Darkover 02 - Herrin der Stuerme
daß die Pflicht einer Gattin darin besteht, sich um das Wohlergehen jedes Kindes zu kümmern, das ihr Gatte zeugt. Dorilys wird jede Pflicht, die einer Gattin angemessen ist, gerne erfüllen.«
»Vielleicht hast du recht«, sagte Renata. Sie erinnerte sich daran, wie stolz Dorilys – die Näharbeiten ansonsten haßte – ein Feiertagshemd für Donal bestickt hatte.
Donal erinnerte sich, daß er dabei gewesen war – gerade zehn Jahre alt geworden –, wie Dom Mikhail Lady Deonora darüber informiert hatte, daß Aliciane von Rockraven mit seinem Kind schwanger sei. Deonara war aufgestanden, hatte Aliciane vor allen Haushaltsmitgliedern umarmt, sie von der Frauentafel zur Empore geführt und mit ihr aus dem selben Glas einen Schluck Wein getrunken – als Zeichen, daß sie das künftige Kind annahm. Renata lachte nervös, als sie sich vorstellte, dieses Zeremoniell mit Dorilys zu wiederholen.
»Du hattest sie doch immer sehr gern«, drängte Donal, »und ich glaube nicht, daß sie das vergessen hat. Und noch eins sollten wir bedenken: Dorilys ist zwar impulsiv und heftigen Launen unterworfen, aber sie ist sich durchaus ihrer Würde als Lady Aldaran bewußt. Wenn man sie einmal zwingt, bei einer formellen Gelegenheit wie dieser höflich zu dir zu sein, wird sie sich daran erinnern, wie freundlich du zu ihr gewesen bist. Nichts würde mich mehr freuen, als euch wieder versöhnt zu sehen. Sie wird wissen, daß ich sie liebe, achte und mich immer um sie kümmern werde. Ich werde ihr sogar ein Kind geben, wenn sie es wünscht. Aber sie muß wissen, was sie von mir zu erwarten hat – und was nicht.«
Renata seufzte und ergriff seine Hände.
»Wie du willst, Liebster«, sagte sie. »Ich kann dir nichts abschlagen.« Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, als ich stolz darauf war, Cassandra Aillard zu sagen, nicht zu wissen, wie es ist, einen Mann zu lieben, und mein eigenes Urteil seinem Willen zu unterwerfen. Erleben das früher oder später alle Frauen? Und ich habe gewagt, sie dafür zu verurteilen!
Später am Abend, als Donal sie an der Tür zur Festhalle traf und sie zu ihrem Platz an der Frauentafel führte, dachte Renata, sie könne es ebensogut vor allen versammelten Haushaltsmitgliedern der Burg laut herausschreien. Es war ihr gleichgültig. Hätte alles seinen gerechten Gang genommen, wären sie und Donal zur Mittwinternacht verheiratet gewesen und trügen jetzt die Catenas. Aber Aldaran hatte Donal eine andere Ehe aufgezwungen. Dennoch würde sie nicht die erste und nicht die letzte Frau sein, die sich an einen Geliebten klammerte, der eine Zweckehe mit einer anderen eingegangen war.
Sie beobachtete Donal, als er seinen Platz auf der Empore einnahm. Selbst in den alten Rauhleder-Reithosen und dem verblichenen Wams, das er während der Belagerung getragen hatte, war er hübsch gewesen. Aber jetzt hatte er prächtige Kleidungsstücke angelegt: Feuersteine hingen blitzend an seinem Hals und ein juwelenbesetztes Schwert an seiner Seite. Donals Haar war gelockt, an seinen Fingern funkelten Ringe. Er sah stattlich und fürstlich aus. Dom Mikhail, in einem langen, pelzbesetzten, dunkelgrünen Umhang mit weiten Ärmeln und einem juwelenbesetzten Gürtel gekleidet, wirkte stolz, aber auch gütig. Dorilys’ Sessel war leer und Renata fragte sich, ob sie immer noch schlief. Zweifellos würde der Schlaf ihr besser bekommen als die Feier. Neben Donal und Lord Aldaran saßen als ranghohe Ehrengäste nur Allart und Cassandra an der Tafel, und die Leronis Margali, die von hohem Adel und Dorilys’ Pflegemutter war. Unter normalen Umständen hätte Renata als Dorilys’ Gefährtin und Lehrerin selbst dort sitzen müssen, ebenso wie der Coridom oder Gutsverwalter, der Erste Haushofmeister, der Erste Kastellan, und drei oder vier offizielle Vertreter von Burg Aldaran. Aber bei formellen Festen wie diesen wurden nur die engsten Familienmitglieder und Gäste, die Lord Aldaran gleich- oder höhergestellt waren, auf der Empore plaziert. Die Edlen und Hofbeamten saßen entweder an der Frauentafel, wo Renata mit Lady Elisa und den anderen Hofdamen saß, oder mit den Rittern und anderen wichtigen Männern der Burg zusammen.
Die untere Halle war mit den Rangniederen, Soldaten, Gardisten, Dienern bis hin zu den Stallburschen und Melkerinnen gefüllt.
»Warum schaust du so auf Dorilys’ leeren Sessel?« fragte Cassandra. »Einen Augenblick glaubte ich, sie würde dort sitzen«, murmelte Allart beunruhigt. Er hatte das merkwürdige
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