Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
die ihr kurz darauf über die Wangen rollten.
Sie tupfte sie mit der Ecke ihrer Serviette ab. Schließlich hatte sie sich wieder unter Kontrolle und wandte sich an Domenic.
»Ist er immer so kurz angebunden?« »Meistens, außer wenn er Rhodri eine Standpauke hält.« Domenic sah seinen Vater liebevoll an, was den Worten größtenteils ihre Schärfe nahm. Aber nicht ganz. Mikhail erinnerte sich nämlich noch lebhaft an den Tag, an dem Dani Hastur ihm erzählte, dass sein Vater anscheinend nie Zeit hatte, mit ihm zu reden. Ging es Domenic etwa genauso? Mikhail hatte sich geschworen, ein guter Vater zu sein und seine Kinder nicht auf diese Weise zu vernachlässigen. Nun fühlte er sich als Versager. Schon gut, Vater. Du hörst mehr zu, als du redest, das ist alles. Und du machst dir zu viele Sorgen.
Danke, Domenic. Du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst, oder?
Ja, aber ich habe nicht viel zu sagen.
Bist du glücklich, mein Sohn?
Nein, aber daran kannst du nichts ändern. Und ich möchte nicht darüber sprechen, weder jetzt noch ein andermal.
Wie du meinst. Bedrückt wandte sich Mikhail wieder seinem Essen zu. Dann fiel ihm ein, wie kompliziert er selbst mit fünfzehn gewesen war. Er zwang sich, die Angelegenheit entspannt zu sehen, wahrscheinlich handelte es sich nur um die normalen Probleme, die das Erwachsenwerden so mit sich brachte und die sich mit der Zeit von allein lösten. Welcher Teenager war schon glücklich? Wahrscheinlich kein Einziger.
Mikhail blickte von seinem Teller auf und bemerkte, dass Marguerida ihn vom anderen Tischende her ansah. Sie schenkte ihm ein wundervolles Lächeln, eines von der Art, das ihn stets zu trösten und ermutigen vermochte, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Herm Aldaran zu. Der tiefe Schmerz über den plötzlichen Tod seines Onkels und die Wirklichkeit dessen, dass er jetzt der wahre Herrscher Darkovers war, schienen bei ihrem Blick ein wenig nachzulassen.
Mit Marguerida an seiner Seite konnte er allem ins Auge sehen, egal wie unmöglich es zunächst aussah. Er war beruhigt und erlaubte sich, an nichts Besonderes zu denken, während sein Sohn und Katherine sich weiter unterhielten.
Vom anderen Tischende her beobachtete Marguerida Sohn und Ehemann und seufzte leise. Sie fragte sich, was Katherines Heiterkeitsausbruch wohl verursacht haben mochte. Die Frau kam ihr sehr ernsthaft vor, aber sie wirkte jetzt nicht mehr ganz so zornig, und darüber war Marguerida froh.
»Ich weiß nicht, was Mikhail gesagt hat, aber es tut gut, Kate wieder so lachen zu hören. Ich dachte schon … na, egal.« Herm lächelte Marguerida an.
»Sie muss außer sich sein.« »Wissen Sie, diesen Ausdruck habe ich nie verstanden. Wie kann jemand außer sich sein? Aber Sie haben Recht, sie war sehr beunruhigt, was ich ihr nicht verübeln kann. Als ich sie kennen lernte, war sie eine junge Witwe und sehr traurig.
Nach allem, was ich weiß, war Amaurys Vater ein sehr netter Mensch, und sein Tod war ein schwerer Schlag für sie. Ich habe mir oft gewünscht, ich hätte ihn gekannt, obwohl ich Katherine nicht hätte heiraten können, wenn er noch leben würde, und das wäre unerträglich für mich!« Er lachte in sich hinein. »Womöglich hätte ich ihn zu einem Duell oder etwas ähnlich Lächerlichem herausfordern müssen.« »Sie kommen mir gar nicht vor wie ein Mann, der heiratet«, bemerkte Marguerida.
»Da haben Sie Recht, auch wenn ich nicht weiß, wie Sie das nach so kurzer Bekanntschaft feststellen konnten. Ich war recht zufrieden mit meinem Junggesellendasein, bis mir Katherine über den Weg lief, und dann konnte ich an nichts anderes mehr denken, als sie so schnell wie möglich zu heiraten, bevor sie mir ein anderer wegschnappt.« »Gab es denn andere Bewerber?« »Nein, überhaupt nicht, aber ich habe mir ständig vorgestellt, dass ganze Horden von ihnen in den Ecken der Ballsäle und Salons lauerten. Sie ist so wunderschön, dass ich einfach nicht anders konnte. Und mir ist immer noch rätselhaft, warum sie mich geheiratet hat. Ich weiß, ich bin kein gut aussehender Mann.« Er deutete auf seine spiegelnde Glatze. »Was ich je an gutem Aussehen hatte, hat Robert bei einem Faustkampf ruiniert, als wir junge Burschen waren.« Er rieb sich die Nase, die erkennbar mindestens einmal gebrochen war.
»Robert bei einem Faustkampf Das ist aber eine bemerkenswerte Vorstellung. Er schien mir immer die Gutmütigkeit in Person zu sein.« »Das ist er auch, aber ich habe es als Junge oft darauf
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