Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
eigentlich schlafen wie ein Holzstock, egal was kommt, mein Junge. Und wenn die Welt untergeht.« »Wenn du das sagst.« Domenic zuckte mit den Achseln und wandte sich ab. Er hatte das Haar straff nach hinten gekämmt und mit einem kleinen Riemen zusammengebunden, da Francisco Ridenow, der Kommandant der Garde, langes Haar nicht billigte. Es war so straff, dass Domenic Kopfschmerzen davon bekam.
Er wünschte, er würde sämtliche Aspekte seines Problems kennen, aber er brachte nicht alle Fäden zusammen, und das machte die Sache umso quälender. Zum Teil, so viel war ihm klar, hing es mit Regis’ plötzlichem Tod zusammen, denn der hatte alles verändert. Domenic war tieftraurig, aber nicht allein das störte seinen Seelenfrieden. Es war hauptsächlich das Gefühl, dass er nie die Gelegenheit haben würde, etwas zu tun, das ihm nicht durch Brauch oder Erbe bereits vorgezeichnet war. Komisch, früher hatte das keinen Unterschied gemacht.
Und er konnte nicht einmal sagen, was er eigentlich genau tun wollte, außer nicht Domenic Gabriel-Lewis Alton-Hastur zu sein. Rhodri war der Glücklichere von ihnen beiden, denn der durfte tun und lassen, was er wollte.
Wieder scharrte er mit den Füßen und sah auf die Pflastersteine hinab, während er das Chaos in seinen Gedanken zu ordnen versuchte. Er hatte am Vorabend mehr Wein getrunken, als er gewöhnt war. Das lag am angenehmen Einfluss von Katherine Aldaran, der interessantesten Frau, die er abgesehen von seiner Mutter je kennen gelernt hatte. Und tapfer war sie dazu, denn er hatte ihr angemerkt, dass sie in der Gesellschaft von Telepathen schreckliche Ängste ausstand, dennoch hatte sie es fertig gebracht, nicht die Beherrschung zu verlieren. Ihre ruhige Standhaftigkeit hatte dazu gerührt, dass er sich im Vergleich zu ihr ein wenig feige vorkam. War es das, was ihn beunruhigte, und lag vielleicht eine Spur Wahrheit darin? War er womöglich ein Feigling?
In wenigen Augenblicken wuchs der Gedanke in seinem Kopf von einem Kieselstein zu einem Felsblock. Er fragte sich, ob er tapfer genug war, gut genug, um eines Tages das Erbe der Domäne Hastur anzutreten. Als Regis noch gelebt hatte, war die Aussicht, später einmal zu regieren, in weiter Ferne gelegen. Und wie er sich eingestehen musste, strebte er nicht sehr ehrgeizig nach dem Platz, den das Schicksal für ihn ausersehen hatte. Er war davon ausgegangen, dass Regis mindestens noch zwanzig Jahre leben würde; bis dahin wäre er selbst Vater gewesen, und sein Sohn hätte zum Erben ernannt werden und die Regentschaft antreten können. Wie seltsam, dass er sich diese Fantasie nie vorher eingestanden hatte – dass er nie ernsthaft geglaubt hatte, die Aufgabe, Darkover zu regieren, könnte tatsächlich einmal ihm zufallen.
Er wusste, was Regis gesagt hätte – wenn ihm sein Leben nicht passte, hätte er sich nur andere Eltern aussuchen müssen. Das hatte er mehr als einmal gehört, aber jetzt brachte ihn dieser Satz nicht mehr zum Lächeln. Er wusste mit Sicherheit nur, dass er das Gefühl hatte, als würden die Mauern um ihn herum immer näher rücken, als wäre er ein Tier in einer Falle, bereit, sich die Pfote abzubeißen, um zu entkommen. Man würde ihn beobachten, noch mehr, als es bereits der Fall war, und dieser Gedanke erschien ihm unerträglich. War er nicht sein ganzes Leben lang nahezu ein Gefangener auf Burg Comyn gewesen? Das hatte ihn bisher nicht gestört – warum also Verspürte er nun diesen seltsamen Wunsch wegzulaufen, einfach die Straße entlangzuspazieren, in diese Stadt, die er kaum kannte, obwohl er sein ganzes Leben dort gewohnt hatte, und dann weiter, bis er den Wall um die Welt erreichte? Er überlegte kurz, ob sein Vater diese Regelung eventuell ändern würde – die Hasturs hatten sich nicht immer so eingemauert, wie es Regis getan hatte –, aber er kam zu dem Schluss, dass dies sehr unwahrscheinlich war.
Es gab Gefahren auf Darkover, dessen war er sich sehr wohl bewusst. Terranische Agenten trieben sich herum, wenngleich nur wenige und offenbar keine Meister ihres Fachs, wenn man nach dem Schlamassel urteilte, den sie beim Versuch, Unruhe in der Stadt zu schüren, angerichtet hatten. Es gab Tiere wie Wildkatzen und Banshees – allerdings würde er nie erfahren, wie die aussahen, wenn er immer auf Burg Comyn blieb. Und es gab Leute im Rat der Comyn, die ihm schaden würden, wenn sie konnten. Seiner eigenen Großmutter Javanne entschlüpfte gelegentlich die Bemerkung, sie sähe ihn lieber
Weitere Kostenlose Bücher