Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
getan?«, fragte Katherine.
»Ich habe vorgeschlagen, dass nicht Mikhail Regis’ Erbe werden sollte, wegen seiner Reisen in die Vergangenheit und seiner Heirat mit Marguerida, sondern Rafael an seiner Stelle.
Und das habe ich jedem erzählt, der es hören wollte.« Der Schmerz in ihrer Stimme war nicht zu verkennen. »Und das Schlimmste dabei ist, dass mich Rafael nie dafür geschimpft hat, mich nie um Verzeihung dafür bitten ließ, dass ich eine dumme, unreife und intrigante Hexe bin. Fünfzehn Jahre lang hat er immer nur versucht, mich glücklich zu machen, mir dabei zu helfen, mit meinem Platz im Leben zufrieden zu sein, so wie er es mit seinem ist.« »Hmm … das war beinahe schon mehr als nur undiplomatisch, Gisela.« Sie spie ein bitteres Lachen zwischen blutleeren Lippen hervor. »Ich weiß – es grenzte durchaus an Hochverrat, nur dass mich niemand sonderlich ernst nahm. Ich bringe nie etwas zu Ende. Und als ich begriff, wie sehr es Rafael verletzte, hörte ich auf damit und versuchte, mich anständig zu benehmen. Ich habe Schach gelernt und so getan, als wären die Figuren die Bewohner von Burg Comyn, bis es mir langweilig wurde, dann fing ich an, eine Schrift über Schach zu verfassen, um meine freien Stunden zu füllen, und habe mich durch sämtliche Archive gelesen, Ich bin wahrscheinlich die belesenste Frau auf dem ganzen Planeten.« Sie lächelte schwach.
»Selbst Marguerida fragt mich manchmal nach alten Büchern, was mich glücklich machen müsste, aber es gibt nichts, was mich richtig glücklich macht.« »Aber hast du denn nie etwas gefunden, das du wirklich gern getan hast?« Die Worte waren gesprochen, bevor Kate sie zurückhalten konnte. Die Qual in Giselas Stimme und ihr Schmerz erschienen Katherine beinahe unerträglich.
»Nein.« »Auch nicht, als du ein kleines Mädchen warst?« Zur Überraschung ihrer Schwägerin errötete Gisela und blickte auf ihre Hände hinab. Sie murmelte etwas in die Falten ihres Mantels.
»Verzeihung, aber das habe ich nicht ganz verstanden”, sagte Kate.
Die Angesprochene hob den Kopf und sah Katherine eine Minute lang direkt an, ohne ein Wort zu sagen. »Da gab es schon etwas.« Sie öffnete und schloss die Hände mit dem zusätzlichen Finger, der in den Familien der Domänen üblich war, wie Katherine von Herm wusste, und der dennoch sehr merkwürdig aussah. »Ich habe gern geschnitzt – eine ganz gewöhnliche Sache. Mein Kindermädchen hat es mir untersagt, weil es schmutzig sei und weil ich mich mit dem Messer schneiden könnte. Ich habe mich so geschämt. Ich habe jahrelang nicht daran gedacht – bis vor ein paar Tagen.« Gisela hörte auf zu reden und sah aus dem Fenster der Kutsche.
»Es war der Tag eurer Ankunft, ich habe das fantastische Schachspiel betrachtet, das mir Marguerida zu Mittwinter geschenkt hat, und mir gedacht, was für ein Glück es doch sei, dass die Figuren dem Stein und den Knochen entronnen sind, aus dem sie bestehen. Ich fühlte mich, als wäre ich irgendwie in Stein gefangen …« Katherine krümmte sich jetzt nahezu vor Unbehagen. Sie war wütend, dass eine derart intelligente Frau in einer so fürchterlichen Falle saß. Stein, wie wahr. Sie holte scharf Luft und sagte: »Ich finde es schrecklich, dass deine Kinderfrau dich beschämt hat, Gisela, außerdem ist es höchste Zeit, dass du aufhörst, dein Leben von den Erwartungen anderer Leute bestimmen zu lassen. Ich denke, dass du unglaublich tapfer bist. Ich weiß nicht, ob ich es ausgehalten hätte, erst mit einem Trunkenbold verheiratet und dann als Geisel gehalten zu werden!« Das hässliche Wort stand für einen Moment fast sichtbar zwischen ihnen. »Und was die Tatsache betrifft, dass du mehr wie Marguerida sein möchtest und weniger wie du selbst – Unsinn! Wenn überhaupt, solltest du mehr du selbst sein!« Gisela brachte ein unsicheres Lachen hervor. »Ich glaube, wenn ich noch mehr ich selbst wäre, würde mich früher oder später jemand erwürgen.« »Ich meine nicht dein niedrigstes Ich, sondern deine besten Seiten.« Katherine spürte Ungeduld in sich aufsteigen. Nana hatte immer gemeint, sie würde sich deswegen irgendwann einmal großen Ärger einhandeln, und sie hatte sich ernsthaft bemüht, geduldiger zu werden. Jetzt hatte sie das Gefühl, in all den Jahren nichts gelernt zu haben.
»Meine besten Seiten? Du bist entweder die großherzigste Frau, die je gelebt hat, oder du hast nichts verstanden!« »Kann sein. Vielleicht bist aber auch du diejenige, die
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