Darkover 12 - Der verbotene Turm
Beschützer gefühlt, nur hatte er nie gewusst, wie er dies Gefühl ausdrücken sollte. Seine eigenen Augen waren blind vor Tränen. Die Ungeheuerlichkeit dessen, was er tat, ängstigte ihn, aber er wollte nicht mehr zurück.
Bredin. Auf der Erde gab es nichts dieser Beziehung Ähnliches. Einmal hatte er, nach einer Analogie suchend, Damon gegenüber den Ritus der Blutsbrüderschaft erwähnt. Damon hatte sich vor Abscheu geschüttelt und gesagt: »Die bei uns am strengsten zwischen Brüdern verbotene Tat ist es, des anderen Blut zu vergießen. Manchmal tauschen Bredin ihre Messer aus als Gelübde, dass sie niemals gegeneinander kämpfen werden, weil das Messer, das der eine Bruder trägt, dem anderen Bruder gehört.« Trotzdem hatte er sich bemüht zu verstehen, was Andrew mit einer Blutsbruderschaft meinte, und er hatte eingeräumt, ja die emotionale Bedeutung sei die gleiche. Andrew, der in seinen eigenen Symbolen dachte, weil er sich Damons Symbole noch nicht zu Eigen gemacht hatte, sagte sich jetzt, er würde seinen letzten Blutstropfen für Damon geben, und das würde Damon ebenso entsetzen, wie Andrew sich vor dem gefürchtet hatte, was Damon ihm hatte geben wollen.
Ganz langsam sickerte alles, was in Andrews Gedanken vor sich ging, in Damons Geist. Andrew verstand jetzt, er war endlich einer von ihnen geworden. Und während Andrews Barrieren sich langsam auflösten, wich das Entsetzen in Damon zurück.
Er war nicht allein. Er war Bewahrer seines eigenen Turmkreises, und er lieh sich Selbstvertrauen von Andrew und fand seine eigene Kraft und Mannheit wieder. Nicht länger trug er die Bürde aller anderen, sondern teilte das Gewicht dessen, was sie waren.
Nun konnte er alles vollbringen, doch im Gefühl von Andrews Nähe berichtigte er sich und sagte laut: »Wir können alles vollbringen.«
Er holte tief Atem, stand auf, zog Andrew in der unter Verwandten üblichen Umarmung an sich und küsste ihn auf die Wange. Er sagte weich: »Bruder.«
Andrew klopfte ihm grinsend auf den Rücken. »Du hast ganz Recht«, sagte er. Die Worte waren sinnlos, aber Damon spürte, was hinter ihnen stand.
»Was ich einmal über Blutsbrüderschaft gesagt habe... « – Andrew rang nach Worten – »... es ist... das gleiche Blut, wie von Brüdern... das Blut, das jeder für den anderen vergießen würde.«
Damon nickte verstehend. »Brüder aus dem gleichen Blut. Blutsbrüder, wenn du möchtest. Bredu. Nur teilen wir das Leben, nicht das Blut. Verstehst du?« Aber es kam weder auf die Worte noch auf die jeweiligen Symbole an. Sie wussten, was sie einander bedeuteten, und brauchten keine Worte dafür.
»Wir müssen die Frauen darauf vorbereiten«, sagte Damon. »Wenn diese Anklagen – und Drohungen – dem Rat vorgetragen werden und Ellemir nicht vorgewarnt ist, könnte sie eine Fehlgeburt haben oder Schlimmeres. Wir müssen uns entscheiden, wie wir uns verhalten sollen. Aber vor allem wichtig ist... « – er ergriff von neuem Andrews Hand – »... dass wir uns dieser Sache zusammen stellen. Wir alle.«
21
Drei Tage lang schwebte Esteban Lanart zwischen Leben und Tod. Callista blieb bei ihm – Ferrika hatte Ellemir verboten, im Krankenzimmer zu sitzen – und überwachte den offenbar sterbenden Mann, überzeugt, dass die große Arterie vom Herzen teilweise blockiert war.
Es musste einen Weg geben, den Schaden zu beheben, aber sie fürchtete sich, es zu versuchen.
Spät am Abend des dritten Tages öffnete er seine Augen und sah sie an seiner Seite. Er versuchte, sich zu bewegen, und sie streckte warnend die Hand aus.
»Lieg still, lieber Vater. Wir sind bei dir.«
»Ich habe... Domenics Beerdigung versäumt«, flüsterte er. Dann kehrte die Erinnerung zurück, und sein Gesicht verkrampfte sich vor Leid. »Dezi«, flüsterte er, »wo ich auch gewesen sein mag, ich... ich fühlte ihn sterben, den armen Jungen. Ich bin nicht schuldlos... «
Callista löste seine zur Faust geballte raue Hand mit ihren schlanken Fingern. »Vater, was er auch Schlechtes getan haben mag, er hat jetzt Frieden. Nun darfst du nur noch an dich selbst denken, Valdir braucht dich.« Sie sah, dass ihn das bisschen Reden schon erschöpft hatte. Er sagte: »Damon... «, und sie verstand, was er wollte. Schnell versicherte sie ihm: »Die Domäne ist sicher in seinen Händen, und es ist alles gut.«
Befriedigt sank er wieder in Schlaf, und Callista dachte, der Rat müsse Damon als Regenten bestätigen. Es war sonst niemand da, der auch nur den
Weitere Kostenlose Bücher