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Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen

Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen

Titel: Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen Kostenlos Bücher Online Lesen
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fahren.«
    »Das übernehme ich«, widersprach Nick, nahm einen Regenmantel aus dem Garderobenschrank und half Marla hinein.
    »Aber er hat den Motor schon warm laufen lassen und …«
    »Ich sagte, das übernehme ich«, wiederholte Nick mit Nachdruck, zog eine abgeschabte Lederjacke an und führte Marla, die kräftige Hand unter ihrem Ellenbogen, aus der Haustür und den gepflasterten Weg entlang zu der halbrunden Zufahrt, wo sein zerbeulter Pick-up stand.
    »Was ist bloß mit dir los?«, fragte Marla. »Warum bist du solch ein Außenseiter?«
    Er verzog den Mund. »Ich will es so.« Er half ihr beim Einsteigen, dann setzte er sich ans Steuer, drehte den Zündschlüssel und trat aufs Gas. Der alte Motor sprang stotternd an.
    »Du bist gern ein Außenseiter?«
    »Unbedingt.«
    »Warum?«
    Er hielt an dem Pfosten mit dem Tastenfeld, gab eine Ziffernfolge ein, und das elektronisch gesteuerte Tor öffnete sich summend. »Ich war nie jemand, der ausgetretenen Pfaden folgt.«
    »Das schwarze Schaf. Das Enfant terrible. Der Einzelgänger.«
    Er zuckte die Achseln. »Wie auch immer. Habe mir nie Gedanken darüber gemacht. Nur immer getan, was ich selbst für richtig hielt.« Er sah sie von der Seite an. »Das scheint andere Leute zu ärgern.«
    »Ich kann es mir vorstellen.« Die Fahrerkabine des Pick-ups erschien Marla plötzlich zu eng. Zu intim. Die Scheiben beschlugen und schlossen die Nacht und die gesamte übrige Welt aus.
    »Wie fühlst du dich?«
    »Grauenhaft, und ich sehe sogar noch schlimmer aus, als ich mich fühle. Sag nichts. Ich weiß es.« Von Schmerzen geplagt, blickte Marla über die Schulter zurück durchs Heckfenster auf das Haus. Goldenes Licht schimmerte im Wohnzimmerfenster, vor dem Eugenias dunkle Silhouette sichtbar war. Zwei Stockwerke höher, in Cissys Zimmer, brannte ebenfalls Licht, aber niemand erschien am Fenster. Der Teenager machte sich nicht die Mühe, Marla nachzublicken, und es überraschte sie nicht. Ihr Verhältnis war bestenfalls angespannt zu nennen. Was für eine Mutter war sie? Warum erinnerte sie sich nicht an ein Kind, das fast vierzehn Jahre lang Teil ihres Lebens gewesen war?
    Lieber Gott, hilf mir.
    Seufzend lehnte Marla den Kopf an das Seitenfenster. Ihre Kiefer schmerzten, ihr Kopf dröhnte, und sie war allein mit Nick. Wieder einmal. Er schaltete, und sein Schenkel, dem ihren so nahe, spannte sich, als er die Kupplung durchtrat. Die Finger seiner rechten Hand umfassten den Schalthebel und streiften dabei um ein Haar ihr Bein.
    Er war so nah, dass sie versucht war, ihn zu berühren. Doch sie tat es nicht. Würde es niemals tun. Wenigstens redete sie sich das ein, während Nick den Pick-up steuerte und auf der vor Nässe glänzenden Straße die Spur wechselte. Regentropfen prasselten auf die Frontscheibe, und aus dem Radio dudelte Countrymusic.
    »Wovon ist dir eigentlich schlecht geworden?«, fragte Nick, schaltete herunter und bremste auf dem steilen Abhang zwischen Wolkenkratzern und kleineren Gebäuden. Um sie herum erstrahlten die Lichter der Stadt. Fußgänger eilten durch den Regen, Autos rasten durch Pfützen, und durch die Gassen kroch Bodennebel.
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht war die Suppe schlecht, oder es lag an meiner Nervosität?« Sie hob die Schultern.
    »Es kam ohne Vorwarnung?«
    »Nicht ganz. Aber ich dachte, es würde von selbst wieder verschwinden.«
    Nick warf ihr einen Blick zu, der deutlich ausdrückte, wie dumm er das fand. »Du bist also einfach aufgewacht und …«
    »Nein.« Marla heftete den Blick auf die Heckleuchten eines Minivans, der gerade eine scharfe Kurve nahm, und beschloss, ihm die Wahrheit zu sagen. »Ich bin nicht aufgewacht, weil mir schlecht war. Da war noch etwas.« Sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu und sah, wie er die Finger um das Lenkrad krampfte. »Ich bin aufgewacht, weil ich etwas gehört hatte.«
    »Was denn?«
    Wer A sagt, muss auch B sagen, dachte sie resigniert. »Ich weiß, es klingt völlig verrückt – paranoid –, aber ich bin aufgewacht, weil ich das Gefühl hatte, … ich meine, ich glaubte, jemand wäre im Zimmer. Ein Mann. Er stand vor meinem Bett und sagte etwas wie ›Stirb, Luder!‹.«
    » Was? Herrgott, Marla, ist das dein Ernst?« Nick drehte ruckartig den Kopf und sah sie eindringlich an. Dabei nahm er eine Kurve zu rasant. Die Hinterreifen schleuderten, fanden dann jedoch wieder Halt. »Jemand war in deinem Zimmer?«
    »Ich weiß, ich weiß, es ist verrückt«, sagte sie hastig.

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