Darkover 05 - Zandrus Schmiede
Sein Körper reagierte mit jäher geistiger Klarheit.
»Was machte es erforderlich, dass du auf diese gewagte Weise reist?!«, erkundigte sich Oranna. »Nicht, dass wir uns nicht freuen würden, dich zu sehen, aber unser Bewahrer Loryn Ardais kann dich nicht angemessen begrüßen und dir, wie ich fürchte, auch nicht unmittelbar behilflich sein. Wir haben hier eine kleine Krise… «
Varzil fand seine Stimme wieder. »Wo ist Felicia? Was ist ihr zugestoßen?«
»Ach, Varzil, es war ein schreckliches Unglück!«, entgegnete Oranna. »Komm, wenn du jetzt wieder laufen kannst, mach dir am besten selbst ein Bild.«
Varzil war noch so geschwächt, dass er es zu schätzen wusste, eine Schulter zu haben, auf die er sich stützen konnte, besonders, als sie die Treppe benutzten.
Das Matrixlabor war eindeutig für andere Zwecke errichtet und später umgebaut worden. Platten aus geöltem Holz bedeckten teilweise die roten Steinmauern. Ein Arbeitstisch nahm die Mitte des Zimmers ein, und darauf befand sich die zertrümmerte Ruine eines Matrixgitters. Teile davon waren heil geblieben, sodass die Kristalle das Licht wie kleine Sterne reflektierten. Geschwärztes Pulver bedeckte eine Seite. In der Tür standen einige Arbeiter in ihren Gewändern, und in einer Ecke weinte auf dem Boden zusammengekauert ein Jüngling, der der Kindheit kaum entwachsen zu sein schien. Hinter ihm…
Felicia!
Sie lag auf dem Boden neben dem Arbeitstisch, eine Decke halb über sie gebreitet. Ein Mann in den scharlachroten Gewändern eines Bewahrers kauerte neben ihrem Kopf, Varzil den Rücken zugewandt.
Einen herzzerreißenden Augenblick lang fürchtete Varzil, zu spät gekommen zu sein, dass sie schon tot war. Er konnte ihren Geist nicht spüren, und ihr Körper schien so schlaff wie Lehm zu sein.
Der Bewahrer blickte auf. In dem glühenden Lichtschein wirkten seine Haare schwarz und seine Augen wie schattige Seen. Seine Gesichtszüge verrieten einen scharfen Verstand, eine große und beständige Neugier.
»Varzil von Arilinn?«
»Vai Tenerézu«, entgegnete Varzil und verbeugte sich. Zu seinem Erstaunen zitterte seine Stimme nicht. »Was hat sich hier abgespielt?«
»Ich habe sie so gut wie möglich stabilisiert. Wir werden sie zu einer gründlichen Untersuchung hinunter ins Krankenzimmer bringen.«
Du musst dich auf das Schlimmste gefasst machen.
Varzil zuckte zusammen. Aber sie lebt doch noch!
Es gibt Leben, und es gibt Leben.
Trotz seiner Erschöpfung bestand Varzil darauf, Felicia tragen zu helfen. Ihr Fleisch war warm und voller Spannkraft. Sie war leichter, als er erwartet hatte, als wäre der größere Teil ihrer Substanz weggebrannt worden. Ihr Gesicht war sehr blass, bis auf einen leichten Rotton ihrer Wangen, doch die Lippen hatten noch einen sanften Schwung. Ihre Miene drückte kein Entsetzen aus. Die wenigen dünnen Linien, die sich auf ihrer Haut abzeichneten, verliehen ihr lediglich größere Reife.
Der Anordnung der Fenster nach, durch die jetzt die Nacht hereinblickte, war das Krankenzimmer früher ein Sonnenstudio gewesen. Oranna traf vor ihnen ein und richtete eine Bettstatt in der Mitte des Zimmers so her, dass genug Platz für die Bildung eines Kreises blieb. Mehrere Arbeiter standen neben ihr, einige in Gewändern für den Laran-Einsatz. Darunter auch Eduin.
Varzil ließ Felicia auf den Tisch sinken. »Ich kümmere mich um sie.«
»Du wirst nichts dergleichen tun«, sagte Loryn. »Du hast dich noch nicht richtig von deiner Reise durch die Schirme erholt.«
Loryn hatte die am wenigsten aufdringliche psychische Präsenz, die Varzil jemals untergekommen war, eine außergewöhnliche Selbstgenügsamkeit und Flexibilität, anscheinend ohne jedes Bedürfnis, anderen seinen Willen aufzudrängen. Varzil mochte ihn auf Anhieb. Er fuhr seine Laran-Barrieren herunter, gerade so, als wäre Loryn sein eigener Bewahrer.
Ah!, antwortete Loryn telepathisch. Das sind die Bande, die du mit Felicia teilst! Auch uns ist sie lieb und teuer. Du hast gut daran getan, zu uns zu kommen. Niemand, der sie so sehr liebt, sollte der Gelegenheit beraubt werden, ihr Lebewohl zu sagen.
»Noch lebt sie«, hielt Varzil laut dagegen, sich bewusst, wie stur er klang. »Also besteht Hoffnung.«
»Es besteht immer Hoffnung«, stimmte Loryn zu. »Nun komm, lass unsere Überwacherin ihre Arbeit tun. Ich werde ihr helfen, aber du darfst sie nicht stören. Du bist Felicia viel zu sehr gefühlsmäßig verbunden, um unvoreingenommen handeln zu
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