Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
früher einmal Diane gehört hatte. Patty ließ ihn kreisen, und ihr Finger hinterließ neben Rhodesien einen Abdruck im Staub. Dann begann sie die Hefte durchzublättern. Sie waren mit Band-Logos geschmückt: AC / DC mit dem Blitz, Venom, Iron Maiden. Darin fand sie Pentagramme und Gedichte über Mord und Satan.
Das Kind ist mein
Doch nur zum Schein
Denn Satans Pläne dunkler sind
Töte die Mutter und töte das Kind
So lernst du das Morden
Auch an anderen Orten
Sie spürte eine Welle von Übelkeit, die ihr von der Hüfte hinaufstieg in die Kehle. Sie stöberte durch die anderen Hefte, und als sie sich das letzte vornahm, klappte es ganz von selbst in der Mitte auf. Auf dieser und unzähligen weiteren Seiten hatte Ben weibliche Genitalien gezeichnet, Vaginen, in die Hände griffen, Uterusse, die dämonisch grinsende Wesen beherbergten, mittendurch geschnittene schwangere Frauen, deren Babys halb herausfielen.
Patty ließ sich auf Bens Stuhl sinken. Ihr war schwindlig, aber sie blätterte weiter, bis sie zu einer Seite mit Mädchennamen kam, in Reihen untereinandergeschrieben, was sie unwillkürlich an Pfannkuchenstapel erinnerte: Heather, Amanda, Brianne, Danielle, Nicole und dann immer wieder, immer üppiger mit gotischen Schnörkeln verziert: Krissi, Chrissy, Krissi, Krissie, Krissi, Krissi, Krissi Day, Krissi Day, Krissi Dee Day, Krissi D. Day, Krissi D-Day!
Krissi Day in einem Herzen.
Patty legte den Kopf auf die kühle Tischplatte. Krissi Day. Als wollte ihr Sohn die kleine Krissi Cates demnächst heiraten. Ben und Krissi Day. War es das, woran er dachte? Schien ihm das, was er mit ihr machte, deshalb okay? Stellte er sich vor, wie er die Kleine zum Essen mit nach Hause brachte?
Hallo, Mom, das ist meine Freundin
. Und Heather. Ein Mädchen dieses Namens war heute auch bei den Cates gewesen. Waren das die restlichen Namen von Mädchen, die er alle missbraucht hatte?
Pattys Kopf war schwer, und sie rührte sich nicht. Sie wollte einfach so sitzen bleiben, den Kopf auf den Tisch gelegt, bis jemand kam und ihr sagte, was sie jetzt tun sollte. Das konnte sie gut – manchmal saß sie stundenlang auf einem Stuhl, reglos, nur ihr Kopf wackelte ein bisschen, wie bei einer Greisin im Pflegeheim, und sie dachte an ihre Kindheit. Damals hatten ihre Eltern immer eine Liste von Aufgaben für sie, sie sagten ihr, wann sie ins Bett gehen und wann sie aufstehen und was sie tagsüber tun sollte, und nie verlangte jemand eine Entscheidung von ihr. Aber als sie jetzt auf den zerknüllten Laken auf Bens Bett saß – das Laken mit dem Flugzeugmuster – und sich erinnerte, wie er sie vor ungefähr einem Jahr um neue Laken gebeten hatte – einfarbig,
ohne
Muster –, bemerkte sie eine Plastiktüte, die unter dem Bett hervorlugte.
Vorsichtig ging sie auf alle viere und zog eine alte Einkaufstüte heraus. Sie war ziemlich schwer und schwang in ihrer Hand wie ein Pendel. Patty spähte hinein und entdeckte Klamotten. Es dauerte eine Weile, bis ihr auffiel, dass die Sachen Mädchenmuster hatten: Blümchen und Herzchen, Pilze und Regenbogen. Kurz entschlossen kippte sie das Zeug auf den Boden, voller Angst, dass gleich die gefürchteten Polaroids herausrutschen würden. Aber es waren nur Klamotten: Unterwäsche – Höschen, Hemdchen, alles in verschiedenen Ausfertigungen, von Krissis Alter bis Babygröße. Gebraucht. Das heißt, sie waren von kleinen Mädchen getragen worden. Genau wie der Detective es gesagt hatte. Patty stopfte das Zeug in die Tüte zurück.
Ihr Sohn. Ihr Sohn. Er würde ins Gefängnis kommen. Dann wäre die Farm weg, Ben im Gefängnis, und die Mädchen … Wie so oft in ihrem Leben wurde ihr klar, dass sie in lebenspraktischen Dingen einfach zu wenig Bescheid wusste. Ben brauchte einen guten Anwalt, und sie hatte keine Ahnung, wie man sich einen guten Anwalt besorgte.
Langsam ging sie zurück ins Wohnzimmer. Wie sollte sie einen Gerichtsprozess aushalten? Mit grimmiger Stimme schickte sie die Mädchen in ihr Zimmer, und alle drei starrten sie mit offenem Mund an, verletzt und ängstlich, und Patty dachte, dass sie für Ben alles nur noch schlimmer machte, eine alleinerziehende Mutter, die inkompetent war und völlig überfordert, das warf ein ganz schlechtes Licht auf ihn, und sie stopfte Kleinholz und Zeitungspapier in den Kamin, legte ein paar dicke Holzscheite darauf und zündete die Kinderwäsche an. Gerade als ein paar Höschen mit Gänseblümchenmuster Feuer fingen, klingelte das
Weitere Kostenlose Bücher