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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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Klasse weiter und war schon kurz davor aufzugeben, als ich sie sah: Diondra Wertzner. Fürchterlicher Name, und während ich mit dem Finger über die Fotoreihen fuhr, erwartete ich eine typische zukünftige Schickeria-Lady zu finden, grobes Gesicht und Damenbart, aber stattdessen blickte mir ein hübsches, rundwangiges Mädchen mit einer dunklen Lockenmähne entgegen. Sie hatte feine Gesichtszüge, die sie mit dickem Make-up übertünchte, aber selbst auf dem Schulfoto wirkte sie irgendwie interessant. Da war etwas in den tiefliegenden Augen, eine Herausforderung, die Lippen gerade weit genug geöffnet, dass man ihre spitzen kleinen Zähne sehen konnte.
    Aber als ich im Jahrbuch des Vorjahres nachschaute, konnte ich sie nicht finden. Und auch nicht im Jahr danach.

Ben Day
    2 . Januar 1985
15 Uhr  10
    T reys Truck roch nach Gras, Schweißsocken und Alkopops, die vermutlich Diondra verschüttet hatte. Sie behielt gern die Flasche in der Hand, bis sie das Bewusstsein verlor – so trank sie am liebsten. Bis zum Umfallen, den nächsten Schluck noch in der Hand, für alle Fälle. Der Truck war mit allem möglichen Zeug zugemüllt: Fastfood-Verpackungen, Angelhaken, eine alte Nummer von
Penthouse.
Auf der flauschigen Matte zu Bens Füßen stand eine Palette mit Kartons, »Mexican Jumping Beans«, auf denen eine kleine hüpfende Bohne mit Sombrero abgebildet war.
    »Versuch doch mal«, sagte Trey mit einer Handbewegung zu den Kartons.
    »Nee. Sind das nicht Insekten oder so was?«
    »Ja, so kleine Käferlarven«, antwortete Trey und lachte sein Presslufthammerlachen.
    »Großartig, danke, das ist ja cool.«
    »Ach Scheiße, Mann, ich verarsch dich doch bloß. Bleib locker.«
    Sie bogen zu einem 7 -Eleven ab. Trey winkte dem Mexikaner an der Kasse zu –
tja, auch so eine Bohne!
 – und lud Ben einen Kasten Beast, ein paar Beutel Mikrowellen-Nachos, nach denen Diondra zurzeit süchtig war, und eine Handvoll Beef Jerkys auf, die er in der Hand hielt wie einen Blumenstrauß.
    Der Typ grinste Trey zu und gab einen Laut von sich, der klang wie indianisches Kriegsgeheul, woraufhin Trey die Arme vor der Brust verschränkte und einen mexikanischen Hat Dance imitierte. »Ruf mich an, José!« Weiter sagte der Mann nichts, und Trey überließ ihm das Wechselgeld, gut drei Dollar. Auf der Fahrt zu Diondra dachte Ben darüber nach, dass es in seiner Welt inzwischen von Leuten wimmelte, für die es auf drei Dollar mehr oder weniger nicht ankam. Wie Diondra. Vor ein paar Monaten, Ende September, als es sehr heiß war, hatte sie auf zwei ihrer Cousins oder Stief-Halbcousins aufpassen müssen, und sie und Ben waren mit ihnen zu einem Wasserpark an der Grenze zu Nebraska gefahren. Seit einem Monat benutzte sie den Mustang ihrer Mutter (weil ihr eigenes Auto sie langweilte), und der Rücksitz war voller Dinge, die sie für die Unternehmung eingekauft hatten – Dinge, die Ben nie in den Sinn gekommen wären: drei verschiedene Sonnencremes, Strandtücher, Wasserpistolen, Luftmatratzen, aufblasbare Schwimmreifen, Wasserbälle, Eimerchen. Die Cousins waren noch ziemlich klein, vielleicht sechs oder sieben, saßen eingequetscht zwischen dem ganzen Zeug auf der Rückbank, und jedes Mal, wenn sie sich bewegten, gaben die Luftmatratzen seltsame Quietschgeräusche von sich. In der Nähe von Lebanon ließen die beiden Kids auf einmal die Fenster herunter, fingen an zu kichern, die Matratzengeräusche wurden lauter und immer lauter, als würden sie bei einem Luftmatratzenbalzritual gleich den Höhepunkt erreichen, und auf einmal begriff Ben, was sie so lustig fanden. Sie hatten das ganze Kleingeld aufgesammelt, das auf dem Rücksitz, auf dem Boden und in den Ritzen herumlag – Diondra ließ Wechselgeld im Auto immer einfach hinter sich fallen –, und warfen die Münzen mit vollen Händen aus dem Fenster, wo sie funkengleich durch die Luft stoben. Und es waren nicht nur Pennys, sondern auch eine Menge Vierteldollarmünzen dabei.
    Wahrscheinlich konnte man daran den Unterschied zwischen den Menschen erkennen. Nicht daran, ob sie Hunde- oder Katzenliebhaber waren, auch nicht daran, ob sie Fans der Chiefs waren oder eher zur Bronco-Fraktion gehörten, sondern daran, ob sie sich um ihre Vierteldollars kümmerten oder nicht. Für Ben ergaben vier Vierteldollarmünzen immer noch einen Dollar. Ein Häufchen Vierteldollars bedeutete ein Mittagessen. Mit der Summe der Münzen, die die kleinen Hosenscheißer an diesem Tag aus dem Fenster geworfen

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