Dark Village 02 - Dreht euch nicht um
rastlos von einem Bein aufs andere. „Los, lasst uns gehen“, sagte sie.
Die anderen sahen sie an. Sie wirkten überrascht. Vielleicht reagierten sie auf die Gereiztheit in ihrer Stimme.
Vilde versuchte, sich zusammenzureißen. Sie holte tief Luft. „Sie kommt nicht mehr.“
„Zwei Minuten können wir doch noch warten“, sagte Nora.
„Sie kommt nicht mehr!“, sagte Vilde leise. „ Trust me. Sinn los, hier rumzustehen.“„Hast du doch mit ihr gesprochen?“, fragte Nora.
„Mann, echt jetzt!“ Vilde hatte genug. „Du und dein Wer-hat- mit-wem-geredet-Gelaber! Wir müssen doch nicht dauernd miteinander quasseln!“ Sie drehte sich um und ging.
Zur Hölle mit denen! Zur Hölle mit allem! Vilde hatte am Abend zuvor tatsächlich mit Trine geredet. Viel hatten sie nicht miteinander gesprochen, aber das Telefonat hatte sich trotzdem eine Ewigkeit hingezogen.
Pausen, lange Pausen. Die Luft in der Leitung hatte gebrannt, das Ganze war peinlich wie sonst was gewesen. Und ab und zu war ein Seufzer gekommen, tief und resigniert: Oh Mann, das ist alles so was von daneben. Vilde war diejenige gewesen, die angerufen hatte.
„Können wir reden?“, wollte sie wissen.
„Und worüber?“, fragte Trine.
„Ma-ann“, sagte Vilde.
„Was willst du?“, zischte Trine.
„Das weißt du doch.“
„Nein.“
„Ach komm“, seufzte Vilde. „Jetzt sei doch nicht so.“
„Ich bin, wie ich will.“
„Trine.“
„Du entscheidest nicht darüber, wie ich bin.“
„Du übertreibst mal wieder maßlos.“
„Sagst du .“
„Trine … Bist du krank oder was?“
„Nein.“
„Du warst nicht in der Schule.“
„Keine Lust.“
„Wir müssen der Viksveen was sagen. Wir müssen ihr eine Antwort geben. Morgen.“
„Ich muss gar nichts.“
„Und wenn sie uns verrät? Wenn sie es überall rumerzählt?“
„Mir doch scheißegal.“
„Scheißegal? Wenn sie allen Leuten erzählt, dass wir wild geknutscht haben? Wenn es alle erfahren? Das ist dir scheiß egal?“
„Keine Ahnung, wovon du redest“, sagte Trine und legte ein fach auf.
Vilde saß da und starrte ihr Handy an. Keine Ahnung, wovon du redest?!? Sie konnte es nicht glauben.
Trine tat so, als wäre überhaupt nichts gewesen! Ist mir scheiß egal …
Vilde musste an eine Szene in einem Film denken, den sie mal gesehen hatte: ein Mädchen, das die Augen fest zumachte, sich die Ohren zuhielt und rief: „Life is perfect! Life is perfect! Life is perfect!“ Während die Welt um sie herum unterging …
Vilde sank auf dem Bett zurück. Wenn sie lange genug liegen blieb, wenn sie Ruhe fand, würde es sich vielleicht nicht mehr so beschissen anfühlen.
Aber es brachte nichts. Außer, dass sie wütend wurde. Immer wütender. Mit jeder Sekunde wurde das Gefühl stärker! Aber sie war nicht wütend auf Synnøve Viksveen – sondern auf Trine.
Wie konnte sie so tun, als sei nichts gewesen? Wie konnte sie mit einem Schulterzucken abtun, was zwischen ihnen gesche hen war, was immer noch war?!?
Denn nichts von dem war weg, nicht wirklich. Sie waren er wischt worden und sie hatten sich gestritten, aber das änderte überhaupt nichts, rein gar nichts. Sie hatten eben Lust aufein ander.
Auch wenn Trine die Augen davor verschließen wollte – sie hätten im Wald beinahe miteinander geschlafen, und es war schön gewesen!
Das ist einfach so , dachte Vilde. WIR sind einfach so. Trine traut sich bloß nicht, es zuzugeben.
Das war bitter, das war unglaublich mies. Denn jetzt blieb Viksveens Forderung an ihr hängen. Vilde musste sich opfern, damit Trines heile Welt nicht in tausend Scherben zersprang …
Der Teufel soll dich holen, Trine! Dich als Allererste! Vilde spürte den Druck im Kopf, hinter den Augen. Aber sie hatte nicht vor zu heulen. No way.
„Du hast doch was“, sagte Benedicte hinter ihr. „Ich seh’s dir an. Irgendwas ist mit dir.“
Vilde drehte den Kopf zur Seite und stellte erleichtert fest, dass Benedicte Nora meinte.
„Mit mir?“, erwiderte Nora überrascht. „Nein, was soll sein?“
„Ich weiß es einfach. Du bist irgendwie anders. Genau jetzt.“
„Nein“, sagte Nora.
„Doch“, lachte Benedicte.
„Anders? Anders als was?“
„Anders … als vorher, als sonst.“
Nora ging schneller. „Quatsch.“
Ja, hör auf , dachte Vilde. Lass gut sein, Benedicte, bevor es zu peinlich wird.
„Jetzt wirst du auch noch rot!“, rief Benedicte ihr nach.
„Lass sie in Ruhe“, mischte sich Vilde ein.
„Das ist so typisch“,
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