Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
War es denn wirklich so?« »Naja, irgendwo waren sie – oder irgendwann? Es fällt mir immer noch schwer, mir das Ganze vorzustellen, und ich habe mir natürlich immer gewünscht, ich wäre dabei gewesen und nicht sie! Als die beiden zurückkehrten, waren für sie mehrere Wochen vergangen, für uns dagegen nur eine Nacht, sie hatten geheiratet und Marguerida war mit Domenic schwanger!
Ich kann dir sagen, das war nicht leicht zu glauben, und es gibt einige Leute, wie meine Schwiegermutter, die glauben es tatsächlich noch immer nicht, obwohl die besten Leroni auf Darkover den Wahrheitsgehalt dieser Ereignisse bestätigt haben. Javanne wollte genauso wenig wie ich, dass Mik Marguerida heiratet, nur aus anderen Gründen, und sie behauptet nach wie vor, dass die Ehe ungültig ist. Aber das ist größtenteils Gehässigkeit, weil die Vermählung ohne ihre Zustimmung stattfand.« Gisela hielt inne und rutschte auf ihrem Sitz zurück. »Da saßen wir nun also alle fest und konnten nichts an der Sache ändern. Rafael war damals sehr nett zu mir, obwohl ich es mir durch nichts verdient hatte. Und da wusste ich, dass Marguerida Recht hatte, ich hatte meinen Blick in die Zukunft falsch gedeutet, Rafael war der Mann in meinen Visionen. Ich hatte es eigentlich die ganze Zeit gewusst, aber nicht wahrhaben wollen.« »Wie hast du es gewusst?« »Die Aldaran-Gabe, wie gesagt. Ich sah mich mit einem Hastur verheiratet, und ich habe mir eingeredet, dass es nur Mikhail sein könne, weil ich es so wollte. Dabei war mir sehr wohl klar, dass er zwei Bruder hat. Ich tat einfach, als würden Gabriel und Rafael nicht existieren – was für eine dumme Gans ich doch war!« In ihrer Stimme lag so viel Selbsthass, dass sich Kate beinahe krümmte.
Während der Fahrt zur Malergilde hatte Katherine beinahe vergessen, dass die Leute um sie herum besondere »Gaben« besaßen, dass die Frau ihr gegenüber eine Telepathin und vermutlich noch mehr war. Sie hatte Margueridas Versicherungen Glauben geschenkt, dass ihre Gedanken geschützt seien.
Als Gisela nun die Aldaran-Gabe erwähnte, kehrten alle Zweifel und Ängste zurück. Sie schluckte heft ig und zwang sich, ruhig und beiläufig zu klingen. »Ach ja, die Aldaran-Gabe. Herm hat mir ein wenig davon erzählt, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm geglaubt habe.« Diesmal klang Giselas Lachen echt. »Doch, sie existiert tatsächlich, aber sie auszulegen ist ziemlich riskant. Und ich habe noch nie jemandem davon erzählt – ich weiß gar nicht, warum ich so offen zu dir spreche.« Sie warf Katherine einen Blick zu, aus dem Angst, aber auch tiefes Verlangen sprachen.
»Der einzige Mensch, der in vollem Umfang Bescheid weiß, ist wahrscheinlich Marguerida, und sie ist viel zu taktvoll, um es mir vorzuhalten. Manchmal wünschte ich, sie wäre nicht ganz so … diszipliniert. Oder ich wäre mehr wie sie und weniger wie ich selbst.« Katherine erwiderte den Blick und versuchte, die nicht ausgesprochene Absicht hineinzulegen, eine gute Freundin zu sein, denn je mehr sie Gisela zuhörte, desto mehr stellte sie fest, wie tapfer und einsam ihre Schwägerin war. »Manchmal ist es leichter, Fremden etwas zu erzählen als Leuten, die man gut kennt.« »Das ist genau das Problem. Es gibt keine Fremden in meinem Leben – nur Leute, die ich so gut kenne, dass ich schon weiß, was sie sagen werden, bevor sie den Mund aufmachen.
Manchmal, wenn sich Rafael räuspert, bevor er mich zum tausendsten Mal fragt, wie es mir heute geht … da glaube ich, ich muss verrückt werden.« »Bitte, tu das nicht.« Gisela lachte leise und ließ die Schultern ein wenig sinken.
»Nein, wohl eher nicht. Und wenn, dann wäre ich es schon vor Jahren geworden. Alles in allem war mein leben nicht so furchtbar, nur eben auch nicht so furchtbar zufriedenstellend. Mein Mann kümmert sich sehr gut um mich. Trotz all der hässlichen Dinge, die ich getan habe.« »Welche Dinge?« »Ich habe auf meinen Vater gehört, das war mein erster Fehler, und ich habe einige Dinge getan, die … undiplomatisch waren. Sie haben niemandem ernsthaft geschadet, außer dass., sie Rafael in Verlegenheit gebracht haben und man ihm meinetwegen nicht mehr ganz traut. Er ist ein stolzer Mann, und ich habe ihm in den Augen seines eigenen Bruders Schande bereitet. Es gibt Tage, da würde ich alles geben, es ungeschehen zu machen. Aber das geht nun mal nicht, und ich muss die Folgen meiner Dummheit ertragen.« »Was für schreckliche Dinge hast du denn
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