Dark one 06 - Ein Vampir kommt selten allein-neu-ok-08.12.11
dir auch nur einen
Blick?“
Ich drehte mich noch einmal um und hoffte wider alle
Vernunft, dass auch Denise inzwischen losgezogen war, um sich das Feuerwerk
anzuschauen, doch sie würde es sich wohl kaum entgehen lassen, mich voller
Schadenfreude zu empfangen, wenn ich scheiterte.
„Ich hasse es, recht zu haben“, murmelte ich leise. Denise
war immer noch in dem Straßencafe, das inzwischen fast leer war, weil die
meisten Leute bereits zum Park aufgebrochen waren. Sie war aufgestanden, spähte
in meine Richtung und ruderte mit den Armen, um mich anzuspornen.
Ich ging an einer kleinen Boutique vorbei und tat so, als
interessierte ich mich für die verstaubten Bücher in den Ständern vor einer
noch verstaubteren Buchhandlung. Das musste der spinnenbefallene Laden sein,
von dem Denise gesprochen hatte. Ich schaute wieder zu ihr hin. Sie kehrte mir
gerade den Rücken zu, denn einer der Männer aus unserer Reisegruppe hatte sie
angesprochen und deutete immer wieder in Richtung Park. Ausgezeichnet!
Sie war abgelenkt. Das war meine Chance!
Ich verschwand blitzschnell in dem Buchladen, huschte in den
hinteren Teil und schnappte mir ein paar Bücher mit englischen Titeln, um
Interesse vorzutäuschen. „Hier wird sie wohl nicht nach mir suchen, wenn das
mit den Spinnen wirklich so schlimm ist“, sagte ich zu mir. „Ich werde mich nur
ein Weilchen verstecken - das ist schließlich nicht verboten. Sie wird denken,
dass ich mich verdrückt habe, und woanders nach mir suchen.“
Doch meine Erleichterung hielt nicht länger als zwei Minuten
an, und dann schämte ich mich. Kneifen war eigentlich nicht mein Stil. Und so
ging ich rasch zum Ausgang, hielt jedoch inne, als ein kleiner, verhutzelter
Mann neben mir hüstelte und einen vielsagenden Blick auf die Bücher in meinen
Händen warf. Ich bat um Verzeihung, kramte hastig ein paar Scheine aus der
Tasche und gab sie ihm.
Als ich verstohlen durch das Schaufenster auf den Marktplatz
spähte, fand ich meine Vermutung bestätigt: Denise verschwand gerade in einer
Straße auf der gegenüberliegenden Seite. Sie hatte sich also auf die Suche nach
mir gemacht. „Nicht schlecht!“, freute ich mich über meine gute
Menschenkenntnis.
Ich verließ den Buchladen und schlenderte lässig und ganz
und gar unstalkerhaft auf die beiden Männer zu. Während ich mich ihnen näherte,
nahm ich sie eingehend unter die Lupe. „Vielleicht bin ich einfach zu zynisch“,
sagte ich zu mir. „Ich bin doch ganz in Ordnung, außer dass vielleicht ein
bisschen viel an mir dran ist. Ich habe weder Laster noch schlechte Angewohnheiten,
außer dass ich häufig Selbstgespräche führe. Ich liebe Tiere. Ich bin offen für
neue Erfahrungen. Ist es denn wirklich so abwegig, dass mir wenigstens einer
von den beiden Beachtung schenkt?“
Der eine zeigte unvermittelt in meine Richtung, und als der
andere sich umdrehte, schaute ich rasch in die Auslage der Bäckerei, vor der
ich stand. Als ich nach ein paar Sekunden einen Blick in ihre Richtung
riskierte, unterhielten sie sich bereits wieder.
Denise war nirgends zu sehen, aber ich wollte trotzdem
keinen Rückzieher machen, denn es ging um mehr als nur um eine alberne
Mutprobe. „Meine Ehre steht auf dem Spiel, verdammt!“
Dieses Ehrgefühl war mir zwar noch vor wenigen Minuten
komplett abgegangen, doch ich straffte die Schultern und wendete mich zum
Gehen.
„Bring es hinter dich, Pia! Denk positiv und mach es
einfach!“
Während ich mit energischen Schritten auf die beiden zuging,
bekam ich ein flaues Gefühl in der Magengrube, denn was mich erwartete, würde
sicherlich frustrierend sein. „Vielleicht sollte ich sie bestechen. Ich könnte
ihnen ein paar Scheinchen dafür zustecken, dass mich einer von ihnen zum Hotel
begleitet ...
Pfui! Fällt dir eigentlich nichts Besseres ein?
Männerbestechen, damit sie Interesse an dir vortäuschen? Schäm dich, Pia! Wirklich
... Aua!“
Eine Frau hatte mich so heftig angerempelt, dass wir beide
ins Taumeln gerieten und meine Bücher und ihre große Tasche auf den Boden
fielen.
Sie entschuldigte sich auf Französisch bei mir.
„Sprechen Sie vielleicht Englisch? Mit meinem Französisch
ist es leider nicht sehr weit her“, sagte ich und half ihr beim Aufsammeln der
Sachen, die aus ihrer Tasche gepurzelt waren. Nachdem ich ihr Schlüssel, Handy,
Puderdose und ein Taschenbuch zurückgegeben hatte, hob ich die Bücher auf, die
ich gerade gekauft hatte.
„Oh, vielen Dank! Ja, ich spreche Englisch. Es tut
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