Darkover 17 - Die blutige Sonne
mit Kupferknauf. Jetzt sah er Kerwin gerade an und sagte: » S’dia shaya; ich bin Kennard, Dritter in Arilinn. Wo ist Eure Bewahrerin?«
Kerwin war sicher, daß er Bewahrerin sagte. Es war ein Wort, das auch mit Wärterin oder Hüterin übersetzt werden konnte.
»Für gewöhnlich läßt man mich ohne Hüterin hinaus«, stellte er trocken fest. »Wenigstens bisher.«
Schnell und spöttisch fiel Auster ein: »Auch du irrst dich, Kennard. Unser Freund ist ein - ein arkturianischer Krokodilmensch, das behauptet er wenigstens. Aber wie alle Terraner lügt er.«
»Terraner!« rief Kennard aus. »Aber das ist unmöglich!«
Kerwin hatte genug. Er erklärte scharf: »Das ist nicht nur nicht unmöglich, es ist die reine Wahrheit. Ich bin ein Bürger von Terra. Aber ich habe meine ersten Kinderjahre auf Darkover verbracht, und ich habe gelernt, an diese Welt als an meine Heimat zu denken und die Sprache zu sprechen. Wenn ich hier eingedrungen bin oder jemanden beleidigt habe, nehmt meine Bitte um Entschuldigung entgegen. Ich wünsche Euch eine gute Nacht.« Er machte auf dem Absatz kehrt und wollte den Raum verlassen.
Auster brummte etwas, das sich wie »Kriechendes Rabbithorn!« anhörte.
Kennard bat: »Wartet!« Kerwin, bereits halb aus der Tür, blieb bei dem höflichen, überredenden Ton des Mannes stehen. »Wenn Ihr ein paar Minuten Zeit habt, würde ich gern mit Euch sprechen, Sir. Es könnte wichtig sein.«
Kerwin blickte zu dem Mädchen Taniquel hin und hätte beinahe nachgegeben. Aber das Gesicht Austers bestimmte seinen Entschluß. Er wollte keinen Ärger mit dem da. Nicht an seinem ersten Abend auf Darkover. »Ich danke Euch«, antwortete er höflich. »Vielleicht ein anderes Mal. Bitte, verzeiht mein Eindringen in Eure Gesellschaft.«
Auster spuckte einen Mundvoll Wörter aus, und Kennard nahm die Absage mit Würde hin. Er verbeugte sich und sprach eine konventionelle Abschiedsformel. Das Mädchen Taniquel sah ihm ernüchtert und erschrocken nach, und noch einmal zögerte Kerwin. Er sagte sich, er solle bleiben, seine Meinung ändern, um eine Erklärung bitten, die Kennard ihm sicher geben konnte. Aber er war zu weit gegangen, um jetzt noch zurückstecken zu können, ohne sich lächerlich zu machen. Er sagte: »Nochmals gute Nacht«, und die Tür fiel zwischen ihm und den Rotköpfen zu. Mit einem merkwürdigen Gefühl der Niederlage und voll böser Vorahnungen durchquerte er das Foyer. Eine Gruppe von Darkovanern, die meisten in langen, feierlichen Umhängen wie sein eigener - hier kapitulierte man nicht vor billiger importierter Kleidung - kam ihm entgegen und verschwand in dem Raum, den er soeben verlassen hatte. Kerwin bemerkte, daß sich auch unter ihnen einige Rothaarige befanden, und von der Menge im Foyer stieg Gemurmel auf. Wieder schnappte er das Wort Comyn auf.
Ragan hatte das Wort in Zusammenhang mit Kerwins Stein erwähnt: Gut genug für Comyn. Kerwin forschte in seinem Gedächtnis. Das Wort bedeutete nichts weiter als Gleiche - Leute, die im gleichen Rang miteinander standen. Aber in diesem Sinn war das Wort nicht benutzt worden.
Draußen hatte sich der Regen in stechenden Nebel aufgelöst. Ein großer Mann in einem grünen und schwarzen Umhang ging mit hocherhobenem Rotkopf an Kerwin vorbei und sagte: »Schnell hinein, Ihr werdet zu spät kommen«, und betrat das Sky-Harbor-Hotel. Es war schon ein merkwürdiger Ort für ein Familientreffen darkovanischer Aristokraten, aber was wußte er davon? Ein toller Einfall schoß im durch den Kopf. Sollte er in die Gesellschaft hineinplatzen und zu wissen verlangen, ob irgendwer vor etwa dreißig Jahren einen jungen Verwandten verloren habe? Aber er verwarf den Gedanken im gleichen Augenblick mit seinem Auftauchen.
Auf der dunklen Straße war das Pflaster jetzt mit Eis bedeckt, denn der kalte Regen gefror im Fallen. Monde und Sterne waren ausgelöscht. Die Lichter der HQ-Tore brannten gelb. Kerwin wußte, dort würde er Wärme und vertraute Dinge finden, ein Dach über dem Kopf, einen Platz zum Schlafen und sogar Freunde. Ellers war wahrscheinlich aufgewacht, hatte festgestellt, daß Kerwin fort war, und war zum HQ zurückgekehrt.
Aber was würde Kerwin dort finden? Ein ihm zugewiesenes Quartier genau wie das auf seinem letzten Planeten, kalt und unpersönlich und mit dem unvermeidlichen Geruch nach Desinfektionsmitteln; eine Film-Bibliothek, die sorgfältig zensiert war, damit sie nicht zu viele
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