet?“,
fragte ich.
„Die Statue
ist gar nicht in einem Grab - sie schläft vielmehr an einem geschützten Ort,
gut versteckt und geborgen, damit niemand ihre Ruhe stört.“
„Oh.“ Ich
dachte über die Worte der Seherin nach. Sie deckten sich mit dem, was ich beim
Befragen meiner Schüssel gesehen hatte - ich hatte mir diesen geschützten,
dunklen Ort nur als Grab vorgestellt. Aber wenn die Statue nicht in einer wie
auch immer gearteten Grabkammer war, worin befand sie sich dann?
„Welcher Art
ist das Objekt, von dem die Statue geschützt wird?“
Die Seherin
blinzelte, sah mich an und ließ den Bernsteinanhänger fallen. „Sie haben fünf
Fragen gestellt und fünf Antworten bekommen. Wenn Sie mehr wissen wollen,
müssen Sie auch noch mehr bezahlen.“
„Wie bitte?
Sie haben mir nicht gesagt, dass ich nur fünf Fragen stellen kann!“
„Und Sie
haben nicht danach gefragt“, entgegnete sie und nahm ihren Regenmantel und ihre
Tasche von der Bank. „Möchten Sie mich nochmals befragen?“
Ich musste
mich sehr am Riemen reißen, um nicht laut loszufluchen.
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