Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
die Zusammenhänge nachgedacht. Hmm … Ich denke, ich habe tatsächlich gespürt, dass etwas vor sich geht. Ach, Marguerida, ich weiß, ich bin schwierig. Und vielleicht habe ich mich in ein paar Jahren an Darkover gewöhnt. Aber im Moment könnte ich schreien vor Frust.« »Nur zu. Die Mauern von Burg Comyn haben im Lauf der Jahrhunderte Dinge gehört, da würden dir die Haare zu Berge stehen. Und zögere nicht, zu mir zu kommen, wenn du Probleme hast. Ich möchte dir gerne helfen.« »Danke, ich werde es versuchen. Aber es ist nicht leicht für mich, denn ich bin niemand, der schnell Zutrauen fasst. Von meiner Nana abgesehen, habe ich die Gesellschaft meines eigenen Geschlechts eigentlich nie interessant gefunden, und ich schließe nicht leicht Freundschaft. Ich liebe meinen Mann und meine Kinder, aber ehrlich gesagt, fühle ich mich mit meinen Pinseln und Farben wohler als mit den meisten anderen Leuten. Hmm … wenn das stimmt, was du vorhin gesagt hast, wenn ich tatsächlich besonders empathisch bin, das würde eine Menge erklären.« Katherine betrachtete Marguerida eine Weile, nachdem sie gesprochen hatte. Vielleicht würden sie mit der Zeit tatsächlich Freundschaft schließen. Das war eine ziemlich überraschende Erkenntnis, der sogleich eine zweite folgte – dass sie nämlich mit ihrer schwierigen Schwägerin noch eine Freundin gefunden hatte. Komisch – noch vor zwei Tagen hätte sie nicht im Traum daran gedacht, dass sie Gisela je mögen könnte, aber das Gespräch in der Kutsche hatte alles verändert. Und jetzt war Herm mit irgendeinem geheimnisvollen Auftrag unterwegs und ließ sie hier inmitten von Fremden zurück. Dass sie mit den meisten auf diese oder jene Art verwandt war, gestaltete die ganze Sache nur noch komplizierter. Sie sollte einfach aufhören, sich Sorgen zu machen, und lernen, auf Darkover zurechtzukommen. Schließlich musste sie ja auch an ihre Kinder denken.
»Mir geht es genauso mit Musik. Und ich nehme deine Worte als Wink, jetzt lieber zu gehen und dich hier weiterarbeiten zu lassen. Ich werde nicht länger in dich dringen.« Sie hätte gern Fragen nach Amedi Korniel gestellt, fand aber, dass es für den Augenblick reichte. »Das heißt, ich muss dich um einen Gefallen bitten – um zwei, eigentlich.« »Worum geht es?« »Mein Sohn Rhodri lässt ein gewisses Talent zum Zeichnen erkennen – jedenfalls greift er gern zu farbigen Kreiden und bemalt damit Wände, wenn er sich langweilt und nicht weiß, was er sonst anstellen soll. Seine Werke sind sehr hübsch, auch wenn ich ihm nicht erlauben kann, sie an den Wänden zu lassen. Meinst du, du könntest ihm ein bisschen Unterricht geben?« »Mit Vergnügen. Und der zweite Gefallen?« »Könntest du Gisela eventuell bitten, dir für ein Porträt Modell zu sitzen? Ich weiß, ihr beide hattet keinen guten Start, aber sie ist so unglücklich, und ich glaube, das würde ihr gefallen.« Katherine sah Marguerida gedankenverloren an, in ihrem Blick lag etwas Geheimnisvolles, aber er war nicht unfreundlich. »Sie wäre ein ausgezeichnetes Sujet«, war alles, was sie antwortete, aber ihre dunklen Augen funkelten interessiert.
»Schön. Dann lasse ich dich jetzt in Ruhe. Wir sehen uns später noch.« Marguerida verließ das Atelier einigermaßen verwirrt. Aber sie war zufrieden, weil sie manche von Kates Ängsten zerstreut hatte. Sie war jedoch noch keine zehn Schritte weit gegangen, als ihre eigenen Sorgen schlagartig wieder da waren.
Katherine hatte sie eine Weile abgelenkt, und sie erkannte, dass ihr der Besuch ebenso viel Erleichterung gebracht hatte, wie sie gegeben hatte. Sie musste warten, sich in Geduld üben.
Es war sehr schwer, eine Frau mittleren Alters mit Pflichten zu sein, wenn sie in Wirklichkeit lieber davongerannt und irgendetwas unternommen hätte – egal was! Und dann kehrte die Trauer zurück, als hätte sie nur darauf gewartet, ihre Gefühle wieder zu beherrschen. »Warum musstest du verdammt noch mal sterben, Regis? Der Zeitpunkt war ausnahmsweise mal schlecht gewählt«, murmelte sie und fühlte, wie sich ihre Augen mit neuen Tränen füllten.
Nachdem Marguerida gegangen war, begann Katherine nicht wieder zu zeichnen, sondern starrte aus dem Fenster und dachte über die Dinge nach, von denen sie ungeordnet gesprochen hatten. Ihr Verstand war müde, und sie wusste, dass sie im Moment nicht in der Lage war, aus all dem schlau zu werden, was sie gewaltig ärgerte. Sprich mit Ida Davidson, hatte Marguerida gesagt. Das
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