Darkover 03 - Herrin der Falken
Weise trainiere ich sie. Ich gewinne ihre Liebe und ihr Vertrauen, und sie tun nach meinem Willen.«
Jandria seufzte. »Wir brauchen dein Laran, und doch ist es mir unlieb, es so zu benutzen, Kind.« Sie strich Romilly über das weiche Haar. »Als Orain dich zu uns brachte, erwähnte er, du könntest mit Kundschaftervögeln umgehen. Ich soll dich in Carolins Lager bringen, damit du einem neuen Pfleger zeigst, wie er sie behandeln muß. Geh und zieh dich zum Reiten um, mein Liebes.«
»Zum Reiten? Was habe ich deiner Meinung nach den ganzen Vormittag getan?« lachte Romilly.
»Aber nicht draußen«, stellte Jandria mit Nachdruck fest. Plötzlich sah sich Romilly mit Jannis Augen: In dem zerzausten Haar hingen Stückchen von Strohhalmen, die lose Jacke war aufgeknöpft, weil es heiß war und sie schwitzte, und der Ansatz ihrer Brüste war zu sehen. Sie hatte eine geflickte und zu enge Hose aus der Truhe mit den alten Sachen an, die die Schwesternschaft für Arbeiten auf dem eigenen Grundstück aufhob. Romilly errötete und kicherte.
»Dann will ich mich umziehen. Ich brauche nur eine Minute.«
Sie wusch sich schnell an der Pumpe, rannte in das Zimmer, das sie jetzt mit Clea und Betta teilte, und kämmte ihr wirres Haar. Sie schlüpfte in ihre eigene Hose und eine saubere Unterjacke, zog die rote Jacke der Schwesternschaft über den Kopf und gürtete sie mit ihrem Dolch. Nun sah sie nicht wie eine Frau in Männerkleidung und auch nicht wie ein Straßenjunge aus, sondern wie ein Mitglied der Schwesternschaft, eine berufsmäßige Schwertfrau, eine Soldatin für Carolins Armee. Sie konnte nicht ganz glauben, daß sie das in dieser formellen Kleidung war. Doch sie war es.
Jandria lächelte beifällig, als Romilly zurückkehrte. Auch Janni trug die rote Jacke einer Schwertfrau, ein Schwert am Gürtel und einen Dolch an der Kehle. Das kleine Abzeichen schimmerte in ihrem linken Ohr. Seite an Seite verließen die beiden Schwertfrauen die Tore ihres Hauses und ritten auf die Stadtmauer von Serrais zu.
4.
Jetzt konnte Romilly sich das Lager von Carolins Männern genauer ansehen. Das silbern und blaue Tannenbanner der Hasturs flatterte über dem in der Mitte gelegenen Zelt, das entweder die Unterkunft des Königs selbst oder das Hauptquartier seines Stabes sein mußte. Sie ritten vorbei an ordentlichen Stallreihen, an einem Kochhaus, wo Armeeköche ein lecker duftendes Gericht zubereiteten, und an einem mit Seilen abgetrennten Feld. Dort gab eine Schwertfrau, die Romilly nur flüchtig kannte, einer Gruppe von unrasierten Rekruten Unterricht im waffenlosen Kampf. Einige der jungen Männer sahen ärgerlich und verdrießlich aus. Romilly konnte sich denken, daß es ihnen nicht gefiel, von einer Frau ausgebildet zu werden. Andere, die sich Beulen und blaue Flecken rieben, die von Würfen und Stürzen herrührten, paßten mit großem Ernst auf. Vor dem Zentrum des Lagers hielt ein Posten Wache. Er rief sie an. Jandria salutierte vorschriftsmäßig. »Schwertfrau Jandria und Lehrling Romilly«, sagte sie. »Ich suche den Lord Orain, der nach mir geschickt hat.« Romilly versuchte, sich ganz klein zu machen, denn sie fürchtete, der Wachposten werde höhnisch oder unhöflich antworten. Aber er erwiderte nur den militärischen Gruß und rief seinen Boten, einen Jungen etwa in Romillys Alter, der Lord Orain Bescheid geben sollte.
Romilly hätte die hochgewachsene, hagere Gestalt, das scharfgeschnittene Kinn überall wiedererkannt. Allerdings war er heute in die eleganten Hastur-Farben gekleidet und trug ein juwelenbesetztes Wehrgehänge und ein prachtvolles Schwert. Wenn sie ihn so das erste Mal gesehen hätte, dachte Romilly, hätte sie vor Ehrfurcht nicht sprechen können. Er verbeugte sich zeremoniell vor den Frauen. Seine Stimme hatte den Akzent eines Edelmannes ohne eine Spur von dem rauhen ländlichen Dialekt.
»Mastra’in, es ist freundlich von Euch, auf meine Bitte hin so schnell zu kommen«, sagte er, und Jandria erwiderte ebenso steif, es sei ihr eine Freude, ihre Pflicht dem König gegenüber zu erfüllen.
Etwas weniger förmlich fuhr Orain fort: »Mir fiel ein, daß Romilly sich nicht nur mit Falken, sondern auch mit Kundschaftervögeln auskennt. Wir haben aus Tramontana einen laranzu mitgenommen, der jedoch keine Erfahrung mit Kundschaftervögeln hat, und diese kennt Ihr, Damisela. Seid ihr bereit, unsern laranzu in der Kunst zu unterrichten?«
»Das will ich gern tun, Lord Orain.« Dann platzte sie heraus:
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