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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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lautlos, und eine skelettdürre Hand zeigte mit einem knochigen Finger auf Eduin.
   Die Tyrannenstimme erklang ein weiteres Mal in seinem Kopf. Du hast geschworen… Rache…
   Einen Augenblick war Eduin von der alten Gewohnheit zu gehorchen wie gelähmt. Er hörte seine eigene Stimme, erst die eines Kindes, dann die eines Mannes, wie sie bettelte, Versprechungen machte, um Gnade flehte.
   » Ich werde dich nicht enttäuschen, Vater! Ich werde nicht versagen!«
   »Bitte stirb nicht! Ich werde alles tun… «
   »Nein, nicht - bitte tu das nicht! «
   Aber diese Worte waren vor langer Zeit gesprochen worden und weit entfernt, sowohl in Zeit und Raum als auch in der unergründlichen Geometrie des Herzens.
   »Geh aus dem Weg!«, brüllte er. »Oder, bei Zandru und allen Dämonen seiner sieben gefrorenen Höllen, ich gehe direkt durch dich hindurch!«
   Eduins Magen zog sich zusammen. Er wusste, sein Körper hier war nur geistiger Natur, und dennoch spürte er den körperlichen Schmerz. Zorn flackerte in Reaktion darauf auf, breitete sich wie ein Lauffeuer in einem Pechkiefernhain aus. Mit geballten Fäusten und gefletschten Zähnen ging er auf die geisterhafte Gestalt zu.
   Zandru? Aber es ist Zandrus Braut, der du nun gehörst!
   Die Gestalt schimmerte, als bräche das Licht selbst zusammen. Statt der Überreste eines alten Mannes, gebeugt und bärtig, wehte nun ein Umhang von ihm und enthüllte die knochenweißen Züge von Naotalba. Sie hob den Kopf. Ihre weiße Kehle schimmerte im grauen Licht.
   Ein Tod, hast du gesagt, aber du sagtest nicht, wessen Tod .
   »Nicht ihren! Ich habe nie gewollt, dass sie stirbt!«
   Du Narr von einem Sterblichen! Glaubst du, du kannst jetzt mit mir feilschen? Naotalba bewegte sich, und er spürte die Legionen gefrorener Dämonen in ihrem Rücken. Ihr Atem berührte ihn, eisig wie das kälteste Grab.
   Eduin wich zurück. Er erkannte, was er getan hatte. Er hatte all seinen Hass, all seinen Zorn, dieses kranke Bedürfnis seines Vaters nach Rache in die Gestalt Naotalbas einfließen lassen. Die Halbgöttin war so schön wie damals, als er sie zum ersten Mal in Saravios Geist gesehen hatte, eine menschliche Frau mit der Macht, das Herz eines Mannes zu rühren. Aber nun hatte sie kein Mitleid mehr. Sie war so hart und gefühllos wie Stein.
   Weil er das so gewollt hatte.
   Früher einmal war Eduin unschuldig gewesen, voller Hoffnung und Vertrauen. In seinem Wahn hatte sein Vater ihn übernommen, ihn verzerrt, verkrüppelt. Eduin hatte dabei keine Wahl gehabt, und dennoch war er auf schreckliche Weise immer noch verantwortlich für seine Taten.
   Er konnte niemals ungeschehen machen, was er getan, die Dinge, die er in Bewegung gesetzt, die Leben, die er zerstört hatte. Aber er konnte sich immer noch entscheiden, was er jetzt tun würde.
   Eduin biss die Zähne zusammen und stapfte durch die Schattengestalt hindurch. Das Weiß durchfuhr ihn wie ein Schock. Er konnte nichts sehen, nichts spüren, nicht atmen. Es war viel schlimmer, als durch den leuchtenden Laran -Schleier zu gehen, der den Turm von Arilinn schützte.
   Im nächsten Augenblick war er frei.
   Ein Turm stand vor ihm, schlank und leuchtend. Eine Frau in dem roten Gewand eines Bewahrers rannte auf ihn zu. Locken hell wie Flammen fielen ihr über den Rücken. Ihr Blick blieb stetig, selbst als sie ihn erkannte.
   Dyannis .

42
    Dyannis vollzog den Übergang vom Schlaf zum Wachsein innerhalb eines Herzschlags. Sie zog die Sommerbettdecke beiseite und setzte sich hin. Ihr Zimmer im Turm von Hali und der Flur dahinter waren still. Mit ihrem Laran spürte sie den trägen Rhythmus der Schlafenden und weiter entfernt das Summen von Aktivitäten in Küche und Hof. Milchiges Vordämmerungslicht fiel durch die zum Teil vorgezogenen Vorhänge. Eine sanfte Brise, kühl und nach nachtblühenden Pflanzen duftend, bewegte die Luft nur schwach.
   Die Fragmente ihres Traums glitten davon und ließen nur ein Gefühl von Unbehagen zurück. Sie hatte regelmäßig bis tief in die Nacht gearbeitet, aber dann hatte Raimon sie gedrängt, sich mehr auszuruhen und sich Zeit für Geselligkeit und körperliche Bewegung zu nehmen.
   »Du wirst dir selbst und dem Kreis nichts nützen, wenn du zu erschöpft bist, um vernünftig arbeiten zu können«, sagte Raimon. »Deine Grenzen zu kennen und deine eigenen Bedürfnisse zu respektieren, gehört ebenso zur Ausbildung eines Bewahrers wie

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