Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
der stets gegenwärtigen Angst um Domenic. Er lächelte seinen Schwiegervater an, als verstünde er dessen Sorgen und versuchte ihn zu beruhigen. Donal stand ein kleines Stück entfernt, wachsam wie immer. Dann blinzelte er, als er Lews Blick bemerkte. Es war sicher wundervoll, dreiundzwanzig zu sein, dachte Lew, obwohl seine eigenen Erinnerungen an dieses Alter so schmerzlich waren, dass er sich fürchtete, daran zurückzudenken.
Mikhail drehte sich um und nahm seinen Platz hinter Regis’ zerschundenem Schreibtisch wieder ein. Er sah von einem zum anderen und musterte jedes Gesicht aufmerksam, als wollte er seine Berater einschätzen und in Gedanken ihre Stärken und Schwächen abwiegen. Zufrieden darüber, dass sein Schwiegersohn in einer den Umständen entsprechend guten seelischen Verfassung war, entspannte sich Lew ein wenig. Nun mussten sie entscheiden, wie es weitergehen sollte, und er selbst musste einen Weg finden, sich im Hintergrund zu halten und Mikhail die Führung übernehmen zu lassen.
Andernfalls würde der neue Regent kein Zutrauen in seine eigenen Entscheidungen gewinnen, und die brauchte er um ihrer aller Zukunft willen.
Rafe Scott, früher beim terranischen Geheimdienst, saß träge in einem Sessel, und Dani Hastur hielt einen zweiten besetzt. Die Jahre hatten es gut mit Scott gemeint, und auch wenn sein Haar ergraut und das gebräunte Gesicht ein bisschen faltenreicher war, schien er noch ganz derselbe zu sein, den Lew vor Jahrzehnten gekannt hatte – in einer Zeit, die so weit zurück lag, die so andersartig gewesen war, als handelte es sich um ein anderes Universum. Nachdem er von Lyle Belfontaine zum Rückzug aus dem Dienst gezwungen worden war, hatte Rafe zusammen mit Rafaella ein Unternehmen gestartet, bei dem sie hin und wieder Gruppen von Terranern zu Bergsteigerexpeditionen in die Hellers führten. Dass hatte ihn für darkovanische Verhältnisse reich gemacht. Zusätzlich stand ihm noch eine Pension von der Föderation zu, die ihm, sehr zu seiner Erheiterung, sogar manchmal ausbezahlt wurde. Das Fehlen von Scott im Hauptquartier hatte alles schwieriger gemacht, denn er hatte starke telepathische Kräfte. Bis vor wenigen Tagen hatten sie Ethan MacDoevid eingesetzt, der zwar über kein Laran verfügte, aber eine rasche Auffassungsgabe besaß und seine Sinne beisammen hatte. Der Mann aus der Nähnadelstraße war stets ein guter Nachrichtenkanal gewesen, und sie alle bedauerten, dass ihnen seine Beobachtungen nicht mehr zur Verfügung standen.
Dani Hastur, neben Rafe, war mit seinen mittlerweile dreißig Jahren immer noch so ruhig, wie er es als Jugendlicher gewesen war, aber er besaß nun mehr Selbstsicherheit. Der Tod seines Vaters war ein schwerer Schlag für ihn, und Lew wusste, er würde sich nur langsam davon erholen. Doch Dani hasste Thendara, und man sah seiner Haltung an, dass er jetzt überall lieber wäre als in diesem Raum, der so viele Jahre das Arbeitszimmer seines Vaters gewesen war.
Die sechste Person im Raum war Danilo Syrtis-Ardais. Von ihm hatte Regis’ Tod den größten Tribut gefordert, und er war in den vergangenen Tagen sichtbar gealtert. Aber sein Blick blieb wachsam, und es gab keinen Zweifel, dass er sich von seiner aufrichtigen Trauer nicht am Funktionieren seines wachen Verstandes hindern lassen würde. Mikhail saß da und öffnete und schloss die Hand, an der er die große Matrix von Varzil dem Guten trug. Er reckte das Kinn vor und schien nach etwas zu suchen, das Lew nicht erkennen konnte. Schließlich räusperte er sich und begann zu sprechen. »Sobald auch Dom Damon uns mit seiner Anwesenheit beehrt«, fing er an, und die Ironie in seinen Worten war nicht zu überhören, »werden wir eine Sitzung des Rates abhalten müssen. Die Frage lautet, was erzählen wir dort?« »Das bringt es genau auf den Punkt«, antwortete Danilo forsch. »Wenn wir ihnen sagen, dass es ein Mordkomplott gegen dich gibt, ist die Hölle los. Francisco Ridenow und Lady Javanne werden einen Beweis verlangen oder Taten fordern, das wissen wir alle. Und Domenics Abwesenheit muss bald erklärt werden. Bisher konnten wir sie geheim halten, aber irgendwann wird einer der Diener die Katze aus dem Sack lassen, und dann werden wir von den wildesten Spekulationen überschwemmt.« Er lächelte knapp. »Ich muss gestehen, ich habe sogar schon mit dem Gedanken gespielt, deiner lästigen Mutter zu erzählen, die Föderation habe ihn entführt, nur um ihr Gesicht zu sehen. Wenn sie sich doch
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