Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
es tat – aber es schmerzt, Caria. Ich bin tief betrübt und müde, doch ich darf nicht zaudern. Ich habe eine Welt zu beschützen, und ich schwöre, das werde ich tun, wie hoch dir Preis auch sein mag. Ich bete nur, dass ich mir nicht mehr auflade, als ich tragen kann.«
26
Der folgende Tag dämmerte kalt und freudlos. Nach einem schweigend eingenommenen Frühstück aus warmem Haferbrei und Pfannkuchen brach der stark dezimierte Trauerzug von Halstad auf. Das kleine, etwa sechs Meilen hinter dem Schauplatz des Kampfes gelegene Dorf war am Vorabend durch die Invasion von annähernd zweihundert Menschen völlig überrumpelt worden, und es war fast erheiternd gewesen, die Dorfbewohner bei dem geschäftigen Versuch zu beobachten, all die Leute unterzubringen. Der Gasthof hatte nur drei Fremdenzimmer und entbehrte vieler Annehmlichkeiten des Krähenden Hahns, darunter eines Badezimmers.
In Halstad gab es für diese Zwecke eine Gemeinschaftseinrichtung für das gesamte Dorf. Bis weit in die Nacht hatten sich die müden Reisenden nacheinander den Gestank von Schweiß, Asche und Blut von den Leibern gewaschen, während die verwunderten Dörfler ganze Fuhren Feuerholz anschleppten, um die Wannen warm zu halten.
Es war ein klammer Abend gewesen, unterbrochen von kurzen Versuchen, ein Gespräch in Gang zu bringen, die meistens mitten im Satz endeten, als hätten die Sprechervergessen, was sie sagen wollten. Dom Gabriel hatte Domenic an seine Seite gezogen und behielt ihn bei sich, und auch Illona war stets in seiner Nähe. Die Sicherheit, die sein Großvater ausstrahlte, hatte den Gefühlsaufruhr des Jungen langsam besänftigt, das Grauen, einen Menschen getötet zu haben. Domenic war überzeugt, es dürfte ihn eigentlich nicht so quälen – der Mann war ein Feind und ein Fremder gewesen. Aber es quälte ihn dennoch, und nach einer Weile entschied er, dass seine Gefühle wahrscheinlich ganz natürlich waren und nicht morbid. Einen anderen Menschen umzubringen, war keine Kleinigkeit. Er dachte an Vancof, der erst den namenlosen Burschen in Carcosa und dann kurz vor der Schlacht Granfell getötet hatte, beide scheinbar ohne das geringste Zögern. Es belastete das Gewissen des Mannes wahrscheinlich überhaupt nicht. Nein, da war es schon besser um den Tod des Soldaten zu trauern, anstatt so zu tun, als spielte er keine Rolle.
Domenic wusste, dass er nicht allein war mit seiner Verwirrung, denn alle Leute um ihn herum empfanden ähnlich.
Am schlimmsten war es bei seinem Vater, der sich mit derart hemmungslosen Schuldgefühlen quälte, dass der junge Mann jedes Mal zusammenzuckte, wenn er Mikhails Gedanken streifte. Er selbst hatte einen Mann getötet, sein Vater hingegen Dutzende. Wie viel schrecklicher musste das alles für ihn sein!
Es hatte ihm gut getan, zu schlafen, wenn auch in einem breiten Bett zusammengepfercht mit Dani, Danilo, Dom Gabriel und Onkel Rafael. Illona war mit Rafaella gegangen, um bei den Entsagenden in deren Zelten zu schlafen, und Domenic nahm an, dass sie froh war, im Freien zu sein und nicht in dem überfüllten Gasthaus. Zum Glück hatte er nicht von dem toten Soldaten geträumt, oder wenn er es getan hatte, dann konnte er sich nicht erinnern.
Aber Domenic fühlte sich kaum erfrischt, als er nun neben seiner Mutter ritt, auf einem besseren Pferd, als ihm Herm zu Beginn ihres traurigen Abenteuers gebracht hatte. Er vermisste seinen neuen Onkel bereits, der zusammen mit den übrigen Verwundeten, den gefangenen Technikern und den überlebenden Soldaten nach Thendara zurückgekehrt war. Domenic war immer noch aufgewühlt, und auch wenn sich seine Stimmung seit dem Abend zuvor ein wenig gebessert hatte, fühlte er die innere Düsternis weiter in den Winkeln seiner Seele lauem, jederzeit bereit, wieder zum Vorschein zu kommen. Es würde sehr viel mehr brauchen als Essen, Schlaf und trockene Kleidung, um die Auswirkungen eines Messerstichs in lebendiges Fleisch zu mildern.
Die Straße bog nun in westliche Richtung ab, und neben ihr standen große Baumgruppen, Harthölzer und Koniferen. Domenic atmete den Duft des Waldes ein und horchte nach dem Gesang der Vögel und dem Rascheln kleiner Tiere. Doch stattdessen hörte er nur das raue Geräusch des Atems in seinen Lungen und das kaum wahrnehmbare Ächzen der Welt. Nur zu gern wäre er von seinem Pferd gestiegen, hätte die Füße auf den Boden gestellt und sich bei dem unglaublichen Murmeln des Planeten in eine Trance fallen lassen, um alles zu
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