Darkover 07 - Die Zeit der Hundert Koenigreiche
den Schwur abnehmen und ihn auf den Weg schicken, bevor Varzil mit ihm sprechen kann. Ich möchte nicht, daß noch mehr Ridenow-Lords zu Verbündeten der Hasturs werden!«
Bard nickte und dachte darüber nach. Sobald Dom Eiric den Eid geschworen hatte, ein halbes Jahr lang nicht gegen Rafael von Asturias vorzugehen, konnte er sich auch nicht rechtmäßig mit einem Feind von Asturias verbünden. Bard besaß umfangreiches Wissen über militärische Taktik und Strategie, aber die Diplomatie war ihm noch neu. Mit seines Vaters Wissen um die Staatskunst und seinen eigenen Fähigkeiten im Krieg sollte es ihnen jedoch gelingen, das ganze Land erfolgreich zu verteidigen.
Bard stellte fest, daß er neugierig darauf war, diesen Varzil zu sehen, der sich mit den Hasturs verbündet hatte. Neskaya war seit mehr als zweihundert Jahren in den Händen der Ridenows gewesen, obwohl es weit außerhalb des Serrais-Gebietes lag. Damals hatten die Hasturs und die Ridenows einen langen Krieg miteinander geführt, und Friede war erst unter der Regierung Allarts von Thendara geschlossen worden. Träumten die Hasturs immer noch davon, das ganze Serrais-Land zurückzugewinnen?
Als militärischer Befehlshaber seines Vaters mußte Bard an der Ratssitzung teilnehmen, und Melisandra, die den Wahrheitszauber erstellen sollte, ebenfalls. Bard sah sie in die Audienzkammer eintreten, gekleidet in ein leichtes, schmuckloses graues Gewand mit Umhang, das Gewand einer in offizieller Eigenschaft anwesenden Leronis . Ihm wurde klar, daß Melisandra jetzt als die von seinem Vater ernannte Hofzauberin kraft eigenen Rechts Status und Macht besaß, und diese Macht hatte nichts zu tun mit ihrer Eigenschaft als Mutter des Enkels des Regenten. Der Gedanke erweckte ein unbestimmtes Gefühl des Zorns in ihm. Es gab Laranzu'in genug; warum hatte sein Vater nicht anstandshalber einen von ihnen erwählt? Wollte sein Vater Melisandra in eine Position manövrieren, die es ihr ermöglichte, ihren gesetzmäßigen Herrn, den Vater ihres Sohns, zu mißachten?
Er hoffte, Alaric habe einige Geschicklichkeit im Umgang mit den Waffen. Als Ardrins Pflegesohn müßte er wenigstens etwas gelernt haben. Bard selbst war nur ein einziger Mann. Aber wenn auf dem Thron ein geschulter Militär saß und ihm Rückendeckung gab - und ein König mußte im Grunde fähig sein, seine Männer in die Schlacht zu führen, wie Ardrin es getan hatte -, dann war das ein gutes Vorzeichen für die Zukunft von Asturias.
Varzil von Neskaya war ein kleiner, schlanker Mann. In dem prachtvollen Zeremoniengewand, das er bei der Trauung getragen hatte, war er eindrucksvoll gewesen. Aber jetzt, im Grün und Gold seines Hauses, wirkte er dürftig und schmalschultrig. Sein Gesicht war hager und gelehrtenhaft, und seine Hände - das stellte Bard mit Verachtung fest - waren so klein und gepflegt wie die einer Frau, ohne Schwielen von Schwert oder Dolch. An seinen Schläfen war das Haar nicht vom Visier eines Helms abgewetzt. Er war also kein Mann des Krieges, sondern ein Sandalenträger, ein Schönling. Und das war Hasturs erwählter Gesandter? Bard dachte geringschätzig: Den könnte ich mit bloßen Händen in Stücke brechen!
Sogar Geremy mit seiner gebückten Haltung und dem nachgezogenen lahmen Bein war größer als Varzil. Geremy trug seine übliche nüchterne Kleidung und war bis auf einen kleinen ornamentalen Dolch, dessen Griff mit Feuersteinen besetzt war, unbewaffnet. Bard, der auf dem Platz des Friedensmannes hinter seinem Vater stand, sah dem Austausch der Formalitäten und dem Errichten des Wahrheitszaubers zu.
»Geremy Hastur«, sprach Dom Rafael, »da mein Sohn mir zurückgegeben wird, erkläre ich dich für frei, in das Königreich deines Vaters zurückzukehren oder dich an einen anderen Ort deiner Wahl zu begeben. Das gilt auch für deine Frau, die meine Untertanin ist, und für deinen Sohn, deine Vasallen und alles, was dein ist. Zum Zeichen der Wertschätzung, die meine Gemahlin für deine Lady hegt, erlaube ich außerdem den Kammerfrauen deiner Frau, Lady Ginevra in ihre neue Heimat zu begleiten, wenn sie dies wünschen und wenn sie die Erlaubnis ihrer eigenen Väter haben.«
Geremy verbeugte sich und dankte Dom Rafael in einer kurzen, höflichen Ansprache, in der er ihn seiner Dankbarkeit für die Gastfreundlichkeit versicherte. Die Ironie war dick genug aufgetragen, daß das Licht des Wahrheitszaubers auf seinem Gesicht flackerte, aber es war nicht
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