Darkover 05 - Zandrus Schmiede
trotzig fort, sicher weil sie noch etwas jung zu sein schien, um größere Erfahrungen zu haben: »Ich wurde in der Nähe von Temora aufgezogen, wo sich im Laufe der Jahre einige gesetzlose Kreise zusammenfanden. Sie arbeiten ohne die Sicherheit eines Turms und nehmen alle möglichen Risiken auf sich. Oft genug müssen sie den Preis dafür zahlen. Es gab einmal eine alte Frau - es widerstrebt mir, sie eine Leronis zu nennen -, die weiter ihrer Arbeit nachgehen konnte. Ich weiß nicht, wie es ihr gelang, aber ich gehörte auch nie zu ihrem Nest und war nicht an Details interessiert. Ich nehme an - und Loryn pflichtet mir darin bei -, dass ihre Verletzungen nicht so schwer waren, wie sie behauptet hatte, dass sie also die Umstände des Unglücks zu ihrem Vorteil nutzte.«
»Das ist noch kein Grund«, sagte Varzil streng, »Felicia ohne weitere Anstrengungen einfach aufzugeben.«
»Ich habe für sie schon getan, was ich konnte«, entgegnete die Heilerin mit blasser, matter Stimme. Sie presste die Lippen aufeinander, hielt die Tränen zurück, anscheinend fast zu Tode erschöpft.
»Ich dulde keine Meinungsverschiedenheiten unter uns«, sagte Loryn. Die Sanftmut in seiner Stimme konnte seine Trauer nur unzulänglich überdecken.
Für ihn ist sie schon gegangen.
Sie ist in der Tat gegangen, mein Freund, erklang Loryns telepathische Stimme. Glaub mir, wir haben alles getan, was getan werden konnte. Hältst du dich für den Einzigen, der sie liebte, der alles Erforderliche täte, um sie wieder in unserer Mitte zu haben? Wir müssen der Realität ins Auge blicken. Ihr Gehirn ist so schwer geschädigt, dass es nicht mehr genesen kann. Es war uns lediglich möglich, ihren Körper am Leben zu erhalten.
Varzil schloss die Augen, als der Kummer über ihn hinwegbrandete. Er kam als Woge, baute sich zu einer Flutwelle auf, die ihn erbeben ließ, und versickerte dann. Loryn bat um die Erlaubnis, die Energiefelder, die Felicia am Leben erhielten, auflösen zu dürfen.
Wie kann ich sie gehen lassen?
Sie ist schon gegangen. Nun ist es an der Zeit, das auch anzunehmen und um sie zu trauern.
Varzil strich sich mit der Hand über die Augen und wandte sich ab. Loryn hob aus Respekt vor seiner Privatsphäre die telepathische Verbindung auf. An Varzils Finger pulsierte sanft der weiße Stein. Sie hatte ihm den Ring in einer Nacht voller Leidenschaft und Hoffnung geschenkt. Sollte das alles sein, was ihm von ihr blieb? Er nahm die rechte Hand mit der linken.
Als seine Lippen das Juwel berührten, durchflutete ihn Wärme. Einen Moment lang spürte er Felicias Gegenwart. Nicht ihre Gedanken, so klar war der Impuls nicht, sondern den unmissverständlichen Ausdruck ihrer Persönlichkeit. Sein erster Gedanke war, dass sie, im Widerspruch zu jeglichem Anschein und allem, was Loryn und Oranna gesagt hatten, noch in ihrem Körper lebte.
Aber nein, das war nicht möglich. Er wusste, dass sie die Wahrheit gesagt hatten.
Jäh durchzuckte ihn die Erinnerung - Felicia, die nach ihm rief, von solcher Verzweiflung getrieben, dass es ihr gelang, viele Meilen und beträchtliche Turmbarrieren zu überwinden. Die Dunkelheit seines Zimmers in Arilinn… das Aufblitzen des Kristalls…
Irgendwie hatte sie ihren Geist oder wenigstens einen Teil davon in den Ring übertragen!
Wenn das so war - seine Gedanken schlugen Kapriolen wie wilde Tiere, die der Sturm in den Wahnsinn treibt - und sich eine Möglichkeit finden ließ, ihren Körper wiederherzustellen… wenn ein ausreichender Teil ihres Geistes überlebt hatte… , wenn der Kristall die komplexe Fähigkeit besaß, ihre wesentliche Essenz zu erhalten…
Wenn - wenn - wenn!
Mit einem Aufschrei schlug Varzil die Hände vors Gesicht. Er brauchte Zeit zum Nachdenken, um sich zu beruhigen. Hoffnung und Verzweiflung rangen in ihm miteinander und vertrieben jegliche Vernunft.
Zeit…
Auch Zeit, um festzustellen, was eigentlich geschehen war, damit er den Schlüssel zu ihrer Genesung fand. Wenn er das Was und Wie verstand, fand er vielleicht auch eine Möglichkeit, es wieder rückgängig zu machen.
Mit sanfter Stimme wandte Varzil sich erneut an Loryn. Die Schnelligkeit der Ereignisse habe sie alle überrumpelt, sagte er. Niemand wolle voreilige Maßnahmen ergreifen, die sie später vielleicht bereuten. Es könne doch sicher nicht schaden, Felicias Körper in seinem gegenwärtigen Zustand zu belassen. Wenigstens vorerst, bis mehr darüber in Erfahrung gebracht wurde, was sich wirklich zugetragen
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