Darkover 09 - An den Feuern von Hastur
ihre Geschichte ruhig ein Weilchen in Einsamkeit nachdenken. Vielleicht fällt ihnen dann etwas Besseres auf die Frage ein, woher sie stammen.«
Bevor sie sich bewegen konnten, hatten mehrere Männer David gepackt, und zwei hielten auch Elizabeths Arme fest. David begann zu fluchen und sich zu wehren, doch vergebens. Kurz darauf hatte man David unsanft in ein anderes Zelt geworfen und Elizabeth neben ihn gelegt. Die Männer gingen wieder, doch Elizabeth zweifelte nicht daran, dass einige von ihnen draußen Wache hielten. Sie spürte ein dumpfes Vibrieren, von dem sie Kopfschmerzen bekam. Das mußte der »telepathische Dämpfer« sein, von dem der Räuberhauptmann gesprochen hatte. Der Beweis war, daß sie von Davids Gedanken nichts mehr wahrnahm.
»Jetzt haben wir die Bescherung.« David zog sich in eine sitzende Position hoch. »Als Kadarin und Zeb wegritten und uns allein ließen, dachte ich, jetzt seien wir in Schwierigkeiten - aber mit so etwas hätte ich nie gerechnet. Hast du eine Idee?«
Elizabeth schüttelte hilflos den Kopf und begann zu weinen. David rückte herum, damit er sie in die Arme nehmen und ein bißchen trösten konnte. Sie hatte seit der Landung auf dieser Welt als selbstverständlich vorausgesetzt, daß sie, sollte sie je in Gefahr geraten, Ysaye - oder auch einen der Eingeborenen - mit ihrer Telepathie rufen könne. Das war jetzt unmöglich geworden. Sie waren auf sich selbst gestellt und befanden sich in der Hand von Männern, die wahrscheinlich so tief in Gewalt und Haß versunken waren, daß sie vor nichts zurückschrecken würden, um zu bekommen, was sie wollten. Solchen Männern war Elizabeth bisher nur in Büchern und Aufzeichnungen begegnet, nie in der Wirklichkeit. Sie hatte keine Vorstellung, ob es überhaupt einen Weg gab, an sie zu appellieren, und falls ja, welchen. Offenbar hatte David auch keine. Sein behütetes und privilegiertes Leben und seine ganze wissenschaftliche Ausbildung hatten ihn ebensowenig fähig gemacht, mit Verbrechern umzugehen, wie seine Frau.
Sie hatte Angst.
XXIII
Leonie schwebte in einer warmen und beruhigenden Dunkelheit, als liege sie in einem tiefen Federbett. Doch da waren Stimmen, die die Dunkelheit störten. Ich kann sie nicht beide retten , hörte Leonie aus weiter Ferne. Ich glaube nicht, daß ich viel für die andere tun kann, außer daß ich ihren Tod ein bißchen hinausschiebe, und wenn ich das tue, muß die Kleine die ganze Zeit leiden. Doch stirbt sie gleich, bekommt Leonie einen Schock, der sie schwächt, und dann muß sie mit ihrer Ausbildung aussetzen, mindestens zehn Tage lang .
Leonie dachte auf seltsam losgelöste Art darüber nach. Ein bißchen Zeit zum Ausruhen war vielleicht gar nicht schlecht…
Dann rette Leonie, schirme sie ab, so gut du kannst, und laß die andere sterben , erwiderte eine Stimme, die scharf vor Ungeduld und voller Autorität war. Die Hauptsache ist, daß Leonie ihr Studium fortsetzen kann. Sie ist zu wertvoll - und die andere bedeutet uns nichts .
Leonie war verwirrt. Das war so, als belausche sie die terranischen Doktoren, die über das Schicksal von Ysaye und ihrem Kind diskutierten.
Wenn ihre eigenen Leute ihr Leben nicht retten können, warum solltest du es auch nur versuchen? Leonie kannte diese Stimme. Sie gehörte Marelie, der Bewahrerin des Arilinn-Turms. Und jetzt kehrte die Erinnerung zurück, und sie wußte, wer die »andere« war.
Ysaye!
Als der Mann namens Ryan Evans sich auf Ysaye warf, waren Ysaye und sie so fest verbunden, daß Leonie auf den Angriff reagierte, als gelte er ihr selbst. Der Reflex wurde ausgelöst, der ihr in den letzten Wochen eingedrillt worden war.
Denn keine Bewahrerin konnte ihre Arbeit fortsetzen, wenn sie ihre Jungfräulichkeit verloren hatte - oder zumindest erst nach einer langen Zeit der Rekonditionierung und der Reinigung ihrer Kanäle. Deshalb hatten die Türme das Gesetz erlassen, an jedem Mann, der es wagte, Hand an eine Bewahrerin zu legen, müsse ein sofortiges und abschreckendes Exempel für andere statuiert werden, die eine solche Gewalttat im Sinn trugen. Jede Bewahrerin lernte die Verteidigung, die Leonie auf Evans losließ, eine Verteidigung, die buchstäblich im Körper des Mannes ein Feuer entzündete und ihn in wenigen Augenblicken bis auf die Knochen verkohlte.
Aber Ysaye war nicht länger Jungfrau und sowieso nie darin ausgebildet worden, die Laran -Energien durch ihre Kanäle fließen zu lassen.
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