Darkover 03 - Herrin der Falken
»Aber nur, wenn Ihr aufhört, mich in diesem Ton Damisela zu nennen!«
Eine ungleichmäßige Röte breitete sich über Orains langes Gesicht aus. Er vermied ihren Blick. »Es tut mir leid, Romilly. Hier entlang, bitte.«
Romilly folgte Jandria und Orain, die Arm in Arm gingen. Jandria erkundigte sich: »Wie geht es Ihm?«
Orain zuckte die Schultern. »Wegen der Neuigkeiten, die du vorausgeschickt hast, schon besser, meine Liebe. Hast du Lyondri von Angesicht zu Angesicht gesehen?«
Romilly bemerkte Jandrias verneinende Kopfbewegung. »Als der Augenblick kam, war ich zu feige; ich habe Romilly an meiner Stelle geschickt. Wenn ich ihm damals gegenübergetreten wäre –« Sie brach ab. »Ich weiß nicht, ob du letztes Jahr jene Dörfer entlang der alten Nordstraße gesehen hast. Immer noch verseucht, sie alle…« Sie erschauerte; Romilly konnte es noch von fern erkennen. »Ich bin froh, daß ich eine ehrliche Schwertfrau und keine Leronis bin! Wenn ich hätte mitwirken müssen, das gute Land zu vergiften, wüßte ich nicht, wie ich jemals wieder meine Augen zum reinen Himmel hätte aufschlagen sollen!«
War das, überlegte Romilly, der Grund, warum der MacAran in Fehde mit den Türmen lag, warum Ruyven hatte weglaufen müssen, warum er damals der Leronis nicht erlaubt hatte, Romilly und Mallina auf Laran zu testen? Ein Laran-Krieg, so wenig sie noch davon gesehen hatte, war grauenhaft. Orain gab ernst zurück: »Carolin sagt, er wird diese Waffen nicht einsetzen, solange er nicht damit angegriffen wird. Aber wenn Rakhal laranzu’in gegen unsere Armee führt, dann bleibt Carolin nichts anderes übrig. Das weißt du ebensogut wie ich, Janni.« Er seufzte. »Du mußt ihm berichten, was du in Hali erfahren hast, obwohl die Nachricht ihm Kummer bereiten wird. Romilly kann inzwischen…«, er drehte sich um und betrachtete sie lange. »Die Quartiere der Vogelpfleger sind dort drüben. Der Meister und sein Lehrling bewohnen das Zelt da, und zweifellos wirst du sie beide dahinter finden. Komm mit mir, Janni.«
Jandria und Orain gingen Arm in Arm auf das zentrale Zelt zu, wo das Banner flatterte, und Romilly schlug die ihr gewiesene Richtung ein. Ihr war ängstlich zumute. Wie sollte sie mit einem fremden Laranzu reden? Dann straffte sich ihr Rücken, und sie richtete sich stolz auf. Sie war eine MacAran, eine Schwertfrau und eine Falkenmeisterin; sie brauchte sich vor niemandem zu fürchten. Man hatte sie um ihre Hilfe gebeten, nicht umgekehrt. Hinter dem Zelt sah sie einen etwa dreizehnjährigen Jungen in derber Kleidung mit einem großen Korb, und wenn sie ihn nicht gesehen hätte, hätte sie ihn gerochen, denn er stank nach Aas. Auf schweren Recks sah sie drei vertraute, schön-häßliche Gestalten sitzen, und sie eilte lachend zu ihnen.
»Diligentia! Prudentia, Liebling!« Sie streckte die Hände aus, und die Vögel nickten mit den Köpfen. Sie erkannten sie wieder, der alte Rapport stellte sich her. »Und wo ist Temperentia? Ah, da bist du ja, du Schöne!«
»Geht nicht zu nahe an sie heran«, erklang eine Stimme hinter ihr, die ihr irgendwie bekannt vorkam. »Diese Kreaturen können Euch die Augen aushacken. Der Lehrling hier hat gestern einen Fingernagel eingebüßt.«
Sie drehte sich um und sah einen schlanken, bärtigen Mann in einer dunklen Kutte, die denen der Mönche in Nevarsin nicht unähnlich war. Er sah finster auf sie nieder. Dann schien es ihr, das fremde, bärtige Gesicht löse sich auf, denn sie erkannte die Stimme und rief ungläubig:
»Ruyven! Oh, ich hätte es mir denken können, als man mir sagte, es sei ein Laranzu aus Tramontana da. Ruyven, erkennst du mich nicht?«
Sie lachte und weinte gleichzeitig, und Ruyven starrte sie mit offenem Mund an.
»Romy«, brachte er endlich heraus. »Schwester, du bist der letzte Mensch auf der Welt, den ich hier zu sehen erwartet hätte! Und in dieser Tracht…« Er musterte sie von oben bis unten und errötete hinter dem ungewohnten Bart. »Was machst du? Wie bist du…«
»Ich bin hergeschickt worden, mich um die Vögel zu kümmern, Dummer«, sagte sie. »Ich habe sie den ganzen Weg vom Vorgebirge der Hellers bis nach Nevarsin und von Nevarsin nach Caer Donn gebracht. Siehst du, sie kennen mich.« Sie zeigte auf die Vögel, und diese gaben leise, glucksende Laute der Freude und der Bestätigung von sich. »Aber was machst denn du hier?«
»Dasselbe wie du«, antwortete er. »Lord Orains Sohn und ich sind bredin; er schickte mir eine Nachricht, und
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