Darkover 09 - An den Feuern von Hastur
Leonie Hastur und Melissa di Asturien, die Gesellschafterin und Anstandsdame der Lady - obwohl Melissa in dem fortgeschrittenen Alter von sechzehn Jahren kaum eine Anstandsdame abgab und, da sie Leonie unendlich langweilte, auch kaum eine Gesellschafterin war. Beide Frauen waren in lange Reitschleier gehüllt. So edel die Reittiere waren, sie bewegten sich langsam, müde, denn die Karawane war seit Sonnenaufgang unterwegs.
Lorill gab das Zeichen zum Halten. Mit dem Turm bereits in Sichtweite war das hart, auch wenn sie alle wußten, daß ihr Ziel noch mehrere Reitstunden entfernt lag. Hier auf der Ebene täuschte man sich oft über die Entfernung.
Aus langer Gewohnheit überließ Lorill Hastur die Entscheidung, ob man das Lager aufschlagen oder weiterziehen sollte, seiner Schwester.
»Wir könnten hier lagern.« Er wies auf eine Lichtung neben der Straße, die von knospenden Bäumen geschützt war, und ignorierte den Nebel, der Perlen auf seinen Wimpern bildete. »Wenn es beginnt, heftig zu regnen, müßten wir sowieso haltmachen. Ich sehe keinen Grund, warum wir versuchen sollten, in einem Unwetter voranzukommen, wobei wir riskieren würden, daß unsere Tiere lahm werden.«
»Ich könnte die ganze Nacht reiten«, protestierte Leonie, »und ich hasse es, die Reise in Sicht des Turms zu unterbrechen. Aber… «
Sie hielt für einen Augenblick inne und dachte nach. Wenn sie im Regen weiterritten, kamen sie durchnäßt, ausgekühlt und erschöpft im Turm an. Es war eine Nacht der vier Monde - und ihre letzte Nacht der Freiheit. Vielleicht wäre es gar nicht schlecht, sie im Freien zu verbringen…
»Und wo werden wir bleiben?« fragte Melissa. Ihr Stirnrunzeln verriet, daß sie Leonies Idee sofort ablehnte. »In Zelten?«
»Derik erzählt mir, daß im nächsten Dorf ein guter Gasthof ist«, sagte Lorill. »Vermutlich denkt er dabei aber ans Bier und nicht an die Unterbringung.«
Leonie kicherte, denn Deriks Fassungsvermögen war auf der ganzen Reise ein stehender Witz bei ihnen geworden.
»Er trinkt wie ein Mönch zu Mittwinter«, lachte sie. »Aber auf der Straße bleibt er nüchtern. Ich finde, wir sollten ihm sein Bier nicht mißgönnen… «
»Ich möchte nicht die ganze Nacht durchreiten«, quengelte Melissa in einer seltsamen Kombination aus Jammern und ihrem üblichen affektierten Lächeln.
Leonie richtete sich gereizt auf und unterdrückte eine scharfe Antwort. Lorill jedoch meinte nur gutmütig: »Nun, ich nehme nicht an, daß ihr an Bier denkt.«
»Durchaus nicht.« Melissa zog eine Schnute. »Nur an ein warmes Feuer. Warum sollen wir in einem Zelt leiden, wenn wir nur noch ein bißchen weiterzureiten brauchen, um dieses warme Feuer zu bekommen?«
In einem Zelt leiden? Bei der Art von Zelten, die eine Hastur-Entourage mit sich führte, dachte Leonie, brauchte man des Nachts im Zelt kaum zu leiden, obwohl es ein bißchen kühler sein mochte, als Melissa es gern hatte - aber Melissa neigte dazu, sich zu beschweren und versteckte Anspielungen auf ihre zarte Gesundheit zu machen. Und zweifellos würde Melissa sich, sobald sie sich aufgewärmt hatte, über das Essen und den verräucherten Raum beklagen und beim Anblick irgendwelchen Ungeziefers vor Angst quietschen. Leonie zog eine Nacht in einem Zelt, mochte es auch ein bißchen kalt und feucht sein, bei weitem einer Nacht in einem von Ungeziefer verseuchten Gasthof vor. Das Zelt war wenigstens eine bekannte Größe. Die Qualität des Gasthofs vor ihnen hingegen war eine Sache der Spekulation.
Und es gab noch eine andere Überlegung…
Leonies Reittier wurde unruhig. Mit einem sehnsüchtigen Seufzer, darauf berechnet, ihren Bruder zum Nachgeben zu bringen, sagte sie: »Es wird eine Nacht der vier Monde sein… «
»Nur wirst du sie nicht sehen können«, erwiderte Lorill mit unausweichlicher Logik. »Sie sind hinter Wolken verborgen, da könntest du ebenso die Feuerstelle genießen. Der Gasthof wird wenigstens geheizt und trocken sein.«
»Der Gasthof könnte durchaus so leck sein wie die Versprechungen eines Trockenstädters und eine Legion von Mäusen und Flöhen beherbergen. Aber ich werde für den Rest meines Lebens Gelegenheit haben, am Feuer zu sitzen«, protestierte Leonie. »Ich werde für den ganzen Rest meines Lebens nur die Welt innerhalb von vier Wänden sehen! Und eine Nacht der vier Monde kommt nicht so oft, daß ich sie verpassen möchte!«
Sie schoß einen
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