Darkover 11 - Das Zauberschwert
ich wüßte, wie ich auf ihr Verlangen zu reagieren hätte, ja, vielleicht sogar, wie ich es erwidern könnte. Verstehst du das alles?«
»Eigentlich nicht«, antwortete Andrew nachdenklich, »aber ich will mir Mühe geben. Für meine Gefühle kann ich nicht, Callista, aber ich werde nie etwas tun, das du nicht willst.« Für eine Telepathin, dachte er, mußte schon ein wollüstiger Gedanke etwas von einer Vergewaltigung an sich haben. Galt es deswegen hier als unverschämt, eine junge Frau anzusehen? Sollte sie dadurch vor unpassenden Gedanken geschützt werden?
»Ich will doch auch«, gestand Callista schüchtern. »Ich bin mir nicht sicher, was das für ein Gefühl ist - wenn man jemanden liebt. Aber ich möchte, daß du weiter an mich denkst. Dann bin ich irgendwie weniger einsam. Allein im Dunkeln komme ich mir selbst nicht ganz wirklich vor.«
Andrew wurde von unendlicher Zärtlichkeit ergriffen. Das arme Kind, durch Gehirnwäsche gegen jede Emotion konditioniert! Was hatten sie aus ihr gemacht? Wenn er nur irgend etwas tun, sie irgendwie trösten könnte… Er war so verdammt hilflos, Meilen und Meilen von ihr entfernt, und Callista ängstigte sich allein im Dunkeln. Er flüsterte ihr zu: »Verlier den Mut nicht, mein Liebling. Wir werden dich bald da herausholen.« Kaum hatte er es ausgesprochen, als er sich in seinem Körper wieder fand. Er lag auf dem Bett, schwach und erschöpft. Wenigstens wußte er jetzt, daß Callista lebte und daß es ihr gut ging - jedenfalls so gut, wie die Umstände es erlaubten, berichtigte er sich -, bis Damon sie befreite.
Eine Zeit lang lag er still und ruhte sich aus. Offenbar strengte telepathische Arbeit viel mehr an als körperliche Aktivität; er war fast genauso schlapp wie zu der Zeit, als er sich durch den Blizzard gekämpft hatte.
Gekämpft. Das wirkliche Kämpfen besorgte Damon. Irgendwo da draußen tat Damon die eigentliche Arbeit, schlug sich mit den Katzenwesen - und nach dem Anblick, den der sich nach Hause schleppende Trupp Dom Estebans geboten hatte, waren die Katzenwesen verdammt ernstzunehmende Gegner.
Damon hatte ihm versichert, von ihm, Andrew, hänge alles ab, sobald Damon im Innern der Höhlen sei. Vermutlich würde er es schaffen, dachte Andrew, jetzt, wo er wußte, wie man seinen Körper - was Callista gleich zu Anfang seinen »festen« Körper genannt hatte - verließ und in die Überwelt ging. Dann kam ihm ein schrecklicher Gedanke.
Callista befand sich auf einer Ebene der Überwelt, wo sie weder Damon oder Ellemir noch sonst jemanden von ihren Freunden erreichen oder auch nur sehen konnte. Er, Carr, fand irgendwie zu ihr. Hieß das, daß er ihren Teil der Überwelt aufsuchte, den einzigen, den die Katzenwesen Callista offen ließen? Wenn das stimmte, war auch er nicht im Stande, Verbindung mit Damon aufzunehmen! Und wie zum Teufel sollte er Damon in diesem Fall irgendwohin führen?
Der Gedanke setzte sich in seinem Kopf fest und ließ sich nicht mehr vertreiben. Wenn er Damon nun nicht einmal mit dem Sternenstein erreichte? Würde er ebenso wie Callista, einem Geist gleich, durch die Überwelt irren, unfähig, ein bekanntes menschliches Gesicht heraufzubeschwören?
Unsinn. Damon wußte, was er tat. Sie hatten gestern Abend durch die Steine in Kontakt miteinander gestanden. (Wieder freute und störte ihn die Erinnerung an den Augenblick dieser merkwürdig intimen Verschmelzung.)
Trotzdem… der Zweifel ließ sich nicht verjagen. Schließlich sagte sich Andrew, daß er sich nur auf einem einzigen Weg Gewißheit verschaffen könne. Noch einmal wickelte er den Sternenstein aus seiner seidenen Hülle. Diesmal versuchte er nicht, aus seinem Körper in die Überwelt zu wechseln, sondern er konzentrierte sich mit aller Kraft auf Damon, indem er ständig seinen Namen wiederholte.
Der Stein bewölkte sich. Wieder mußte Andrew gegen die aufsteigende Übelkeit ankämpfen. (Würde er dieses Stadium je überwinden? Würde er je frei davon werden?) Er richtete seine Gedanken auf Damon. Tief im Inneren des blauen Steins - so wie er vor langer Zeit in der Handelsstadt Callistas Gesicht gesehen hatte - tauchten die winzigen Gestalten von Reitern auf. Andrew erkannte den flatternden Mantel in Grün und Gold, den Farben der Ridenow-Familie, wie Damon ihm erzählt hatte. Links und rechts von Damon ritten die beiden großen Gardisten. Über ihnen schwebte wie eine Bedrohung eine dunkle Wolke, und eine Stimme, nicht
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