Darkover 03 - Herrin der Falken
begabt?«
»Ich habe Talent für die Arbeit mit Tieren«, erwiderte Romilly.
»Ich weiß nicht, ob das Laran oder etwas anderes ist.« Sie wollte nicht mit der distanzierten Ehrerbietung behandelt werden, die man den Leroni entgegenbrachte. Nach dem Essen traf sie sich wieder mit Ruyven beim Zelt der Vogelpfleger, und am Ende des Tages ging er mit den Vögeln ebenso ungezwungen um wie sie selbst.
Es wurde dunkel. Sie setzten die Vögel auf ihre Blocks, um sie in ihren Zeltunterstand zu tragen. Da blickte Ruyven auf. »König Carolins rechte Hand«, bemerkte er kurz. »Carolin selbst bekommen wir selten zu sehen; immer spricht Lord Orain für ihn. Du kennst ihn, wie ich gehört habe.«
»Ich bin monatelang mit ihm gereist, aber man hielt mich für einen Jungen«, sagte Romilly, ohne etwas zu erläutern. Orain trat zu ihnen, ignorierte Romilly und erkundigte sich bei Ruy
ven: »Wann können die Vögel eingesetzt werden?«
»In zehn Tagen vielleicht.«
»Und Derek ist noch nicht eingetroffen«, stellte Orain düster fest. »Meint Ihr, Ihr könntet die Leronis überreden?«
Ruyven erklärte: »Das Schlachtfeld ist kein Ort für Lady Maura. Dazu kommt, daß sie mit Lyondri verwandt ist. Sie ist bereit, die Vögel zu betreuen, aber ich mußte ihr versprechen, daß von ihr nicht verlangt wird, gegen Lyondri zu kämpfen. Das mache ich ihr nicht zum Vorwurf; in diesem Krieg, der Bruder gegen Bruder, Vater gegen Sohn kämpfen läßt, ist kein Platz für eine Frau.«
Orain meinte mit seinem trockenen Lächeln: »Auch nicht für einen Mann. Aber die Welt wird gehen, wie sie will, nicht wie Ihr oder ich es haben wollen. Ich habe diesen Krieg nicht angefangen, auch Carolin hat es nicht getan. Trotzdem, ich achte Lady Mauras Gefühle. Deshalb brauchen wir jemand anders, der die Kundschaftervögel fliegen läßt. Romilly«, er sah auf sie nieder, und für einen Augenblick lag eine Spur der alten Wärme in seiner Stimme. »Willst du sie für Carolin fliegen lassen, mein Mädchen?«
Er kann also, wenn er etwas von mir will, halbwegs höflich sein, sogar zu einer Frau? Der Zorn ließ sie kühl antworten:
»Darüber müßt Ihr mit meinen Vorgesetzten in der Schwesternschaft sprechen, vai dom. Ich bin erst Lehrling und kann nicht bestimmen, was ich tun will.«
»Oh, ich glaube, Jandria wird uns deswegen keinen Ärger machen«, lächelte Orain. »Die Schwesternschaft wird uns dich ausleihen, da habe ich gar keine Sorge.«
Romilly verbeugte sich stumm. Sie dachte: Nicht, wenn ich etwas dabei zu sagen habe.
Im Licht der untergehenden Sonne ritten sie in die Stadt zurück. Der Himmel war klar und wolkenlos. Romilly hatte nie aufgehört, die abendlichen Regen-oder Graupelschauer der Berge zu vermissen. Das Land hier kam ihr immer noch trokken, ausgedörrt, unwirtlich vor. Jandria machte Versuche, über die Armee und die Landschaft zu plaudern. Sie zeigte Romilly das Große Haus von Serrais auf einer kleinen Erhöhung, wo die Hastur-Sippe sich niedergelassen hatte wie in Thendara und Hali und Aldaran und Carcosa in den Bergen. Aber Romilly blieb einsilbig und war in ihre eigenen Gedanken versunken.
Ruyven ist nicht mehr der Bruder, den ich kannte. Wir können freundlich miteinander sein, aber unsere alte Verbundenheit ist für immer verschwunden. Ich hatte gehofft, er werde mich verstehen, die Konflikte verstehen, die mich von Falkenhof wegtrieben – sie gleichen seinen eigenen Beweggründen. Früher konnte er mich einfach als Romilly sehen, nicht als seine kleine Schwester. Heute… heute sieht er nichts anderes mehr, als daß ich eine Schwertfrau, eine Falkenmeisterin geworden bin. Sonst nichts.
Als ich Falkenhof verloren hatte, Vater, Mutter, Heimat – da dachte ich, wenn ich Ruyven wiederfände, würde es zwischen uns so sein wie damals, als wir Kinder waren. Nun ist auch Ruyven für immer von mir gegangen. Ich habe nichts mehr, nichts als einen Falken und meine Geschicklichkeit mit dem Schwert und mit den Tieren. Im Haus der Schwesternschaft war das Abendessen längst vorbei. Einige der Frauen besorgte ihnen etwas zu essen aus der Küche. Schweigend suchten sie ihre Betten auf. Auch Jandria gab sich Gedanken hin, die, wie Romilly sich sagte, ebenso bitter wie ihre eigenen sein mußten.
Verdammt sei dieser Krieg! Ja, das ist es, was Ruyven gesagt hat, und Orain auch. Vielleicht hat Vater doch recht gehabt. Was kommt es darauf an, welcher große Schurke auf dem Thron sitzt oder welcher größere Schurke ihn
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