Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
wieder bei Bewusstsein war, hätte sie sich gern in die tröstliche dunkle schwarze Leere fallen lassen.
Nick schüttelte sie. »Bleib da«, befahl er. »Marla, zum Teufel, bleib da!«
»Aus dem Weg. Ich kümmere mich um sie«, befahl Tom, und seine Schuhe erschienen in Marlas Blickfeld. »MrsCahill?« Er beugte sich über sie, legte ihr die Hand auf die Schulter. »Lassen Sie sich helfen …«
»Nein!«, flüsterte Marla erschöpft. Sie wollte Nick. Sie wollte nicht, dass dieser Mann, dieser Fremde, sie anfasste.
»Ruf den Notdienst«, schrie Nick Eugenia an. Dann wandte er sich wieder Marla zu. »Es wird alles gut.« Er sah sie so eindringlich an, als wolle er sie mit seinem Blick zwingen, bei Bewusstsein zu bleiben. »Du wirst wieder gesund.«
»Ich sagte, ich kümmere mich jetzt um sie«, beharrte der Pfleger.
Nick rührte sich nicht von der Stelle. »Ich habe alles im Griff.«
Wieder drohte die Dunkelheit Marla zu umfangen.
»Atme, verdammt. Mach den Mund auf!« Erneut öffnete Nick mit seinen starken Händen ihre Kiefer, und sie hustete und würgte, rollte sich zusammen und würgte, bis nichts mehr übrig war außer Schmerzen.
»Ich rufe den Notdienst.« Carmens Stimme erhob sich klar über Cissys Schluchzen und Marlas rasselnden Atem. Marla schlug die Augen auf und sah den Flur erst verschwommen, dann klarer. Nick kniete immer noch über ihr. Sein Gesicht war finster, der eindringliche Blick seiner blauen Augen forschend. »Marla?« Carmen war verschwunden, aber Eugenia, Tom und Cissy standen im Halbkreis um sie herum, unschlüssig, wie sie sich verhalten sollten.
»Oh …« Marla konnte kaum sprechen, ihr Mund war wund und schmerzte. »Es … es wird schon gehen«, schwindelte sie, kaum fähig, die Worte herauszubringen.
»Der Notarzt ist unterwegs.« Carmen kam wieder aus der Suite zum Vorschein.
Marla schauderte und schlang die Arme um ihren Körper.
»Der Rettungswagen wird sie nach Bayside bringen«, fügte Carmen hinzu.
»Phil Robertson soll sich dort um sie kümmern«, sagte Tom.
»Nein.« Marla brachte das Wort nur mühsam heraus, aber bei dem Gedanken, wieder ins Krankenhaus eingewiesen zu werden, und sei es nur für wenige Stunden, geriet sie in Panik. Sie wollte nicht dorthin zurück, wo sie keine Kontrolle über ihr Leben hatte, keine Antworten auf ihre quälenden Fragen fand. »Nein … es wird schon … mir geht’s besser.« Noch immer hustend, rappelte sie sich auf die Knie auf. Ihr Magen hatte sich beruhigt, doch die Schmerzen im Mundbereich waren unerträglich. Die zerschnittenen Drähte hatten ihr die Lippen aufgerissen, und durch den Muskelschwund gehorchten ihre Kiefer ihr nicht.
»Dir geht es nicht besser. Du bist erst vor ein paar Tagen aus dem Krankenhaus entlassen worden«, redete Nick ihr zu. Er erhob sich und betrachtete sie mit düsterem, besorgtem Blick.
»Und ich gehe nicht dorthin zurück.« Marla wusste, dass es nur vernünftig wäre, sich im Krankenhaus untersuchen zu lassen, und doch hatte sie das Gefühl, es könnte ein fataler Fehler sein.
»Marla, spar dir die Widerworte.« Nicks Stimme war fest, er biss die Zähne zusammen. »Schau dich doch an.«
Marla wollte gar nicht sehen, wie sie zugerichtet war. Sie lehnte sich ans Treppengeländer und blickte zu Nick auf. Sie wusste, dass sie grauenhaft aussehen musste, mit fleckigem Teint und von Erbrochenem besudeltem Pyjama, doch das war ihr in diesem Moment gleichgültig. Es war ihr auch gleichgültig, dass ihre Schwiegermutter und das Personal sie in diesem Zustand sahen. Sie atmete tief durch und hustete noch einmal. Sie hatte einen widerlichen Geschmack im Mund und noch immer den säuerlichen Geruch in der Nase.
»So.« Nick half ihr auf einen Stuhl im Flur. »Mal sehen, ob ich dir helfen kann.« Noch einmal öffnete er ihr den Mund, entfernte die letzten Stückchen spitzen Drahts, bis nichts mehr übrig war außer dem Schmerz der verkümmerten Muskeln und zerrissener Haut. »Wenn der Rettungswagen kommt …«
»Bring mich einfach zu einem Arzt«, verlangte sie.
Er zögerte. »Ich glaube …«
»Bitte, Nick, würdest du das für mich tun?« Sie sah, wie sich seine Augen in einer Gefühlsaufwallung verdunkelten. In seiner Wange zuckte ein Muskel. Er musterte Marla mit schmalen Lippen.
»Bist du sicher?«
»Ja.« Sie war nicht in der Stimmung zu streiten. Ohnehin konnte sie wegen der Schmerzen im Mund kaum sprechen. »Wenn … wenn ich glauben würde, dass Gefahr besteht, dann würde ich mich
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