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Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya

Titel: Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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berührten hartes Metall - den Dolch.
    Die Spitze war so stumpf wie immer, eine Klinge, die man für sicher genug gehalten hatte, um sie einem Knaben zum Üben zu geben.
    Coryn stöberte in der Truhe, bis er die Seifenholzschachtel fand. Auch das Beutelchen mit Flussopalen war da, ebenso das Reisigspielzeug, aber kein Taschentuch.
    Coryns Magen wurde schwer wie ein Stein. Er begann zu zittern - ein Schaudern bis in die Knochen hinein, wie das eines Menschen, der tödlicher Kälte ausgesetzt ist.
    Seine Hände bewegten sich aus eigenem Antrieb und schoben den übrigen Inhalt der Truhe zur Seite. Er nahm einen Teil vom Zaumzeug seines ersten Ponys heraus, in ein Stück Reitdecke des Tieres eingeschlagen, die Weste aus puterrotem Leder, vom Alter brüchig geworden, die Eddard an ihn weitergereicht hatte. Und da, in den hintersten Winkel gestopft, sah er etwas Weißes…
    Er zog das Taschentuch mit dem kleinen aufgestickten Kirschmuster heraus und strich es glatt. Der Stoff, schon zu Beginn sehr fein, war jetzt an manchen Stellen zerschlissen und verlieh ihm das Gewicht und das Gefühl von Gaze. Was war nur in ihn gefahren, dass er es so achtlos zerknüllt hatte?
    Egal, es war da. Alles war da. Der Albtraum von gestern Abend war genau das gewesen, eine Fieberfantasie, geboren aus zu viel Wein nach der Anspannung so vieler Tage mit Feuersbrünsten.
    Außerdem hatte er an der Schwellenkrankheit gelitten, wie Dom Rumail es nannte. Kein Wunder, dass er schlecht geträumt hatte.
    Jetzt, da er das Taschentuch sicher in Händen hielt, ergab alles wieder einen Sinn.
    An der Tür klopfte es - eher ein Mäusescharren als ein echtes Klopfen. Er verstaute das Taschentuch in der Seifenholzschachtel und rappelte sich mit wie wahnsinnig hämmerndem Herzen auf, gerade als die Tür aufschwang. Kristlin streckte den Kopf herein.
    »Kannst du nicht warten, bis ich dir sage, dass du eintreten darfst?« Coryn errötete in dem Bewusstsein, dass er im Nachthemd dastand, die Beine nackt bis zu den Knien. Dann sah er ihr Gesicht und verstummte.
    Kristlins Wangen waren blass wie Milch, bis auf zwei lebhafte Farbflecken und blutrote Ringe unter den verquollenen Augen.
    Auch heute trug sie, wie seit Ausbruch des Feuers, die Reithose eines Knaben, diesmal eine recht saubere, mit Flicken auf Knien und Gesäß, und ein Hemd, das zwei Nummern zu groß für sie war. Sie schluchzte und warf sich in Coryns Arme.
    Er ließ sie auf dem Bett Platz nehmen. »Was hast du, Chiya? Was ist denn passiert?«
    »Nein! Nein! Ich will nicht gehen!« Ihre Worte verwandelten sich in lautes Schluchzen. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Brust.
    »Niemand will dich zu etwas zwingen… « Das klang sogar in seinen Ohren abgedroschen.
    »Papa sagt, ich müsse - müsse - fortgehen. Nach Ambervale.«
    Sie entzog sich ihm, und ihre Augen funkelten wieder im alten trotzigen Glanz. »Um diesen stinkenden alten Belisar zu heiraten! Ich sagte Papa, dass ich das nie und nimmer tun werde! Nicht so jemanden!«
    Coryn setzte sich verblüfft zurück. Gerade als alles wieder Sinn zu ergeben schien, stand die Welt erneut Kopf. Kristlin, seine kleine Schwester, sollte mit König Damian Deslucidos Erben vermählt werden? Das musste sie falsch verstanden haben. Bestimmt ging es um Tessa, die alt genug für die Ehe war und zweifellos schon wie eine Königin aussah, oder auch um Margarida, die sich so heftig über den Ausschlag durch ihren Sternenstein aufgeregt hatte - sicher bedeutete das, dass sie Laran besaß. Aber Kristlin?
    »Das muss ein Irrtum sein. Ich ziehe mich nur an, dann rede ich mit Vater. Das kommt schon wieder in Ordnung, du wirst sehen.« Er befreite sich aus ihrer Umarmung. Als er sich erhob, wollten seine Knie unter ihm nachgeben. Er hielt sich mit einer Hand am Bettpfosten fest und vertrieb durch ein Zwinkern das irritierende Grau vor seinen Augen.
    »Ich finde, du solltest erst einmal frühstücken«, sagte Kristlin in einem ihrer jähen Stimmungswechsel. Sie hatte anscheinend beschlossen, dass die Angelegenheit jetzt, da ihr Lieblingsbruder sich für sie einsetzte, geklärt war. »Du hast gestern den ganzen Tag geschlafen, du Faulpelz.«
    »Ich habe was?«
    »Also«, sie zählte es an den Fingern ab, »vor zwei Tagen hat Dom Rumail dich untersucht und anschließend gesagt, man solle dich ins Bett stecken, weil du einen schweren Anfall von Schwellenkrankheit hättest, und am nächsten Tag bist du nicht aufgestanden, also hat er dir Kiri… Kirian oder so was gegeben,

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