Dark one 04 - Vampir im Schottenrock-neu-ok-07.12.11
Arme schienen nicht zu
funktionieren. Paen?
Ich rufe
Finn. Wir besorgen dir Hilfe. Ganz in der Nähe ist ein Krankenhaus. Verlass mich nicht, Sam, verlass mich bloß nicht! Schwör, dass du mich nicht
verlässt!
Ich
bleibe ... ., setzte ich an, hielt jedoch inne, weil es nicht wahr war. Der
Raum schien immer länger zu werden, und Paen und ich rückten immer weiter auseinander,
bis es mir so vorkam, als befände ich mich an einem Ende eines langen Tunnels
und er am anderen Ende.
Paen, wo
bist du? Was ist hier los? Warum kann ich mich nicht bewegen?
Sam,
verdammt, verlass mich nicht! Seine Stimme, die durch meinen Kopf hallte,
war halb von Tränen erstickt und so schmerzerfüllt, dass es mir in der Seele
wehtat. Bleib bei mir Sam! Halt dich an mir fest! Lass nicht los!
Ich kann
nicht ...
Ich driftete
ab, als flöge mein Astralleib wieder davon, aber diesmal war es anders. Das
nackte Entsetzen packte mich, als ich begriff, was mit mir geschah. Ich kämpfte
dagegen an, aber ich war machtlos. Paen! Ich will nicht gehen! Bitte
lass mich nicht sterben! Ich liebe dich! Ich will dich nicht verlassen!
Ich lasse
dich nicht gehen, Liebling, hörte ich seine Stimme in meinem Kopf, wie aus
weiter Ferne, aber ruhig und besänftigend. Vergib mir, Sam.
Was soll
ich dir vergeben?, fragte ich schluchzend. Ich wollte schreien und toben
und um mich schlagen und gegen die Grausamkeit des Schicksals wettern.
Nachdem ich
Paen gefunden hatte, nachdem er mich endlich akzeptiert hatte und wir ein
gemeinsames Leben vor uns hatten - wie lang es auch währen mochte -, war es
einfach nicht richtig, dass ich von ihm weggerissen wurde.
Paen!
Bitte! Hilf mir!
Vergib
mir, Liebling.
In meinem
tiefsten Inneren spürte ich auf einmal einen furchtbaren Schmerz, wie ich ihn
noch nie erlebt hatte, und einen Moment lang freute ich mich wahnsinnig, dass
ich überhaupt etwas spürte, denn das bedeutete, dass ich noch nicht ganz tot
war. Paens silbrige Augen brannten sich regelrecht in meine, kurz bevor ich
seine Zähne aufblitzen sah und einen stechenden Schmerz in der Brust verspürte.
Dann wurde ich von einer seltsamen Lethargie erfasst. Er trank von meinem Blut
und nahm alles in sich auf, was ich war, was ich hatte und jemals haben würde,
bis ich ... leer war.
Paen legte
mich ab und ließ meine leere Hülle davontrudeln und in einen schwarzen Abgrund
sinken, und nach einem letzten herzzerreißenden Schluchzer war es mit mir
vorbei.
Sam?
Hmm?
Wie geht
es dir? Ich weiß nicht. Schlafe ich? Ja. Und jetzt wach auf! Na gut.
Ich schlug
die Augen auf. Wir waren immer noch in der Werkstatt unter den Straßen
Edinburghs, und durch die Tür fiel etwas Licht in den Raum. Ein merkwürdiger
Wind schien in der Ferne zu heulen, als braue sich irgendwo ein Unwetter
zusammen. Der Boden unter mir war feucht und klebrig. Von meinem Blut.
„Ich bin
nicht tot?“ Meine Stimme klang erstickt, heiser und rau.
Sprich
noch nicht! Gib deinem Körper Zeit, die Halsverletzung zu heilen.
Allmählich
erinnerte ich mich wieder.
Pilar hat
mit dem Messer auf mich eingestochen?
Er hat
dir den Hals aufgeschlitzt. Und deine Drosselvene erwischt und dich fast enthauptet,
sonst hätte ich dich ins Krankenhaus gebracht. Aber dafür war keine Zeit, Sam,
es war viel zu knapp. Du lagst im Sterben. Du warst drauf und dran, mich zu verlassen.
Der Wind
wurde stärker und heulte mir so sehr in den Ohren, dass es schmerzte.
Aber
jetzt lebe ich, entgegnete ich, doch ich war immer noch reichlich verwirrt.
Was genau
geschehen war, entzog sich mir. Ich wusste nur, es war furchtbar gewesen.
Paen sagte
nichts. Er sah mich nur an - so schuldbewusst, dass mir schon wieder die Tränen
kamen.
Ich streckte
einen Arm aus. Er zitterte zwar und war blutverschmiert, aber es war mein Arm. Siehst
du? Ich bin hier. Ich lebe. Ich .... Ich hielt inne und war vor Schreck wie
gelähmt, als mir klar wurde, was los war. Der Wind, der so laut heulte, dass
mir die Ohren wehtaten, kam mitnichten von außen. Er kam aus meinem Inneren.
Er tobte
dort, wo meine Seele gewesen war.
„Liebling,
wenn du weiter versuchst zu schreien, lockst du nur die Geisterjäger an, und du
brauchst wirklich Ruhe, damit diese Verletzung heilen kann.“
Das
rasselnde, quietschende Geräusch, das davon herrührte, dass ich vor Entsetzen
schreien wollte, nahm ein Ende. Ich ließ mich keuchend gegen die Wand sinken. „Wo
ist meine Seele?“, krächzte ich.
Schmerz
trübte seinen Blick; Schmerz und Bedauern und Mitleid.
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