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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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dem Schirm zu. Das Gerät war auf das mentale Muster eines anderen eingestellt, aber er hatte keine Zeit, es neu zu justieren. Er musste seine Botschaft mittels reiner mentaler Macht senden.
   Hali! Er warf alle Kraft seines Laran in den Ruf. Über die Meilen, über die Jahre hinweg, rief er.
   Turm von Hali! Hört ihr mich?
   Es war Tag, erkannte er zu seinem Schrecken, und daher war es recht unwahrscheinlich, dass ein Arbeiter vor dem Schirm saß. Beinahe alle Relais-Botschaften wurden bei Nacht ausgestrahlt, um das psychische Rauschen zu vermeiden, das von so vielen gewöhnlichen Geistern ausging.
   Hinter ihm veränderten sich die Geräusche, die Callina erzeugte. Er hörte das Kreischen von Metall auf Stein, als sie das Gerät beiseite schob, und dann das Rascheln ihrer Röcke.
   HALI! Ihr Götter, ist denn niemand da? Antwortet mir!
   Was, wenn es bereits zu spät war? Was, wenn das Schweigen in Hali nichts mit der Ruhe zu tun hatte, die tagsüber für gewöhnlich in Türmen herrschte, sondern mit einer Abwesenheit von Laran -begabten Geistern im Turm, weil alle bereits in Rauch und Asche, in Flammen und Schreien untergegangen waren?
   Nein, er hätte es doch sicher gespürt, wenn Dyannis ein solches Schicksal erlitten hätte. Er würde es wissen, weil ein Teil von ihm mit ihr gestorben wäre.
   Er hörte ein Stöhnen, so roh und tief, dass er es kaum als menschlich erkannte. Ohne hinzusehen wusste er, dass Callina aufgestanden war und nun den Stein des Bewahrers umklammerte, unfähig, ihren Blick abzuwenden. Die Helligkeit des Tages verblasste gegenüber dem pulsierenden Strahlen kalten blauen Lichts. Romilla schluchzte einfach nur.
   HALI!
   Eduin war von der Anstrengung beinahe schwindlig. Ihm wurde grau vor Augen, und alles verschwamm. Er spürte die winzige Spur einer Antwort, ein entferntes Rühren wie das Licht im Osten vor der Morgendämmerung. Die Leronyn in Hali gehörten zu den mächtigsten, empfindsamsten und am besten ausgebildeten auf Darkover. Es war nicht unmöglich, dass er einige von ihnen erreicht hatte.
   Noch während Eduin seine Kraft sammelte, um es noch einmal zu versuchen, erreichte ein lautloses Brüllen seinen Geist. Es war der letzte Befehl seines Vaters, und dennoch anders als je zuvor. Er hörte keine Worte, spürte keinen Zwang zu handeln, zu töten. Stattdessen griff Hunger wie der eines gefräßigen Tiers nach ihm.
   Eduin fuhr herum. Callina hatte sich ihm zugewandt und hielt den Kristall in den Händen, der nun in einem blendenden farblosen Licht leuchtete. Sie hatte den Mund zu einem starren Totenkopfgrinsen aufgerissen, ihre Züge waren beinahe bis zur Unkenntlichkeit verzerrt.
   Im Reflex hob Eduin eine Hand gegen die Helligkeit. Tränen brannten in seinen Augen. Sein körperliches Sehvermögen versagte in diesem grellen weißen Licht und gegenüber der aufkeimenden Laran -Präsenz.
   Dann sah er, was aus dem Bewahrer geworden war. Er hatte einen mächtigen Geist besessen, und viele, viele Jahre hatten seine Motivation geschliffen. Nichts und niemand außer seinem Ziel interessierte den Bewahrer. Es war nichts Menschliches mehr in ihm geblieben, keine Spur von Mitgefühl, Freude oder Loyalität, keine Verbindung zu König oder Familie, keine Erinnerung an alte Lieben oder längst verstorbene Bredin . Nichts als ein einziges Ziel: sich einem lebenden Geist aufzuzwingen.
   Eduin taumelte unter der Heftigkeit des Angriffs. Seine Gedanken brachen in sich zusammen. Alles Bewusstsein seines eigenen Körpers, des Raums, in dem er hockte, des Relais-Schirms und der Botschaft, die er senden musste, löste sich auf.
   Wie einfach es wäre, jetzt loszulassen. Er würde keinen Schmerz spüren, keine Unentschlossenheit, kein Bedauern, nichts von den Qualen, die er beinahe sein Leben lang gespürt hatte. Sein Körper, sein Geist, ja seine Gedanken würden einem anderen gehörten und den Zielen dieses anderen folgen.
   Als spüre er Eduins Schwäche, flackerte der kristalline Bewahrer noch heller auf. In Eduin ging der Eingeweide zerreißende Zwang, das Erbe seines Vaters, in Flammen auf. Dieses Gebilde war nie zuvor angegriffen worden, und nach dem ersten Tag im Haus seines Vaters hatte Eduin nie mehr die Willenskraft aufgebracht, sich zu widersetzen. Nun spürte dieser Zwang die Gefährdung seiner Existenz wie ein wildes Tier. Alles, was von seinem Vater übrig geblieben war, war dieses mörderische Drängen nach Rache. Alles, was

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