Darkover 02 - Herrin der Stuerme
machen –, ließ er sich überreden, zu trinken und mit jungen Mädchen zu tanzen, die offensichtlich so wenig mit seiner Zukunft zu tun hatten, daß ihre Gesichter beständig eines blieben und nicht von den sich überschneidenden Wahrscheinlichkeiten des Laran verändert wurden. Er sah Cassandra erst wieder, als Damon-Rafaels Frau Cassilde und ihre Cousine sie aus der Halle zur traditionellen Gute-Nacht-Zeremonie führten.
Der Brauch verlangte, daß die Braut und der Mann in der Gegenwart der versammelten Edlen zu Bett gebracht wurden, als Beweis, daß die Eheschließung gebührend vollzogen worden war. Allart hatte in Nevarsin gelesen, daß es kurz nach der Einführung der Heirat zu Zwecken der Vererbung eine Zeit gegeben hatte, in der auch der öffentliche Verkehr üblich gewesen war. Glücklicherweise wußte er, daß das nicht von ihm gefordert wurde. Es war ihm ohnehin unklar, wie jemand das hatte schaffen können.
Es dauerte nicht mehr lange, und sie führten ihn im Tumult der üblichen Scherze zu seiner Braut. Der Brauch verlangte ebenfalls, daß das Nachtgewand einer Braut offenherziger war als alles, was sie je zuvor getragen hatte – oder danach tragen würde. Das hatte den Zweck, dachte Allart sarkastisch, daß alle sehen konnten, daß sie keinen verborgenen Makel besaß, der ihren Wert als Zuchtobjekt beeinträchtigen könnte. Mögen die Götter geben, daß man sie nicht mit Drogen willfährig gemacht hat… Aufmerksam sah er sie an, und versuchte zu erkennen, ob ihre Pupillen durch Drogenanwendung geweitet waren oder ob man ihr Aphrodisiaka eingegeben hatte. Er nahm an, daß dies für ein Mädchen, das sich gegen einen völlig Fremden sträubte, barmherzig war; niemand, vermutete Allart, konnte das Herz besitzen, ein verängstigtes Mädchen zur Unterwerfung zu zwingen.
Und wieder einander widersprechende Zukunftsvisionen, gegensätzliche Möglichkeiten und Bindungen, die sich in seinem Geist zusammen mit Bildern der Begierde sammelten, und die anderen Möglichkeiten, die sie tot in seinen Armen liegend zeigten, verdrängen wollten. Was hatte Damon-Rafael gesagt? Daß alle ihre Schwestern bei der Geburt ihres ersten Kindes gestorben waren …
Mit einem Chor von Glückwünschen zogen die Verwandten sich zurück und ließen sie allein. Allart stand auf und warf den Riegel des Schlosses nach unten. Als er zurückkam, sah er die Furcht in ihrem Gesicht und die tapfere Anstrengung, sie zu verbergen.
Fürchtet sie, daß ich wie ein wildes Tier über sie herfalle? Laut sagte er: »Haben sie dich mit Aphrosone oder einem anderen Trank betäubt?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe es abgelehnt. Meine Pflegemutter wollte, daß ich es trinke, aber ich habe ihr gesagt, daß ich keine Angst vor dir habe.«
Allart fragte: »Warum zitterst du dann?«
Mit dem Anflug von Gewitztheit, den er schon vorher an ihr bemerkt hatte, sagte sie: »In diesem Gewand, das mich halbnackt läßt, und auf dem sie bestanden haben, ist mir kalt.«
Allart lachte. »Es scheint, daß ich nur besser dran bin, weil ich einen Pelz trage. Bedeck dich damit. Das Gewand wäre nicht nötig gewesen, um meine Begierde zu wecken – aber ich vergaß, daß du Komplimente und Schmeicheleien nicht magst.« Er trat näher und setzte sich auf den Rand des Bettes. »Darf ich dir etwas Wein einschenken, Domna?« »Danke.« Sie nahm das Glas, und als sie daran nippte, sah er die Farbe in ihr Gesicht zurückkehren. Dankbar zog sie den Fellumhang über die Schultern. Er schenkte sich auch etwas ein, und während er den Stiel des Kelchs zwischen den Fingern drehte, versuchte er darüber nachzudenken, wie er das, was gesagt werden mußte, sagen konnte, ohne sie zu beleidigen. Erneut drohten die vielfältigen Entwicklungen und Möglichkeiten, ihn zu überwältigen. Er sah sich seine eigenen Skrupel ignorieren, sie mit der ganzen aufgestauten Leidenschaft seines Lebens in die Arme nehmen. Wie sie mit Leidenschaft und Liebe zum Leben erwachte, die gemeinsamen Jahre voller Freude … Und dann wieder das Gesicht einer anderen Frau, goldbraun und lachend, von dichtem, kupferfarbenem Haar umgeben. Auf verwirrende Weise ließ es das Gesicht der Frau und die Situation vor ihm verschwimmen …
»Cassandra«, sagte er, »hast du diese Heirat gewollt?«
Sie sah ihn nicht an. »Ich bin durch diese Heirat geehrt. Wir wurden miteinander verlobt, als ich zu jung war, um mich noch daran zu erinnern. Für dich muß es anders sein, du bist ein Mann und hast die Möglichkeit
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