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Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters

Titel: Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Aldones, war sie müde! Es erschien ihr wie eine Ewigkeit, bevor sie die verletzten Blutgefäße lokalisieren konnte. Der Stich hatte die Arterie hauchdünn verfehlt, aber die Wunde blutete dennoch schlimm.
    »Was tust du da?«, schrie Katherine ängstlich und wütend zugleich.
    »Lass sie in Ruhe«, brüllte Domenic zurück, dann spuckte er wieder.
    »Alles in Ordnung, Kate«, ertönte Mikhails Stimme in Margueridas Rücken. Sie wusste, er stand in der offenen Tür der Kutsche, und sie fühlte seine Müdigkeit ebenso stark wie ihre eigene.
    Marguerida versuchte, die Geräusche ringsum auszusperren, die Schreie der vor Angst rasenden Maultiere, die Rufe von Gardisten und Entsagenden. Das war einfacher, als ihren Geist vor Katherines Panik, Domenics Entsetzen und der Besorgnis ihres Mannes zu verschließen. Es schien ewig zu dauern, aber zuletzt gelang es ihr, sich auf nichts anderes als Hermes-Gabriel Aldaran zu konzentrieren, und für eine Weile war sie mit ihm allein. Sie hob die Handfläche mit der Matrix darin und bewegte sie über das verletzte Fleisch, um die Wunde auszubrennen. Vorübergehend geriet sie ins Stocken und spürte, wie Mikhail sie unterstützte, bis sie die Kraft hatte, die Aufgabe zu vollenden. Die Wunde würde noch gesäubert und genäht werden müssen, aber sie hatte die Blutung fürs Erste gestoppt.
    Nun endlich kam Marguerida zu Bewusstsein, dass sie auf einer Leiche kniete, und sie zog sich neben ihren Sohn auf die Bank. Ihr Gesicht war schweißbedeckt, und ihre Hände zitterten. Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn, und ein Hauch ihres eigenen Angstschweißes und des Bluts an ihren Händen stieg ihr in die Nase. Angewidert verzog sie das Gesicht. Katherine starrte sie an, die Hände ihrerseits verschmiert mit Herms Blut, die Haut so weiß, wie Marguerida sie noch nie gesehen hatte. »Jetzt ist er erst einmal versorgt, Kate, bis eine Heilerin ihn gründlich reinigen kann«, brachte sie krächzend heraus.
    Sie war zu müde, um sich zu bewegen, aber die laute Atmosphäre der Kutsche war ihr beinahe unerträglich. Sie wollte unbedingt nach draußen, aber ihr Körper verweigerte den Dienst. Dann sah sie, wie ein kräftiges Paar Hände die Füße des Toten packten, der noch immer, von Blut und Erbrochenem bedeckt, auf dem Boden lag. Die Hände zerrten heftig, und die Leiche begann sich zu bewegen. Als sie auf die Erde aufschlug, gab es ein dumpfes, widerwärtiges Geräusch, und Marguerida spürte, wie ihr die Galle in der Kehle aufstieg. Sie schluckte schwer und zwang ihr Mittagessen, im Magen zu bleiben, und in diesem Moment wurde die Tür auf der anderen Seite der Kutsche aufgezogen.
    Draußen standen mit ängstlichem Blick ein Mitglied der Garde und eine der Entsagenden. Marguerida hörte, wie der Leichnam weggeschleift wurde, dann beugte sich Mikhail ins Innere der Kutsche. Herm stöhnte und öffnete langsam die Augen. Er versuchte sich vorzulehnen und stieß einen Schmerzenslaut aus. Katherine schob die blutigen Hände unter seine Arme und stützte ihn, so gut es ging.
    »Schafft ihn raus und bringt eine Trage«, befahl Mikhail dem Gardisten auf der anderen Seite des Gefährts. »Katherine, du könntest jetzt aussteigen, dann kommt man leichter an Herm heran.« Als die Frau sich nicht rührte, wurde sein Ton schärfer. »Lehn ihn an die Bank und komm raus!« Sie starrte ihn verblüfft an, doch schließlich ließ sie ihren Mann langsam gegen die Rückwand sinken und kletterte nach draußen. »Ich steige nie mehr in eine Kutsche! Nie wieder!« Dann begann sie zu weinen.
    Die Kutsche schaukelte, als der Gardist hineinstieg, während die Entsagende an Herms Oberkörper anpackte. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sie ihn aus der beengten Lage befreit hatten, aber Marguerida, die immer noch bewegungsunfähig auf der Bank hockte, kam es unendlich lange vor.
    »Keine Angst, Mutter. Das hier ist Danila, und Tante Ra fi sagt, sie sei eine gute Heilerin.« Domenic lachte leicht hysterisch. »Sie versucht schon seit Tagen, Onkel Herm in die Finger zu kriegen. Los jetzt, lass uns auch aussteigen. Ich helfe dir.« Eine Hand griff nach ihrer Taille, und ein schlanker Ann legte sich von der anderen Seite her darum. Sie roch den Körper ihres Sohnes, als er sie an sich zog, seinen übel riechenden Atem, so nahe, dass ihr fast wieder schlecht wurde.
    Unter die Gerüche von Angst und Schweiß mischten sich der Duft von Holzrauch und ein Anflug von Berglavendel, der aus seiner Kleidung aufstieg.

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