Darkover 24 - Die Schattenmatrix
habe einen Mann getötet - ihm den Hals gebrochen, glaube ich. Und einen anderen habe ich bei lebendigem Leib verbrannt. Ich habe noch nie jemanden getötet, und ich hätte auch nie gedacht, dass ich es je tun würde. Ich fühle mich völlig leer deswegen. Und die übrigen Räuber habe ich nur deshalb nicht wieder aufgeweckt, weil ich Angst hatte, sie würden uns noch einmal angreifen. So gesehen bin ich für ihren Tod ebenfalls verantwortlich, auch wenn es letztendlich eure Schwerter waren, die …«
»Marguerida, hör endlich auf, dir Vorwürfe zu machen. Du hast nur deine Pflicht getan, um dich und uns zu schützen, und wir sind dir alle sehr dankbar, wenn auch ein bisschen verwirrt.«
»Ich rieche immer noch die brennenden Leichen.«
»Ich auch! Wir waren alle angeekelt - einen Menschen zu töten, der sich nicht wehren kann, widerspricht schließlich allem, woran wir glauben. Daniella hat sich davongestohlen und eine halbe Stunde gekotzt, nachdem wir den Scheiterhaufen angezündet hatten. Aber du wirst schon bald gesund und wohlbehalten in deinem Turm eintreffen und kannst die ganze Sache vergessen.«
»Rafi, ich glaube nicht, dass ich je vergessen kann, was passiert ist und wenn ich hundert Jahre lebe.«
Rafaella seufzte tief. »Nein, wahrscheinlich nicht. Niemand von uns wird es vergessen können, selbst wenn irgendwann
eine von uns ein Lied darüber schreibt.« Dann erschallte ihr vertrautes Lachen. »Aber es war schon sehr … spektakulär, Marguerida. Ich meine, ich habe schon einige Abenteuer erlebt unterwegs, aber keines war so bemerkenswert. Ich weiß auch nicht. Als ich gesehen habe, wie du …«
»Was?«
Rafaella wirkte verlegen. »Bevor du gesprochen hast, da … Ich konnte nur einen kurzen Blick erhäschen, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, am Leben zu bleiben. Ich habe dich bei den Pferden gesehen und beobachtet - na ja, mitbekommen -, wie du diesen Kerl in Flammen hast aufgehen lassen. Du hast richtig geleuchtet! Du warst für einen kurzen Augenblick in blaues Licht getaucht, und es war… einfach fantastisch! Trotz des Schreckens habe ich in meinem ganzen Leben noch nie etwas so Eindrucksvolles gesehen.« Margaret war wie benommen. »Haben die anderen …?«
»Sie haben auch ein paar Eindrücke aufgeschnappt, ja. Und sie waren nicht so begeistert wie ich, das steht fest. Aber sie werden es auch nicht herumerzählen, weil sie nicht wollen, dass man sie für verrückt hält.«
»Kein Wunder, dass sie mich dauernd angesehen haben, als wäre ich ein Monster mit zwei Köpfen.«
»Ich weiß. Sie haben versucht, sich nichts anmerken zu lassen, aber sie sind eben auch nur Menschen, Marguerida. Genau wie du.« »Da bin ich mir aber nicht mehr so sicher.«
»Marguerida - du hast uns das Leben gerettet. Sei zufrieden damit.« Es war bereits dunkel, als sie endlich die Mauern des Turms von Neskaya erreichten, aber am Eingang wartete ein Stallknecht, um Margarets Pferd in Empfang zu nehmen und das Maultier abzuladen. Die beiden Frauen saßen ab. Einen Augenblick lang sahen sie sich schweigend an.
»Ich werde dich vermissen, Marguerida.«
»Ich dich auch. Ach, wenn du doch nur bleiben könntest.« Rafaella schüttelte den Kopf. »Ich gehöre nicht hierher. Aber ich werde es so einrichten, dass ich dich wieder nach Thendara zurückbegleiten kann. Die Zeit hier wird bestimmt wie im Flug vergehen.«
»Hoffentlich.« Sie fühlte sich sehr verloren.
»Na, na, Marguerida. Nun schau nicht so traurig.« Rafaella umarmte Margaret zärtlich und küsste sie auf die Wange. »Du brichst mir noch das Herz, Chiya.«
Über Margarets Wangen liefen Tränen, und sie schniefte und schluchzte lauthals. Die Freundin strich ihr übers Haar und ließ sie weinen, bis sie endlich aufhören konnte. »Pass auf dich auf! Ich will nicht, dass dir etwas zustößt!«
Rafaella nickte, dann grinste sie. »Ich will auch nicht, dass mir etwas zustößt! Leb wohl fürs Erste.« Sie drückte Margaret noch einen raschen Kuss auf die Wange und stieg auf ihr Pferd. Als sie davonritt, fing Margaret Rafaellas Empfindungen auf und wusste, dass die Trennung für ihre Freundin genauso schmerzhaft war wie für sie selbst. Die Situation erinnerte sie an ihren Abschied von Liriel, und sie wünschte, sie müsste sich nicht ständig von Menschen verabschieden, die ihr etwas bedeuteten. Gleichzeitig war der Gedanke ermutigend, dass Rafaella sie vermissen würde und dass sie gemocht, ja sogar geliebt wurde. Der Schmerz in ihrer Brust ließ nach, und sie
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