Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
erwartungsvollen Stille stand er auf und hob seinen Kelch.
»In dieser Zeit des Frohsinns entbieten wir unserem verehrten Besucher unsere Gastfreundschaft und unseren tief empfundenen Dank. Rumail von Neskaya, Eure Anwesenheit hier und Eure Taten im Kampf gegen das schlimmste Feuer seit Menschengedenken verleihen dem Sprichwort S’dia shaya neue Bedeutung. Ihr habt uns große Gunst erwiesen.«
Rumail nickte und erwiderte förmlich: S’dei par servu. Ich für meinen Teil schätze mich glücklich, nach Kräften geholfen zu haben. Mein Bruder Damian Deslucido, der die Kronen von Ambervale und Linn trägt, ist der Ansicht, dass mit großer Macht noch größere Verantwortung kommt. In einer solchen Zeit der Not konnte ich nichts Geringeres tun, als meine volle Unterstützung anzubieten. Wie mein Bruder glaube auch ich, dass die Gabe des Laran bestimmte Verpflichtungen mit sich bringt. Manche behaupten sogar, es werde eine Zeit kommen, in der die Turmbewohner ihre Talente allein dem Frieden und nie mehr dem Krieg widmen werden.«
»Der Krieg ist schon schrecklich genug, wenn er nur mit Schwert und Pfeilen ausgetragen wird«, sagte Beltran Leynier grimmig. »Aber kein Mensch kann sich gegen diese Teufelswaffen behaupten, es sei denn, er befehligt sie selbst.«
Padraic hatte Coryn die Geschichte erzählt, wie sein ältester Bruder, der Erbe von Verdanta werden sollte, in der letzten Schlacht gegen die Storns von Callarma getötet worden war.
Seine Onkel, die beiden überlebenden Brüder Beltrans, waren in einem Hinterhalt umgekommen, als sie Waffenstillstandsverhandlungen führen wollten. Sein Vater hatte Recht, so sicher, wie der nächste Winterschnee kam. Weder Callarma noch High Kinnally noch sonst jemand würde es wagen, Verdanta im Angesicht der überlegenen Laran-Waffen herauszufordern.
Nach einer kaum merklichen Pause setzte Rumail seine Rede fort, wobei seine Stimme zu einem formellen, honigsüßen Tonfall wechselte: »Im Namen von Damian Deslucido dem Unbesiegbaren, König von Ambervale und Linn, übermittle ich Euch die herzlichsten Grüße und Ehrenbezeigungen. Er schickt Euch diese Geschenke als Zeichen seiner hohen Wertschätzung.«
Padraic in seiner Rolle als Coridom reichte Rumail ein Päckchen von der Länge eines Männerarms und etwa halb so dick, in ein tiefblau gefärbtes Tuch eingeschlagen, das den Glanz von teurer Spinnenseide aufwies. Rumail nahm das Päckchen entgegen, so dass der schillernde Stoff herunterglitt und ein Kästchen aus gehämmertem Kupfer enthüllte. Gemurmel erhob sich am Tisch angesichts solcher Reichtümer, denn Kupfer war das kostbarste unter allen seltenen Metallen auf Darkover.
Mit einer einzigen raschen Bewegung öffnete Rumail das Kästchen und ließ in einer Kaskade alles herausfallen; Päckchen mit Gewürzen, Ballen mit bestickter Spitze aus Dalereuth, Perlenketten aus Temora und ein prächtiges Stück polierter Bernstein, in der Form eines Wolkenleoparden geschnitzt. Margarida, die schöne Dinge liebte, klatschte entzückt in die Hände, genau wie Eddards Frau.
Lord Leynier stattete sichtlich erstaunt in ebenso formeller Rede seinen Dank ab. Rumail fuhr fort, indem er den eigentlichen Grund seiner Mission darlegte, den jedermann an der Tafel schon kannte: den Heiratsantrag von König Damians Erben Prinz Belisar an eine Leynier-Tochter. Was er nicht laut sagte, aber ebenfalls schon jeder wusste, war, dass die Vermählung von der Fähigkeit des Mädchens abhing, Kinder dieser Art mit besonders starkem Laran zu gebären. Beim ersten Antrag dieser Art war Tessa, die einzige Tochter im heiratsfähigen Alter, sehr empört gewesen.
»Ich werde nicht für die verfluchten Zuchtpläne eines Mannes die Barragana spielen!«, hatte sie in einem ungewöhnlichen Temperamentsausbruch erklärt, denn sonst war sie immer das sittsamste unter den Mädchen.
»Es handelt sich um eine achtbare Ehe Di Catenas«, hatte ihr Vater sie berichtigt, »und nicht um einen ungerechten Handel.«
Obwohl er mächtig genug war, die Vermählung zu erzwingen, setzte er seine Autorität nur selten ein, wenn seine Kinder anderer Auffassung waren. »Du würdest das, was du zur königlichen Blutlinie beiträgst, gegen ein Leben in Luxus und relativer Sicherheit eintauschen.«
Eddards Frau, die vor weniger als einem Jahr eingeheiratet hatte und mittlerweile sichtlich schwanger war, hatte ein sanftes Gemüt und als Mitgift erstklassiges Ackerland in die Ehe eingebracht. Ihr Zustand hatte verhindert, dass
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