Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
nicht mehr Fremde um Hilfe zu bitten.«
Rumail blickte ihn scharf an, doch Beltran kicherte und sagte. »Ganz recht, sofern du noch zu uns zurück willst, wenn du erst die weite Welt gesehen hast. Nun geh und hol deine kleine Schwester, damit wir ihr erklären können, dass sie ihr Zuhause noch nicht zu verlassen braucht.«
Die Türen waren wegen der warmen Sommernacht geöffnet worden. Coryn stand auf der Schwelle, blickte auf den leeren Hof hinaus und fragte sich, wann er ihn wohl wiedersehen werde. Es schien ein Jahrhundert her zu sein, seit er die hektische Betriebsamkeit der Feuerkämpfer beobachtet hatte.
Hier hatte Padraic mit seiner tiefen Stimme Befehle gebrüllt, und dort war Kristlin auf den Allerwertesten gefallen und wäre von Beltrans ungebärdigem Hengst fast zertrampelt worden.
Kristlin…
Er hatte sie kaum erkannt, als sie zur Feier des Händebindens nach unten gekommen war. Sie hatte ein Kleid getragen, das sich beim Gehen bauschte, blau mit elfenbeinerner Borte am hohen Ausschnitt, mit einem passenden Band um ihre schlanke Hüfte gegürtet. Ruella hatte ihr ungebundenes Haar gekämmt, bis es wie poliertes Messing schimmerte. Wenigstens sah Kristlin noch wie das Kind aus, das sie war, wenn auch wie ein sehr hübsches.
Niemand konnte vernünftigerweise annehmen, dass sie schon alt genug war, um verheiratet zu werden.
Tessa hatte ihr gutes Kleid getragen, das gleiche wie auf dem Bankett nach dem Feuer, doch keine Juwelen, und eher wie eine ernst blickende Matrone gewirkt, nicht wie eine noch unvergebene Damisela. Margarida hatte praktisch nur vor Erleichterung gekichert, dass die Wahl nicht auf sie gefallen war. Sie trug ihr Haar zu kindlichen Zöpfen geflochten über einem Kittel, der mit eigenen Entwürfen von Schmetterlingen und Anemonen bestickt war.
Im Gegensatz zur früheren Feier war über das einfache Verlobungsritual hinaus nicht viel Freude aufgekommen. Petro hatte sich einer seiner finsteren Launen überlassen, und Tessa weigerte sich, ohne ihn zu singen, behauptete, nicht bei Stimme zu sein, Eddards Frau hatte sich schon früh entschuldigt, um das Bett aufzusuchen. Obwohl sie sich nicht beklagt hatte, war ihre Haut durch die Erschöpfung der Schwangerschaft aschfahl. Coryn machte sich Sorgen, dass Kristlin sich sträuben könnte, aber ihr schien daran gelegen, alles schnell hinter sich zu bringen.
»Bruder… « Sie war lautlos näher gekommen, dass er sie gar nicht gehört hatte. »Bist du traurig?«
Er schüttelte verdutzt den Kopf. Hatte sie seine Stimmung gespürt? »Nicht traurig, ich will nur - ich will das alles hier nicht vergessen.« Er wies auf den Hof hinaus, zu den Hügeln und Wiesen ringsum, den Bergen mit ihren Wäldern und wilden Strömen dahinter.
Er nahm sie fest in den Arm und spürte, wie ihre sehnigen Arme ihn umschlangen.
Du wirst mir fehlen. Die Worte bildeten sich in seinem Geist, so dass er nicht sicher war, wer sie gesprochen hatte. Auf unterschiedliche Weise sagten sie beide ihrer Kindheit Lebewohl. Sie würde noch für einige Jahre zu Hause bleiben, dann als Di Catenas-Gemahlin eines Königs ihr neues Domizil aufsuchen und vielleicht die Mutter von noch größeren Königen werden. Sein Weg führte ihn zu einem Turm, nach Tramontana, um die Geheimnisse von Sternensteinen und Haftfeuer und anderen Dingen zu erfahren, die er sich noch nicht vorstellen konnte. Ihn schauderte, und er fragte sich, ob er sie jemals wiedersehen werde.
4
Coryn hätte es vorgezogen, ohne Frühstück und großes Getue nach Tramontana aufzubrechen, doch da Dom Rumail am selben Tag abreiste, blieb das Personal die halbe Nacht wach und bereitete ein ungewöhnlich reichhaltiges Mahl vor, alles von Apfelkrapfen mit Zimt bis zu fetten Würstchen. Er hatte viel mehr gegessen, als er wollte, hauptsächlich deshalb, weil Rumail ihm vorgehalten hatte, dass Appetitlosigkeit eines der gefährlichsten Anzeichen für die Schwellenkrankheit sei. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn Tessa ihn mit ihren Kräutern heimgesucht hätte.
Dann, während sie noch bei Tisch saßen, hielt Beltran eine weitere Rede, um Rumail zu danken, und danach noch eine über Coryns besondere Gabe. Coryn hatte die Redewendungen alle schon gehört. »Familienehre« und »adeliges Verhalten«. Sein Körper wollte nicht still halten, so sehr er sich auch bemühte. Er wollte von hier verschwinden, hin zu den Abenteuern, die ihn sicher erwarteten.
Kristlin saß an ihrem üblichen Platz, hatte Ruella die Stirn geboten
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