Darkover 21 - Sharras Exil
für Tag sah ich, dass es schlimmer mit ihm wurde, und ich wusste, der Zeitpunkt rückte näher, zu dem er mich brauchen würde. Er war immer zur Stelle gewesen, wenn ich ihn brauchte, und ich würde ihn nicht allein lassen, eine Beute des Alters und der Krankheit. Deshalb schufen Dio und ich uns ein Heim am Rand der Stadt, wo er uns besuchen konnte, so oft er wollte, und im Überfluss unseres eigenen Glücks fiel es uns leicht, ihm Zeit zu widmen und Gesellschaft zu leisten.
Ja, wir waren glücklich. Als ich Marjorie in den Schrecken der letzten Nacht verlor, als Caer Donn in Flammen aufging und wir, indem wir unser eigenes Leben in die Schanze schlugen, die Lücke zu schließen versuchten, die Sharra in das Gewebe der Welt gerissen hatte, da waren wir beide bereit gewesen zu sterben. Aber so war es nicht gekommen. Marjorie starb, und ich… lebte weiter. Doch etwas in mir war in jener Nacht zerstört worden. Es war nicht sauber weggeschnitten, sondern wie meine Hand vereitert und verfault und zu etwas grauenhaft Unmenschlichem verwandelt. Dio hatte sich furchtlos in all dies Entsetzen geworfen, und danach heilten meine seelischen Wunden.
An eine Heirat dachten wir beide nicht. Eine Heirat di catenas , die rituelle Eheschließung der Domänen, war eine feierliche Vereinigung von Eigentum, die zwei Familien, zwei Häuser betraf und dem Aufziehen von Kindern im Bewusstsein ihres Erbes und ihres Laran diente. Was Dio und ich hatten, war so unbedingt persönlich, dass wir unsere Familien nicht hineinziehen wollten und das auch gar nicht notwendig war. Meine Liebe zu Marjorie hatte zur Hälfte aus dem Wunsch bestanden, sie als meine Ehefrau zu sehen, mit ihr auf Armida zu leben, mit ihr Kinder zu haben, lange ruhige Jahre des Friedens in unserer geliebten Heimat zu verbringen. Mit Dio war es ganz anders. Als Dio im zweiten Jahr unseres Zusammenlebens feststellte, dass sie schwanger war, machte es uns nicht richtig glücklich. Aber vielleicht hatten unsere Körper auf eine Frage geantwortet, die unser Verstand sich nicht zu stellen wagte. Natürlich lag tief in uns der Wunsch nach Dauerhaftigkeit, nach etwas, das bestehen blieb, wenn wir dahin waren, das tief verwurzelte Sehnen nach der einzigen Unsterblichkeit, die wir begreifen.
»Ich brauche das Kind nicht zu bekommen, wenn du es nicht möchtest«, sagte sie. Sie saß an mich geschmiegt in unserm Wohnzimmer, das hoch über den Lichtern von Vainwal lag, den fröhlichen bunten Lichterketten, die die Straßen schmückten. Hier wurde ständig das eine oder andere Fest gefeiert, es gab immer Lärm und Lachen und Durcheinander und die Jagd nach dem Vergnügen.
Dio war mir nahe genug, dass sie mein instinktives Zusammenzucken spürte. Sie fragte: »Du willst das Kind doch, nicht wahr, Lew?«
»Ich weiß es nicht, und das ist die Wahrheit, Dio.«
Die Wahrheit: Ich wollte nicht, dass ein Drittes in unser Idyll eindrang, sei es auch noch so geliebt, ein Wesen, das unsere Verbundenheit unvermeidlich stören musste. Dio würde sich nicht mehr ausschließlich um meine Wünsche und Anliegen kümmern, und egoistisch, wie ich war, passte mir ihre Schwangerschaft nicht.
Doch ebenso wahr war es, dass ich mich voller Qual jener Nacht erinnerte - der Nacht vor ihrem Tod -, als ich erfuhr, dass Marjorie ein Kind erwartete, das auszutragen sie nicht mehr lange genug leben sollte. Ich hatte das zarte Leben gespürt, wie ich jetzt den neuen, wachsenden Lebenssamen in Dio spürte, und es grauste mir in tiefer Seele davor, ihn auszulöschen. Vielleicht stellte ich mich nur an. Aber in meiner Selbstsucht wollte ich, dass dieses Kind lebte.
Ich sagte: »Ich will es, und ich will es nicht. Du bist es, die das Kind tragen muss, du musst die Entscheidung treffen. Wie sie auch ausfallen wird, ich will versuchen, glücklich darüber zu sein.«
Lange Zeit sah sie dem wechselnden Spiel der Lichter in der Stadt unter uns zu. Endlich meinte sie: »Es wird mein Leben auf eine Art ändern, die ich mir nicht einmal vorzustellen vermag. Ich fürchte mich ein bisschen davor, mich so sehr zu verändern. Dich will ich, Lew, nicht dein Kind.« Sie legte ihren Kopf an meine Schulter. Ich spürte, dass sie ebenso unentschlossen war wie ich. »Gleichzeitig ist es etwas, das… das aus unserer Liebe entsprungen ist. Ich kann nicht umhin, mir zu wünschen… « Sie unterbrach sich und legte ihre Hand wie schützend über ihren Bauch. »Ich liebe dich, Lew, und ich liebe
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