Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
sagte ich, ohne mich erinnern zu können, dass jemals ich ihn getröstet hätte. »Es war richtig von dir, zu mir zu kommen. Es ist richtig von dir, so zu empfinden. Mir geht es genauso. Es ist schrecklich – das alles.«
Roland tätschelte mir unbeholfen den Rücken, und ich wusste, dass er sich für seine Gefühle schämte. Mit einem weiteren Seufzen trat er zurück und sah mich matt an. »Ja, aber was unternehmen wir deswegen? Ich kann diesen Jungen vertreiben, weißt du. Er schlägt jedes Mal in Tucson zu – wegen der Tore wahrscheinlich – , und ich könnte problemlos ein paar auswärtige Schamanen zusammentrommeln, die mir helfen. Bloß bringt uns ein kleiner Appell an die Vernunft vielleicht weiter.«
»Sehe ich auch so. Besonders, wenn er von mir kommt.« Es war auch besser, als dass Pagiel verbannt wurde. Unglücklicherweise war es leichter gesagt als getan, dass ich an ihn appellierte. »Ich muss zurück.«
»Eugenie – «
»Ich krieg das hin«, sagte ich mehr zu mir als zu ihm. »Dann zeige ich mich zwar, aber das wäre es wert – zumal ich ja nicht mehr schwanger bin. Aber die Sache ist die: Wenn ich hier weggehe und wieder auf der Bildfläche erscheine … « Nun kam sie, die schreckliche Wahrheit, die in mir aufgestiegen war, seit Roland von der Plage erzählt hatte. »Wenn ich nach Tucson fahre, kann ich auch gleich in die Anderswelt wechseln, wo ich schon einmal dabei bin. Sobald ich aus der Deckung auftauche, stehe ich wieder im Freien. Wenn es irgendeine Möglichkeit gibt, mein Volk zu retten – und die anderen Völker auch – , dann sollte ich das auch machen.«
Ihm war anzusehen, dass er sich das auch schon überlegt hatte, aber dass es ihm ganz und gar nicht gefiel. »Sie haben gerade wirklich anderes zu tun«, sagte er. »Deine Feinde. Sie würden dich wahrscheinlich in Ruhe lassen. Hauptsache, du kannst ihnen helfen.«
Ich nickte. »Ich weiß. Um mich mache ich mir auch gar keine Sorgen. Sondern um sie .«
»Die Zwillinge.«
Ich nickte erneut.
Seine Antwort ließ eine Weile auf sich warten. »Na ja, es ist ja so: Wir können dich hier rausschaffen, ohne dass irgendjemand in der Anderswelt mitbekommt, wo du gewesen bist. Und das bedeutet, dass auch niemand mitbekommt, wo die Zwillinge sind. Sie werden sicher sein.«
»Ich weiß«, sagte ich.
»Ja, und … ?«
In meinem Bauch sackte irgendetwas durch. »Ich möchte sie nicht verlassen, und ich könnte mich dann weder melden noch auf den neuesten Stand bringen lassen. Und wenn ich in die Anderswelt überwechsle … na ja, du weißt ja, wie das läuft. Man kann nicht sagen, für wie lange ich dann weg bin.« Als ich das erste Mal in der Anderswelt gewesen war, hatte es nur ein kleiner spätabendlicher Abstecher sein sollen. Aber die Sache war ausgeufert, und am Ende hatte ich das Dornenland am Hals gehabt. »Ich will nicht von ihnen getrennt sein. Ich weiß, dass es albern ist. Sie wissen wahrscheinlich nicht mal, dass es mich gibt, aber ich kann nicht anders. Ich empfinde da einfach nur … «
»Wie eine Mutter«, sagte er. Er legte wieder seinen Arm um mich. Anscheinend fiel es ihm leichter, selbst derjenige zu sein, der tröstete.
»Das ist es wohl«, gab ich zu. »Ich hatte nicht gedacht, dass das passieren würde. Ich habe diese ganzen Monate lang Angst vor ihnen gehabt, Angst vor dem, was mit meinem Körper passiert … und jetzt, wo sie da sind, weiß ich gar nicht, wie ich je ohne sie sein konnte. Wie ich eben sagte, es ist albern … zumal ich sie kaum einmal berühren durfte.«
»Es ist überhaupt nicht albern.« Einige Sekunden lang sagte er nichts. »Du musst das nicht machen, weißt du. Es ist eine Katastrophe, aber niemand erwartet von dir, dass du dich darum kümmerst.«
»Ich aber schon. Das sind meine Mitmenschen – in der Anderswelt genauso wie in Tucson. Wie könnte ich sie ignorieren und dann versuchen, meinen Kindern beizubringen, was richtig ist? Ich würde immer wissen, dass ich alle anderen im Stich gelassen habe. Wobei mein Versagen natürlich kaum ein Geheimnis bleiben wird, wenn die Feinen anfangen, regelmäßig bei uns auf Diebeszug zu gehen.« Ich lachte, obwohl es gar nicht lustig war. Ich lehnte meinen Kopf an seine Brust, wie ich es früher als kleines Mädchen getan hatte. »Ich muss das machen. Isaac und Ivy wird schon nichts passieren. Niemand weiß, dass sie hier sind, und Candace und Charles haben genug Liebe für Fünflinge. Wenn die Zwillinge entlassen werden, bevor ich zurückkomme,
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