Darkover 07 - Die Zeit der Hundert Koenigreiche
schlafen. Horch, es wird früh still, aber die meisten Männer sind betrunken wie Mönche zu Mittwinter.«
»Was hättest du sonst von ihnen erwartet, wo keine Frauen da sind?«
Beltran zuckte die Schultern. »Ich mißgönne ihnen ihren Rausch nicht. Unter uns, Bard, mir ist es so lieber… Nach der Schlacht von Snow Glen zerrte mich eine Gruppe der jüngeren Männer mit sich in ein Hurenhaus in der Stadt… « Er verzog angeekelt das Gesicht. »Ich finde keinen Geschmack an solchen Spielen.«
»Auch ich ziehe willige Gefährtinnen den bezahlten Damen vor«, stimmte Bard ihm zu. »Doch ich bezweifele, ob ich nach einer Schlacht wie dieser einen Unterschied merken würde.« In seinem Inneren wußte er, daß er nicht die Wahrheit sagte. Heute nacht wollte er Melora, und wenn er die Auswahl unter allen Kurtisanen Thendaras oder Carcosas gehabt hätte, wäre seine Wahl immer noch auf sie gefallen. Auch wenn er Carlina hätte haben können? Er hatte keine Lust, darüber nachzudenken. Carlina war seine ihm anverlobte Frau, und das war etwas anderes.
»Du hast nicht genug zu trinken gehabt, Pflegebruder.« Beltran reichte ihm eine Flasche. Bard setzte sie an die Lippen und nahm einen tiefen Zug. Der starke Wein tat ihm wohl. Er betäubte den Schmerz darüber, daß Melora nach ihm ebenso verlangt hatte wie er nach ihr und daß er sie zu seinem eigenen Erstaunen hatte gehen lassen. Verachtete sie ihn jetzt, hielt sie ihn für einen grünen Jungen, der sich fürchtete, einer Frau seinen Willen aufzuzwingen? Spielte sie mit ihm? Nein, er hätte seine Mannheit auf ihre Ehrlichkeit gewettet…
Einer der Männer spielte die Rryl . Man brüllte nach Meister Gareth, er solle kommen und für sie singen. An seiner Stelle tauchte Melora aus dem Zelt auf.
»Mein Vater bittet euch, ihn zu entschuldigen«, sagte sie ruhig. »Seine Wunde bereitet ihm große Schmerzen, und er kann nicht singen.«
»Wollt dann ihr kommen und Wein mit uns trinken, Lady?« Das fragten sie sehr respektvoll, aber Melora schüttelte den Kopf. »Ich werde meinem Vater ein Glas bringen, wenn ihr erlaubt. Vielleicht verhilft ihm das zum Einschlafen. Aber meine Verwandte und ich müssen für ihn sorgen, und deshalb werden wir nicht trinken. Ich danke euch.« Ihre Augen richteten sich auf Bard, der in der Dunkelheit auf der anderen Seite des Feuers saß, und er entdeckte in ihnen eine neue Traurigkeit.
»Ich dachte, er sei nicht schwer verwundet«, meinte Bard.
»Das habe ich auch gedacht«, antwortete Beltran, »aber ich habe gehört, daß die Trockenstädter manchmal Gift der einen oder anderen Art auf ihre Klingen tun. Doch ich habe noch nie von einem gehört, der daran gestorben wäre.« Wieder riß er den Mund weit auf und gähnte.
Die Männer um das Feuer sangen Lied auf Lied. Schließlich brannte das Feuer herunter und wurde zugedeckt, und die Männer wickelten sich in Gruppen von zweien, dreien oder vieren, um sich gegenseitig vor der Kälte zu schützen, in ihre Decken. Bard ging leise zu dem Zelt, das die Frauen sich teilten und in dem jetzt auch der verwundete Laranzu lag.
»Wie geht es Meister Gareth?« fragte er, sich zu dem Eingang niederbückend.
»Die Wunde ist sehr entzündet, aber er schläft«, flüsterte Mirella, die vorn im Zelt kniete. »Ich danke Euch für Eure Nachfrage.«
»Ist Melora drinnen?«
Mirella blickte zu ihm auf. Ihre Augen waren groß und ernst, und Plötzlich wußte er, daß Melora sich ihr anvertraut hatte - oder hatte das jüngere Mädchen Meloras Gedanken gelesen?
»Sie schläft, Sir.« Mirella zögerte, und dann setzte sie hastig hinzu: »Sie hat sich in den Schlaf geweint, Bard.« Ihre Blicke trafen sich voll freundlichen Verständnisses. Sie berührte leicht seine Hand. Bard hatte einen Klumpen in der Kehle.
»Gute Nacht, Mirella.«
»Gute Nacht, mein Freund«, sagte sie leise, und ihm war klar, daß sie das Wort nicht leichtfertig benutzte. Von einer seltsamen Mischung aus Bitterkeit und Wärme erfüllt, ging er an dem ersterbenden Feuer vorbei zu dem Halbzelt, das er mit Beltran teilte. Schweigend zog er sich die Stiefel aus, legte das Schwertgehänge ab und nahm den Dolch von seinem Gürtel.
»Du bist Bredin von einem Trockenstädter geworden, Bard«, sagte Beltran lachend in der Dunkelheit. »Denn du hast mit ihm den Dolch getauscht, den einen für den anderen… «
Bard wog den Dolch in der Hand. »Ich bezweifele, ob ich jemals
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