Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
Schaufeln und Harken an den Sätteln der Pack-Chervines zu befestigen. Padraic, der Burg-Coridom, stand am Rand des größten Wassertrogs und brüllte Befehle.
Coryn blieb mit klopfendem Herzen auf der Schwelle stehen.
Einen schrecklichen Augenblick lang schien der Hof seitwärts zu kippen. Er schluckte, schmeckte Galle und schwankte auf den Beinen.
Nicht schon wieder!, tobte er innerlich. Er wollte nicht, dass ihm übel wurde, das durfte nicht geschehen. Nicht jetzt, wo jedes gesunde männliche Wesen über zehn Jahren, ob Familienangehöriger, Bediensteter oder Gast, zur Bekämpfung des Feuers gebraucht wurde.
»Du begleitest mich zu den Feuerschneisen, mein Junge.« Eddard trat auf den Hof hinaus und bedeutete Coryn ihm zu folgen.
»Mach die Pferde bereit!« Eddard war für den Ritt in eine geschmeidige Lederhose und entsprechende Stiefel gekleidet und trug zwei Pergamentrollen, die in geölte Seide eingeschlagen waren. »Petro!«
Coryns älterer Bruder Petro hatte sich schon auf den schlanken Rappen aus der Armida-Zucht geschwungen, das schnellste Pferd in den Ställen. Sein Gesicht war rot angelaufen, und sein schwarzes Haar stand, ganz anders als Coryns heller Kupferschopf, in alle Richtungen ab und verlieh ihm ein Furcht erregendes Aussehen, ließ ihn aber auch aufgeregt erscheinen.
Eddard drückte Petro eine der Pergamentrollen in die ausgestreckte Rechte. »Die hier ist für Lord Lanil Storn, eine unverhohlene Bitte um Hilfe.«
»Hilfe?«, fragte Petro ungläubig. »Von Storn? Ist unsere Lage schon so verzweifelt?«
»Wir berufen uns dabei auf Feuer-Waffenruhe. Es scheint das schlimmste Feuer seit Menschengedenken zu werden«, sagte Eddard mit sichtlichem Unbehagen. »Nur ein Narr würde zulassen, dass das Haus seines Nachbarn abbrennt, und sich selber sicher wähnen.«
Feuer-Waffenruhe, wiederholte Coryn bei sich. Würde sie denn halten? Verdanta und Kinnally überfielen die Ländereien des jeweils anderen schon seit so vielen Jahren, dass sich kaum noch jemand an die Ursache des Streits erinnerte. Er glaubte ja, dass es mit dem Besitz eines Nussbaum-Hains zusammengehangen hatte, der längst an Wurzelfäule zu Grunde gegangen war, weil die Luftwagen aus Isoldir versehentlich Keime über die Berge getragen hatten.
»Außerdem bittet dich Vater, zum Turm von Tramontana weiterzureiten. Wenn Lord Storn dich ziehen lässt«, sagte Eddard und verzog dabei den Mund, was deutlich machte, wie unwahrscheinlich ihm das erschien, »solltest du dieses zweite Pergament dem Bewahrer Kieran übergeben. Richte ihm auch verwandtschaftliche Grüße aus, denn er ist ein Aillard und mit der Familie deiner Großmutter verwandt.«
Petro schob die Pergamentrollen grimmigen Blicks unter seinen Gürtel. »Wenn Dom Lanil der Meinung ist, er könnte einen Vorteil über uns erlangen, indem er abwartet, während wir unsere Kräfte auf dieses Feuer konzentrieren, oder indem er Tramontanas Hilfe vereitelt, dann wird ihn auch eine bloße Pergamentrolle nicht umstimmen.«
»Vergiss nicht, deine Zunge im Zaum zu halten«, sagte Eddard mit scharfem Unterton, »und wiederhole nur, was man dir aufgetragen hat, ohne eine deiner endlosen Reden zu halten. Deine Aufgabe besteht darin, den Mann um Hilfe zu bitten, du solltest ihn nicht in den Bosheiten der modernen Gesellschaft unterweisen.«
Petro lenkte ein. »Ich werde mein Bestes geben. Schließlich sagt Vater immer, wenn man einen Mann so behandelt, als wäre er ehrenhaft, steige die Wahrscheinlichkeit, dass er sich auch entsprechend verhält.«
»Dann gutes Gelingen, mein Junge, und möge Aldones deine Zunge ebenso segnen wie die Hufe deines Pferdes.«
Petro nickte und gab seinem Rappen die Sporen, sodass er mit halsbrecherischer Geschwindigkeit, bei der Erdreich aufwirbelte, durch die Tore preschte.
Eddard deutete auf jemanden, der sich inmitten des Hofes mit dem Geschirr an einem Chervine abmühte. »Nein! Nicht so!«
Lord Leyniers Hengst, massig genug, um selbst einen legendären Hünen tragen zu können, wieherte und tänzelte zur Seite, rammte den Stallburschen, der an seinem Zaumzeug hing, mit der Schulter. Der Bursche landete der Länge nach im Dreck, während der Hengst sich aufbäumte und mit den Vorderläufen die Luft peitschte.
Coryn griff nach den Zügeln, bevor das Tier den Jungen zertrampeln konnte. Die Augen des Hengstes waren weit aufgerissen, der Geruch von Furcht entströmte seinem Leib. Er legte ihm eine Hand auf die Schnauze und zog den Kopf herunter.
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