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Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters

Titel: Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Zuschauer begannen dorthin zu drängen und schnitten ihm die Sicht ab. Er schlüpfte durch die Menge, wobei er seine immer noch verhältnismäßig geringe Körpergröße ausnutzte, und es gelang ihm, sich bis in die erste Reihe vorzuarbeiten. Auf einem Sack Leinwand war ein bezauberndes Bild aufgemalt, eine Ansicht von zinnenbewehrten Burgen und in der Mitte ein sehr hoher, aber unverkennbarer Turm, umgeben von einem Feld blauer Kireseth -Blumen. Kurz darauf begann eine rot gewandete Figur an Fäden die kleine Bühne zu überqueren. Sie sollte offensichtlich eine Bewahrerin darstellen, aber während das Gesicht hinter einem Schleier verborgen war, waren die Röcke des Gewands unanständig kurz und ließen ein paar schöne, aus weichem Stoff genähte Glieder sehen. Domenic wusste nicht, ob er es lustig oder skandalös finden sollte.
    Die Bewahrerin begann zu sprechen, und er erkannte die Stimme von Illona Rider; dem rothaarigen Mädchen. Von dem Text, den sie aufsagte, bekam Domenic rote Ohren, und seine Wangen brannten vor Verlegenheit. Solche Dinge durfte eine junge Frau nicht aussprechen, vor allem nicht, wenn sie so nett zu sein schien wie Illona! Und sie hätten es nie gewagt, ein Stück wie dieses in Arilinn oder einem anderen Turm aufzuführen. Er begann zu verstehen, warum Regis allzu hä ufige Besuche des Fahrenden Volks in Thendara unterbunden hatte.
    Herm stand jetzt genau hinter Domenic und hatte eine Hand auf seine Schulter gelegt. Der Junge spürte die Verwunderung und das Missvergnügen seines Onkels und fühlte sich nicht mehr ganz so verunsichert. Nicht, dass er ein Tugendbold gewesen wäre, aber was die Puppe von sich gab, war einfach schändlich. Schlimmer noch war, dass die Leute im Publikum lautstark lachten und eigene deftige Kommentare hören ließen. Domenic spürte ganz allgemein, dass die Bewohner der Stadt die Türme nicht besonders schätzten, was ihm seltsam und verwirrend vorkam.
    Eine zweite Puppe gesellte sich zu der Bewahrerin auf der Bühne, und die beiden ergötzten sich in Wortspielen, die das Publikum zu donnerndem Beifall hinrissen. Domenic lauschte und fragte sich, wie Illona es fertig brachte, zwei so verschiedene Stimmen zu erzeugen, und dann fing er erst richtig an, auf das Wortgeplänkel zu achten. Es war mehr als unanständig, fast schon obszön. Eine Frau in Domenics Nähe packte ein junges Mädchen am Arm und schleifte es mit empörtem Gesicht in die Menge zurück. Andere um ihn herum begannen unruhig zu werden, einige Zuschauer verließen den Hof, wobei sie sich wiederholt umblickten, während sie hastig in der schmalen Straße hinter dem Gasthaus verschwanden. Sie fanden eindeutig keinen Gefallen mehr an dieser Unterhaltung.
    Ist das typisch, Tomas?
Ich weiß es nicht. Ich habe das Fahrende Volk nur zweimal in Arilinn gesehen, aber dort sie haben nie etwas wie das hier aufgeführt. Schlimm, was? Hmm. Illona sagte, dass sich ein Mann namens Mathias der Truppe angeschlossen habe, und der hat ein paar Stücke geschrieben, die sie anscheinend … unschicklich fand.
Das hier ist schlimmer als unschicklich – es ist subversiv.
Sich über eine Institution ein bisschen lustig zu machen, ist ja gut und schön, aber das hier geht weit darüber hinaus. Wenn das Fahrende Volk solche Dinge in den Städten und Dörfern aufführt, dann wundert mich wirklich, dass man sie bis jetzt gewähren ließ. Dieses ganze Zeug, dass man die einfachen Leute angeblich einschränkt und ihnen das Getreide wegnimmt … das schürt nur Unmut. Ich stelle mir unter Belustigung jedenfalls etwas anderes vor, und beim Publikum kommt es auch nicht gut an. – Wer soll das jetzt sein?
Eine dritte Marionette war auf nun auf der Bühne, eine männliche Figur mit schönen, wenn auch grellbunten Kleidern und einer Narrenkappe mit zwei Spitzen und einer schwankenden Krone außen rum. Die Puppe war schlecht gemacht und anscheinend hastig zusammengebaut worden, denn sie besaß nicht die Qualität der beiden anderen. Sie hatte ein lüsternes Gesicht und Beine, die sehr unmännlich trippeln konnten. In Domenic brandete Wut auf, als er sie sah, denn trotz der groben Machart der Figur war das weiße Haar unter der Kappe unverkennbar. Es konnte sich nur um Regis Hastur handeln. Der Junge war wie betäubt und außer sich zugleich.
Er senkte den Blick und starrte auf den bloßen Kopf eines Balgs genau vor ihm. Er fragte sich, was der kleine Junge wohl von dem hielt, was er da sah. Wahrscheinlich verstand er nicht

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