Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Swan: Schattenkind (German Edition)

Dark Swan: Schattenkind (German Edition)

Titel: Dark Swan: Schattenkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
Vom Netzwerk:
wollte diese panische Stimme in meinem Kopf nicht verstummen: zu früh, zu früh! Wenn wir die Geburt hinauszögern konnten, dann mussten wir das auch tun, selbst wenn es darauf hinauslief, dass ich wochenlang elendig herumlag. Gesundheitliche Gründe standen ganz oben, klar, aber da war auch noch die schlichte Tatsache, dass ich … na ja, noch nicht ganz bereit war für meinen Nachwuchs.
    Kaum lag ich im Untersuchungsraum, und die Ärztin hatte sich einen Überblick verschafft, da erzählte sie etwas ganz anderes. »Ich fürchte, die beiden kommen, ob Sie nun bereit sind oder nicht«, sagte sie mit ernster Miene. »Ich weiß nicht, was für eine Art Geburt Sie geplant hatten, aber wir werden einen Notkaiserschnitt machen. Die beiden liegen noch falsch. Was ganz normal ist bei Zwillingen, die so früh kommen.«
    Machte sie Witze? Ich hatte überhaupt nichts geplant, erst recht nicht in Sachen Geburt. Meine Ärztin in Ohio hatte ebenfalls mal erwähnt, dass bei Zwillingen oft eine Kaiserschnittentbindung gemacht wurde. Ich hegte Bewunderung für die Effizienz dieser Prozedur, war aber nicht gerade begeistert davon, aufgeschnitten zu werden – oder zusätzliche Zeit für die Wundheilung zu benötigen. Andererseits, hatte ich nicht genau wegen solcher Sachen in der Menschenwelt entbinden wollen? Ich wollte mich in die Hände der modernen Medizin begeben, und moderner als das hier ging ja kaum.
    »Na schön«, sagte ich resolut. Nicht dass ich eine Wahl hatte. »Wenn es das ist, was wir machen müssen, dann los.«
    Danach ging alles ganz schnell. Was auch gut war. So blieb mir wenig Zeit für Befürchtungen; schließlich gab mir ständig jemand Anweisungen oder machte irgendwas mit mir. Ich wurde hektisch in einen Operationssaal verfrachtet, Candace im Kittel neben mir. Ein Anästhesist führte irgendwas in mein Rückenmark ein, und damit verschwand unterhalb meiner Taille alles Gefühl. Ziemlich schräg, um es mal vorsichtig auszudrücken, aber ich war heilfroh, die Wehen nicht mehr so zu spüren.
    Eine Operation hatte ich mir immer so vorgestellt, dass man eine Vollnarkose bekam und irgendwann später wieder aufwachte. Obwohl ich wusste, dass diese Rückenmarksgeschichte ihre Vorteile hatte, beschäftigte mich darum ständig der Gedanke, dass es unnatürlich war, wach zu sein, während man an mir herumschnippelte. Das Ärzteteam stellte auf Höhe meiner Taille einen kleinen Vorhang auf, sodass Candace und ich nicht sehen konnten, was sie taten. Aber fühlen konnte ich es – bloß dass es nicht wehtat. Da war nur der Druck einer Messerklinge, die durch Haut und Muskeln schnitt. Ich verzog das Gesicht.
    »Alles okay?«, fragte Candace besorgt. »Tut es weh?«
    »Nein«, versicherte ich ihr und bemühte mich um eine tapfere Miene. »Es ist nur … komisch.«
    Mich mit Monstern zu prügeln, die mich durch die Gegend pfefferten, bereitete mir weniger Schwierigkeiten, als einem Chirurgen zu erlauben, dass er mich operierte. Ich fragte mich, ob das daher rührte, dass ich schon so lange unter den Feinen gelebt hatte, oder ob es einfach nur zu meinem Wesen gehörte, nicht hilflos irgendjemandem ausgeliefert sein zu wollen.
    Durch den Vorhang und die örtliche Betäubung ließ sich schlecht sagen, wie sie vorankamen. Darum erwischte es mich eiskalt, als eine Schwester sagte: »Da hätten wir schon mal das Mädchen.«
    Sie hob das sich windende Baby hoch, damit ich kurz einen Blick darauf werfen konnte, und mir war schwummeriger, als jedes Medikament mich hätte machen können.
    Ein Mädchen. Meine Tochter. Alles, was ich in den letzten sieben Monaten getan hatte, hatte ich für beide Zwillinge getan, aber Auslöser des Ganzen war meine Tochter gewesen. Kiyo hatte mich immer wieder bedrängt, dass ihr Bruder zu einem schrecklichen Ungeheuer heranwachsen würde, dem man es nicht erlauben durfte, zu leben, aber ich hätte seine Schwester nicht mit über die Klinge springen lassen können. Und da war sie nun. Es war etwas völlig anderes als damals, als ich sie das erste Mal auf dem Ultraschall gesehen hatte.
    Mehr Zeit für philosophische Erwägungen blieb mir nicht, weil sie die Kleine gleich wieder verschwinden ließen. Kurz danach kam ihr Bruder, der mir auf die gleiche knappe Art präsentiert wurde.
    Er gab einen leisen, kläglichen Schrei von sich, und ich versuchte mich zu erinnern, ob das Mädchen auch geschrien hatte. Alles war zu schnell gegangen. Auch ihn bekam ich nur kurz zu sehen, dann wurde er mit den

Weitere Kostenlose Bücher